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# taz.de -- Menschenrechte in Nicaragua: Ortega füllt die Kerker
> Nicaraguas Regime hält hunderte politische Gefangene in Haft. Nun wurde
> auch der bekannte 76-jährige Soziologe Oscar René Vargas verschleppt.
Bild: Regieren Nicaragua als Diktatorenpaar: Daniel Ortega und Ehefrau und Vize…
Wien taz | Die [1][besten Köpfe Nicaraguas] sind im Exil oder im Gefängnis.
Jetzt gehört auch der bekannte Soziologe Oscar René Vargas dazu. Der
Regimekritiker war am Dienstag zu Besuch bei seiner Schwester im zentralen
Bezirk Bolonia von Managua, als „eine Truppe vermummter Ortega-Gardisten
das Haus stürmte und Óscar René Vargas Escobar (76 Jahre alt und mit
Schrittmacher) festnahm.“
So schildert die Dichterin Daisy Zamora, Ex-Ehefrau des Soziologen, den
Tathergang. Einen Haftbefehl hätten die Bewaffneten nicht vorgewiesen.
Vargas wurde an einen unbekannten Ort verschleppt. Die Polizei hat die
Festnahme weder bestätigt noch Gründe dafür angegeben.
René Vargas Zamora, ein Sohn des Verschleppten, hat über die sozialen
Medien Alarm geschlagen und auf den fragilen Gesundheitszustand seines
Vaters hingewiesen: „Ich mache das Regime für sein Wohlergehen
verantwortlich.“
Vargas war einer der bekanntesten Kritiker des Regimes, der noch in
Nicaragua in Freiheit lebte. Nach dem Volksaufstand von 2018, der im Blut
von über 300 unbewaffneten Demonstranten erstickt wurde, hatte er sich ins
Exil geflüchtet, war aber dann wieder zurückgekehrt.
## Vargas fordert öffentlich Sanktionen gegen das Regime
Schon während der rechten Somoza-Diktatur in den 1970er Jahren musste der
Absolvent der Universitäten Lausanne, Genf und Mexiko mit Titeln in
Soziologie, Geschichte und Wirtschaft außer Landes gehen. Während der
Revolution (1979-1990) hatten die sandinistischen Comandantes noch gern auf
die Expertise des brillanten Analytikers gehört.
Ortega wollte ihn nach seiner Rückkehr an die Macht sogar als Botschafter
nach Frankreich schicken. Die Ernennung nahm er allerdings zurück, als
Vargas die willkürliche Absetzung von drei Kabinettsmitgliedern
kritisierte.
Vargas hatte die Ereignisse von 2018 in seinem Buch „Incubando la crisis de
Abril“ (Wie die April-Krise ausgebrütet wurde) aufgearbeitet, das
[2][gratis heruntergeladen] werden kann. Sein auf seiner Homepage
veröffentlichter [3][jüngster Text] hat wahrscheinlich auch den Zorn von
Machthaber Daniel Ortega erregt.
Vargas rät darin zu ökonomischen Sanktionen gegen das Regime durch die USA
und die internationalen Finanzierungsinstitutionen sowie spontane
Demonstrationen auf der Straße. Erst wenn Ortega das Festhalten der
politischen Gefangenen das politische Überleben kosten könne, werde er sie
freilassen, schreibt Vargas.
## UN-Folterausschuss sagt Besuch ab
Der Text erfüllt nach gängiger Rechtsprechung die Tatbestände des Aufrufs
zur Gewalt gegen das Regime und der „Schmälerung der nationalen
Souveränität“, Grundlage zur Verurteilung der meisten der 219 politischen
Gefangenen zu 9 bis 13 Jahren Haft. Die entsprechenden Gesetze wurden so
formuliert, dass sie jede kritische Äußerung zur Straftat erklären.
Wie es den Regimekritikern in den Kerkern Ortegas geht, weiß man von den
Berichten der Angehörigen, die viel seltener als vom Gesetz vorgeschrieben
zu den Gefangenen gelassen werden. Vergangene Woche wurde ihnen nach 84
Tagen wieder ein kurzer Besuch gewährt – nach einer demütigenden
Leibesvisitation zur Belustigung des Wachpersonals. In einem Kommuniqué
schildern sie den physischen und psychischen Verfall der Häftlinge, die zum
Teil in völliger Dunkelheit und Einzelhaft systematisch gequält werden. Sie
fordern regelmäßige Besuche auch für Kinder und die Aufhebung des
Lektüreverbots.
Am Mittwoch hat der UN-Folterausschuss seinen für kommendes Jahr geplanten
Besuch in Nicaragua abgesagt, weil das Regime jede Kooperation verweigere.
„Das ist das erste Mal, dass wir auf eine generelle Verweigerung der
Zusammenarbeit stoßen“, erklärte Ausschussvorsitzende Suzanne Jabbour, die
darauf hinwies, dass Nicaragua das Fakultativprotokoll der
Antifolterkonvention ratifiziert hat, wo unter anderem geregelt ist, dass
der Ausschuss die Gefängnisse besuchen darf.
Die Unterdrückung von allem, was nicht vom Regime kontrolliert oder
gesteuert ist, hat sich vergangene Woche auch mit der Auflösung weiterer
100 NGOs fortgesetzt. Damit sind seit dem vergangenen Jahr bereits über
3.000 zivilgesellschaftliche Organisationen verboten worden.
24 Nov 2022
## LINKS
[1] /Politische-Gefangene-in-Nicaragua/!5893142
[2] https://drive.google.com/file/d/1q3kdMdn1RAF9wcMl_eJNxzo4FpEq2Rbx/view
[3] https://oscarenevargas.com/2022/11/21/la-estrategia-por-la-liberacion-de-to…
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Nicaragua
Daniel Ortega
Rosario Murillo
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