# taz.de -- Visafreiheit für Kubaner in Nicaragua: Migration als Druckmittel | |
> Durch die Visafreiheit für Kubaner*innen in Nicaragua droht ein | |
> Exodus Richtung US-amerikanische Grenze. Das dürfte Absicht sein. | |
Bild: Eine aus Kuba Geflüchtete am Rio Grande | |
BERLIN taz | Nicaraguas Regierung hat am Montag überraschend die | |
Visaanforderungen für Kubaner*innen aufgehoben. Damit ist Nicaragua das | |
Land, das für ausreisewillige Kubaner*innen, die in die USA wollen, am | |
einfachsten zu erreichen ist und den kürzesten Weg Richtung Vereinigte | |
Staaten hat. Expert*innen – und viele Kommentare in sozialen Netzwerken | |
– sehen die nicaraguanische Entscheidung schon als Beginn eines neuen | |
Exodus von der Insel. | |
Seit die US-Regierung Barack Obamas das [1][Ende der Vorzugsbehandlung] für | |
kubanische Migrant*innen in die USA verkündet hatte – damals noch im | |
Zuge der versuchten Wiederannäherung beider Nationen –, ist die | |
Auswanderung aus Kuba schwieriger geworden. Mit der Schließung des | |
US-Konsulats in Havanna nach angeblichen [2][Ultraschallattacken] auf | |
diplomatisches Personal ist die direkte Ausreise Richtung USA faktisch | |
unmöglich. | |
„Auch wenn das Endziel für fast alle die USA sind, werden fast beliebige | |
andere Staaten als Zwischenstation gesehen, wenn man nur dorthin gelangen | |
kann“, sagt Bert Hoffmann, Kuba-Experte am Hamburger Giga-Institut. „Wenn | |
Nicaragua nun – als einziges Land auf dem lateinamerikanischen Festland – | |
die visafreie Einreise für alle Kubaner erlaubt, dann geht es weniger um | |
Tourismus oder Familienbesuche, sondern um ein neues Zwischenziel zur | |
Auswanderung“, sagt Hoffmann. | |
Erst seit dem 15. November hat Kuba seine Flughäfen wieder geöffnet, die | |
pandemiebedingt über ein Jahr geschlossen waren. Noch gibt es nicht wieder | |
regelmäßige Direktflüge nach Nicaragua, doch das dürfte sich rasch ändern. | |
Bislang hat die Staatszeitung Granma nicht einmal offiziell über den | |
nicaraguanischen Schritt berichtet. Aber längst hat die Nachricht in Kuba | |
die Runde gemacht und Pläne werden geschmiedet, wie es weitergehen könnte, | |
wenn man erst einmal in Nicaragua angekommen sei. | |
[3][Nicaraguas Wahlfarce] Anfang November zur Bestätigung Daniel Ortegas im | |
Präsidentenamt hat in Lateinamerika fast niemand anerkannt – aus Havanna | |
allerdings gab es Solidaritätsadressen und herzliche Glückwünsche. | |
Umgekehrt versicherten Nicaraguas Sandinist*innen der kubanischen | |
Regierung ihre Unterstützung, als die sich Mitte November mit der | |
Ankündigung oppositioneller Demonstrationen konfrontiert sah, auch wenn die | |
nach massiven [4][Repressionsoperationen] nicht stattfanden. Anfang der | |
Woche verkündete Nicaragua seinen Austritt aus der Organisation | |
Amerikanischer Staaten (OAS) – wieder unter großem Beifall der Regierung | |
Kubas. | |
Der zu erwartende Ausreiseschub von Kubaner*innen, die über Nicaragua | |
Richtung Mexiko und USA gelangen wollen, soll offenbar Druck erzeugen, um | |
die Regierung Biden zur Aufhebung der gegen beide Länder gerichteten | |
[5][US-Sanktionen] zu bewegen – eine Methode, die an die | |
belarussisch-polnische Grenze erinnert. | |
24 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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