# taz.de -- Zweifelhafter Wahlsieg in Nicaragua: Wie einst Honecker | |
> Daniel Ortega hat seine Wiederwahl zum Präsidenten Nicaraguas dreist | |
> zusammengetrickst. Doch sein Rückhalt schwindet immer mehr. | |
Bild: Nicaraguaner protestiert gegen das Wahlergebnis auf dem Platz der Verfass… | |
Daniel Ortega wird seines zweifelhaften Wahltriumphs nicht lange froh | |
werden. Er weiß nur zu gut, dass das vom Obersten Wahlrat in [1][Nicaragua] | |
verkündete Ergebnis reine Fantasie ist. Die offiziell verkündete | |
Wahlbeteiligung von 65 Prozent steht in schroffem Gegensatz zu den gähnend | |
leeren Wahllokalen, die Beobachter am Sonntag registrierten. Unabhängige | |
Umfragen bescheinigen Ortega am Ende des 15. Jahres seiner Regierung eine | |
Zustimmung von nicht einmal 10 Prozent. | |
Und die Aussichten, die einstige Popularität mit großzügigen Geschenken an | |
die Bevölkerung wiederherzustellen, sind bescheiden. Die Petrodollars aus | |
Venezuela, die lange eine klientelistische Wohlfahrtspolitik ermöglicht | |
hatten, sprudeln längst nicht mehr: Nicolás Maduro in Caracas ist mit dem | |
eigenen politischen und ökonomischen Überleben beschäftigt. | |
Die Arroganz, mit der [2][Ortega] und seine Frau Rosario Murillo Kritik aus | |
dem Ausland an ihrer zunehmend autokratischen Herrschaft als unzulässige | |
Einmischung abkanzeln, wird sich rächen. Nicaragua hängt heute so stark vom | |
Handel mit den USA ab wie zu Zeiten des rechten Diktators Somoza. Wenn auf | |
die Wahlfarce der Ausschluss aus dem Freihandelsabkommen Zentralamerika–USA | |
(Cafta) folgt, wird nicht nur die Handelsbilanz leiden. Auch Unternehmer, | |
die Ortega bisher aus opportunistischen Gründen unterstützt haben, werden | |
nervös werden. Und die USA sind nach einem Kongressbeschluss verpflichtet, | |
bei internationalen Geldgebern wie der Weltbank Kredite für Nicaragua zu | |
blockieren. | |
Die [3][Verhaftung] oder Vertreibung der intellektuellen und politischen | |
Elite sorgte nur scheinbar für Ruhe im Land. Auch unter wohlmeinenden | |
Linken hat der ehemalige Revolutionskommandant kaum noch Anhänger. Die | |
meisten vermögen in seiner Politik auch keine linken oder progressiven | |
Elemente mehr zu erkennen. Der schwer kranke Ortega wird seinem Regime | |
keine neue Dynamik mehr einhauchen können. Er möge sich an den letzten | |
Wahlschwindel von Erich Honecker in der DDR erinnern. Wenige Monate darauf | |
stürzte die Mauer. | |
8 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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