# taz.de -- Hapag-Lloyd-Einstieg bei Jade-Weser-Port: Reederei wird Hafen | |
> Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd darf sich am Jade-Weser-Port | |
> beteiligten. Langfristig dürfte das zu Lasten der Häfen in Bremen und | |
> Hamburg gehen. | |
Bild: Deutschlands einziger Tiefseewasserhafen: Der Jade-Weser-Port in Wilhelms… | |
HAMBURG taz | Die EU-Kommission hat die Beteiligung von Hapag-Lloyd am | |
Jade-Weser-Port genehmigt. Mit dem Abschluss der Transaktion wird die | |
Hamburger Reederei 30 Prozent der Anteile am Container Terminal | |
Wilhelmshaven (CTW) und 50 Prozent am Eisenbahnterminal RTW übernehmen. Der | |
Betreiber des CTW, die bremische Eurogate, wird weiterhin die übrigen | |
Anteile halten. Mit seiner Beteiligung will Hapag-Lloyd laut Firmenangaben | |
„seine Wettbewerbsposition insbesondere in den Fernostverkehren weiter | |
verbessern“. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. | |
Mit dem Kauf von Anteilen am CTW fährt die größte deutsche Reederei weiter | |
auf Expansionskurs. So hat [1][Hapag-Lloyd] vor wenigen Tagen angekündigt, | |
seine gesamte Flotte mit „Echtzeit-Tracking“ auszustatten. Dazu werden neu | |
entwickelte Geräte an drei Millionen Container installiert. „In Zukunft | |
werden wir in der Lage sein, allen unseren Kunden Daten in Echtzeit zur | |
Verfügung zu stellen und ihnen damit volle Transparenz über alle | |
Containerbewegungen weltweit zu bieten“, erklärte Vorstand Maximilian | |
Rothkopf. | |
Dabei schwimmt Hapag-Lloyd im Geld. Nach vielen Jahren mit kleinen Gewinnen | |
und sogar Verlusten überraschte der niederländische Vorstandsvorsitzende | |
Rolf Habben Jansen im März mit einem Rekordgewinn von 10,8 Milliarden | |
US-Dollar (9,1 Milliarden Euro). Angesichts des Nach-Corona-Booms in der | |
Weltwirtschaft, knappen Schiffraums und coronabedingten [2][Staus vor Los | |
Angeles oder Shanghai] konnten Reedereien zuletzt ihre Frachtraten | |
mindestens verdoppeln – infolge sehr starker Nachfrage nach Exportgütern | |
aus Asien waren die Zuwächse noch deutlich höher. | |
Solche Gewinnexplosion ruft Kritiker auf den Plan. Wilhelm van der Schalk, | |
Vize-Vorsitzender der Hamburger Spediteure, kritisierte, dass Reedereien | |
Verträge kündigen würden. Sie würden mit ihren immensen Gewinnen | |
Speditionen aufkaufen und Kunden mit Extra-Gebühren abstrafen. Hapag-Lloyd | |
gilt in der Branche allerdings eher als „Weißer Ritter“, der bei seinem | |
Haus-zu-Haus-Service auch auf kleine Speditionen in aller Welt angewiesen | |
ist. | |
## Allianzen der weltgrößten Reedereien | |
Politisch motiviert dürfte hingegen der Vorstoß des US-Kongresses sein. In | |
Schreiben an europäische Reedereien – die den Weltmarkt zusammen mit Cosco | |
dominieren – werden diese verdächtigt, „übermäßige Profite“ zulasten … | |
amerikanischen Wirtschaft erzielt zu haben. | |
Ähnliche Untersuchungen sollen unter anderem von Kartellbehörden in | |
Südkorea eingeleitet worden sein. | |
Die weltgrößten Reedereien haben sich in drei Allianzen organisiert, die an | |
die 90 Prozent des weltweiten Containervolumens kontrollierten. Erst | |
kürzlich hat die EU-Kommission die sogenannte | |
Gruppenfreistellungsverordnung für die Konsortien um vier Jahre verlängert, | |
sodass die Privilegien bestehen bleiben. | |
Der Hamburger Senat war 2008 und 2012 zusammen mit Partnern wie | |
Logistikmilliardär Klaus-Michael Kühne (30 Prozent) bei Hapag-Lloyd | |
eingestiegen, um das Unternehmen an der Binnenalster zu halten. Rund 1,2 | |
Milliarden Euro hat die Stadt insgesamt für die Aktien bezahlt. Aktuell | |
wird das Paket von 13,9 Prozent an der Börse mit 9,4 Milliarden Euro | |
notiert. Die Oppositionsparteien FDP und CDU fordern Bürgermeister Peter | |
Tschentscher (SPD) auf, nun Kasse zu machen. | |
Der lehnte einen Ausstieg bislang kategorisch ab und darf sich über eine | |
Dividende von über 800 Millionen Euro freuen, die Hapag-Lloyd nicht direkt | |
an die Staatskasse, sondern an die Hamburger Gesellschaft für Vermögens- | |
und Beteiligungsmanagement (HGV) überweisen wird, der städtischen | |
Firmenholding. | |
## Volle Auslastung erwartet | |
Daher verpuffte die schriftliche Kleine Anfrage des CDU-Finanzexperten | |
Thilo Kleibauer, was der Senat mit der üppigen Dividende vorhabe. „Der | |
Senat sieht in ständiger Praxis grundsätzlich davon ab, hierzu | |
Zwischenstände zu veröffentlichen, um der Arbeit der hierzu berufenen | |
Organe nicht vorzugreifen“, lautete die Antwort. Tatsächlich wird die | |
Hapag-Lloyd-Dividende dann erst kommendes Jahr im HGV-Jahresabschluss für | |
das laufende Jahr auftauchen. | |
Für Wilhelmshaven ist die Hapag-Beteiligung eine gute Nachricht, zeigt sich | |
der Bremer Ökonom Rudolf Hickel auf taz-Anfrage überzeugt. Mittelfristig | |
erwartet der maritime Logistikexperte eine volle Auslastung dieses einzigen | |
Tiefseewasserhafens in Deutschland. Wilhelmshaven stehe jetzt im regionalen | |
Fahrplan des Reederkonsortiums „The Alliance“. Noch im Mai soll der | |
„Sprinterservice“ aus Südchina den [3][Jade-Weser-Hafen] ansteuern. „Die… | |
Tiefseewasserhafen hat trotz der aktuellen Verschlickungsprobleme auch | |
ökologisch eine Zukunft“, sagt Hickel. Allerdings zu Lasten von | |
[4][Bremerhaven] und [5][Hamburg]. | |
4 May 2022 | |
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[5] /Hamburg/!t5007846 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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