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# taz.de -- Rache an Ex-Genossen in Nicaragua: Über Torres' Leiche
> Hugo Torres war einst Mitstreiter von Nicaraguas heutigem Staatschef
> Daniel Ortega. Dann landet er wegen diesem im Gefängnis. Nun ist er tot.
Bild: An einem unbekannten Ort gestorben: Hugo Torres (hier im Mai 2018 in sein…
Berlin taz | Der juristische Rachefeldzug von Nicaraguas Präsident Daniel
Ortega hat sein erstes Todesopfer gefordert. Am Freitag starb Hugo Torres
[1][nach acht Monaten Kerker] in einem Krankenhaus in Managua. Im Dezember
war er wegen gesundheitlicher Komplikationen an einen geheim gehaltenen Ort
verbracht worden. Jetzt gaben seine erwachsenen Kinder, die in letzter
Minute zum unter Polizeibewachung stehen Sterbenden gelassen wurden, den
Tod des 73-Jährigen bekannt.
Torres hatte 1974 als einer der Führer eines Kommandos durch die
Geiselnahme hoher Funktionäre der Somoza-Diktatur politische Gefangene
freigepresst. Darunter den heutigen Machthaber Daniel Ortega.
Dreieinhalb Jahre später war der als „Comandante Uno“ bekannte Torres auch
bei der Einnahme des Nationalpalasts durch ein Kommando der Sandinistischen
Befreiungsfront dabei. Diese Geiselnahme läutete das Ende des
Somoza-Regimes ein.
In der Armee, die während der sandinistischen Revolution aufgebaut wurde,
stieg er zum Brigadegeneral auf und ging 1998 in Pension. Als Privatperson
wurde er zu einem der schärfsten Kritiker der autoritären Führung seines
Ex-Kameraden Ortega, der seit 2007 wieder das Land regiert.
## Tores: „Verzweiflungsakt eines todgeweihten Regimes“
Am 13. Juni 2021 konnte Torres kurz vor seiner Festnahme noch ein Video
aufnehmen, in dem er vom „Verzweiflungsakt eines todgeweihten Regimes“
sprach. Ortega ließ damals die Oppositionsspitzen und alle Anwärterinnen
und Anwärter auf eine gemeinsame Gegenkandidatur für die [2][Wahlen vom 7.
November] einsperren. Sie werden weiter festgehalten, laut Angehörigen sind
viele von ihnen in völliger Dunkelheit oder bei greller Beleuchtung
isoliert.
In den letzten Wochen begannen die Strafprozesse gegen rund 170
Gewissensgefangene. Den meisten wird „Vaterlandsverrat“ oder
„Beeinträchtigung der nationalen Souveränität“ vorgeworfen. Basis ist ein
Gesetzespaket von Ende 2020, das jeden sozialen Protest und selbst
kritische Postings in sozialen Medien [3][kriminalisiert].
Am 3. Februar erst wurde die 66-jährige Dora María Téllez, einst gefeierte
Guerilla-Kommandantin und Beteiligte am Sturm auf den Nationalpalast 1978
und spätere Gesundheitsministerin, nach acht Monaten Haft wegen „Anstiftung
zu ausländischer Einmischung in innere Angelegenheiten“ zu acht Jahren Haft
verurteilt. Sie hatte Tweets des Ex-Direktors von Human Rights Watch und
eines Briefes an den US-Senat, der auf Sanktionen gegen das Ortega-Regime
drängt, weitergeleitet.
Der Student Lesther Alemán bekam nach demselben Paragrafen 13 Jahre Haft.
Er hatte 2018 bei einem nationalen Dialog Ortegas Rücktritt gefordert.
Damals befand sich das halbe Land in einem Aufstand gegen das Regime, der
dann blutig niedergeschlagen wurde.
## Menschenrechtlerin: Verfahren schlimmer als unter Somoza
13 Jahre Haft bekam auch der Journalist Miguel Mora, dessen Online-TV-Kanal
100%Noticias 2018 live vom Protest berichtet hatte. Die Prozesse finden
unter Ausschluss der Öffentlichkeit in dem als „El Chipote“ bekannten
Gefängnis statt.
Dort wurden schon unter Somoza Oppositionelle eingesperrt und gefoltert.
Für Vilma Núñez, Direktorin des inzwischen verbotenen Menschenrechtsbüros
CENIDH, sind die Bedingungen rechtswidrig. Sie seien selbst unter Somoza
fairer gewesen.
Anwälte seien jetzt von Richtern unterbrochen worden oder gar nicht zu Wort
gekommen. Richter*innen und Staatsanwälte sind für Núñez „Mittäter der
Verbrechen“ an Gefangenen. Am Mittwoch sollen weitere Oppositionelle
verurteilt werden.
13 Feb 2022
## LINKS
[1] /Nicaraguas-Ex-Guerillero-Hugo-Torres/!5825409
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[3] /Autor-Sergio-Ramirez-ueber-Nicaragua/!5805122
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Nicaragua
Daniel Ortega
Sandinisten
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Schwerpunkt Pressefreiheit
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