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# taz.de -- Politische Gefangene in Nicaragua: Daniel Ortega kennt keine Gnade
> Ein Versuch der Regierung Kolumbiens, wenigstens einige der über 200
> politischen Gefangenen in Nicaragua freizubekommen, ist gescheitert.
Bild: Räumt in Nicaragua auf: Daniel Ortega mit zwei Polizistinnen (Archivbild)
Wien taz | „Und sollten Sie den Heiligen Petrus als Boten schicken“,
Nicaragua würde seine politischen Gefangenen nicht freilassen. Was William
Grigsby Vado da am Montag auf seinem viel gehörten Sender La Primerísima
höhnisch kundtat, kann als Position der Regierung von Daniel Ortega und
seiner Frau Rosario Murillo verstanden werden. Der altgediente
Radiojournalist ist eines der offiziösen Sprachrohre des Regimes.
Grigsby bezieht sich auf eine geheime Initiative des neuen kolumbianischen
Außenministers Álvaro Leyva, die durch die kolumbianischen Medien publik
geworden ist. Daniel Coronell, Chefredakteur der online-Zeitung
[1][Cambio], hatte herausgefunden, dass die kolumbianische Regierung
vorgeschlagen hatte, in einem Jahrzehnte alten Grenzkonflikt in der Karibik
einzulenken, wenn Nicaragua im Gegenzug mindestens 14 politische Gefangene
freilassen würde.
In diesem Lichte ist auch die Abwesenheit des kolumbianischen Vertreters
bei einer Abstimmung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zu
sehen, bei der Nicaraguas systematische Menschenrechtsverletzungen fast
einstimmig verurteilt wurden.
Es geht allen voran um die [2][Führungsriege der Oppositionspartei Unamos]
(früher MRS): Dora María Téllez, Suyen Barahona, Tamara Dávila und Ana
Margarita Vijil. Dazu kommen Politiker, Journalisten, Studentenführer und
Unternehmervertreter, von denen einige vergangenes Jahr gegen Daniel Ortega
bei den [3][Präsidentschaftswahlen] vom 7. November antreten wollten.
## Grausame Haftbedingungen für die Gefangenen
Sie wurden alle drei bis vier Monate vor den Wahlen verhaftet und nach
eigens geschaffenen Gesetzen wegen Hochverrats, „Untergrabens der
nationalen Souveränität“ oder anderen offensichtlich erfundenen Delikten zu
hohen Haftstrafen verurteilt.
Die Haftbedingungen sind extrem grausam. Einige der Häftlinge darben bei
völliger Finsternis in Einzelhaft. Alle werden laut glaubhafter Berichte
von Angehörigen nur mangelhaft medizinisch versorgt und unzureichend
ernährt. Der Ex-General und ehemalige Weggefährte von Daniel Ortega,
[4][Hugo Torres], ist im Februar mangels adäquater Behandlung seiner Leiden
gestorben.
Als Angehörige vor Kurzem Alarm schlugen, weil die Essensrationen gekürzt
wurden, sah sich die Regierung bemüßigt, 23 der prominentesten Gefangenen
zu einem außerordentlichen Termin einem Richter vorzuführen. Für die
„informative Anhörung“ gibt es im nicaraguanischen Strafprozessrecht keine
Grundlage.
Lokale Juristen meinen, die Scharade hätte dazu gedient, der Öffentlichkeit
zu zeigen, dass die Gefangenen noch am Leben sind. Bleich und abgemagert
konnten sie von den regimetreuen Medien gefilmt und fotografiert werden.
Einige sollen bis zu 30 Kilo verloren haben.
Insgesamt werden nach Angaben von unabhängigen Menschenrechtsorganisationen
derzeit 205 Gewissensgefangene in Ortegas Kerkern weggesperrt. Im August
wurden dann auch der prominente Bischof von Matagalpa, [5][Rolando
Álvarez], und ein halbes Dutzend weiterer Geistlicher unter Hausarrest
gesetzt. Kirchliche Radiostationen in der Diözese Matagalpa sind von der
Polizei gestürmt und geschlossen worden.
Dass Papst Franziskus lange geschwiegen und sich schließlich nur sehr
diplomatisch für „Dialog und Versöhnung“ in Nicaragua ausgesprochen hat,
wird ihm von vielen als Schwäche gegenüber einem despotischen Regime
ausgelegt. Wie jetzt anlässlich der kolumbianischen Initiative bekannt
wurde, dürfte das Kirchenoberhaupt hinter den Kulissen an einer
Lösungssuche für die politischen Gefangenen beteiligt gewesen sein.
7 Sep 2022
## LINKS
[1] https://cambiocolombia.com/opinion/los-danieles/el-precio-del-silencio
[2] /Jahrestag-der-Revolution-in-Nicaragua/!5869340
[3] /Wahlen-in-Nicaragua/!5810607
[4] /Rache-an-Ex-Genossen-in-Nicaragua/!5834820
[5] /Bedrohte-Religionsfreiheit-in-Nicaragua/!5875565
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Nicaragua
Daniel Ortega
politische Gefangene
Kolumbien
Diktatur
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