# taz.de -- Generalstreik im Westjordanland: „Die Menschen in Gaza haben Rech… | |
> Über 50 Menschen sterben bei Angriffen auf ein Flüchtlingslager in Gaza. | |
> Aus Protest treten Palästinenser im Westjordanland in den Generalstreik. | |
Bild: Am 1. November suchen Palästinenser*innen im Flüchtlingslager Dschabali… | |
Es war ein seltener Anblick am Mittwoch auf dem zentralen Al-Manara-Platz | |
in Ramallah: Die sonst Tag und Nacht belebten Straßen waren wie leer | |
gefegt, Geschäfte und Restaurants hatten geschlossen. Die regierende | |
Fatah-Partei hatte für Mittwoch zum Generalstreik im gesamten | |
Westjordanland aufgerufen. Anlass war nicht nur der [1][Krieg in Gaza], | |
sondern auch die [2][zunehmende Gewalt im Westjordanland]. | |
Auf dem Kreisverkehr neben den berühmten Löwenstatuen im Zentrum Ramallahs, | |
der De-facto-Hauptstadt des Westjordanlands, steht bereits um 10 Uhr eine | |
Gruppe Jugendlicher, junge Frauen und Männer, gekleidet in schwarz-weiße | |
Kufijas. Sie protestieren gegen die israelischen Luftangriffe auf Gaza. | |
„Wir wollen, dass das, was in Gaza passiert, aufhört. Das ist das Einzige, | |
was wir im Augenblick tun können“, sagt eine junge Frau der taz. | |
Kurze Zeit später zieht ein weiterer Protestzug durch die Stadt, diesmal | |
sind auch Frauen und Familien mit Kindern dabei. Sie schwenken | |
Hamas-Flaggen, rufen „Allahu Akbar“ (Allah ist der Größte), „Freies | |
Palästina“ sowie Kampfaufrufe. | |
Nahezu zur selben Zeit protestiert eine Delegation verschiedener | |
Organisationen und Parteien vor dem Büro des Entwicklungsprogramms der | |
Vereinten Nationen. Auch sie verlangen einen Stopp der Luftangriffe und | |
fordern den Internationalen Strafgerichtshof zum Handeln auf. „Auch die | |
Menschen in Gaza haben Rechte“, sagt ein Priester der melkitischen Kirche. | |
[3][„Ein paar Lkws (mit Hilfsgütern, d. Red.) pro Tag] werden das Problem | |
nicht lösen. Das grundlegende Problem ist die Besatzung“, fügt | |
Menschenrechtsaktivist Issam Aruri hinzu. | |
Seit Wochen demonstrieren täglich Menschen in Ramallah, auch Streiks gab es | |
bereits. Durch schwere Luftangriffe [4][auf das dichtbesiedelte | |
Flüchtlingslager Dschabalia] im Norden des Gazastreifens am Dienstag war | |
die Lage am Mittwoch aber angespannter als zuvor. Bei dem Angriff waren | |
nach Angaben der israelischen Armee etwa 50 Menschen getötet worden, | |
darunter auch ein Hamas-Führer. Der palästinensischen Nachrichtenagentur | |
Wafa zufolge könnten einige Hundert Menschen verletzt worden sein. Die | |
Hamas gab an, bei den israelischen Angriffen seien auch sieben [5][Geiseln | |
aus Israel] ums Leben gekommen. | |
Am 7. Oktober hatte die radikalislamistische Hamas israelische Dörfer und | |
Städte überfallen, etwa 1.400 Israelis getötet und mehr als 240 entführt. | |
Daraufhin führte die israelische Armee Luftschläge auf Ziele im von der | |
Hamas kontrollierten Gazastreifen durch. Dabei tötete sie nach | |
Hamas-Angaben mehr als 8.700 Menschen in Gaza, davon etwa 40 Prozent | |
Kinder. | |
## Gewalt in Gaza und im Westjordanland intensiviert | |
Seit dem Terrorangriff der Hamas nimmt auch im Westjordanland die Gewalt | |
zu. Durch Konfrontationen mit israelischen Streitkräften und Siedlern sind | |
laut dem palästinensischen Gesundheitsministerium seit dem 7. Oktober | |
mindestens 125 Menschen ums Leben gekommen. | |
Am Mittwoch gab es laut Wafa erneut Zwischenfälle: Israelische Siedler | |
eröffneten demnach das Feuer auf Palästinenser*innen in einem Dorf | |
südlich von Nablus. Bei Razzien des israelischen Militärs im nordwestlichen | |
Dorf Tulkarem wurde ein behinderter Mann erschossen, drei weitere wurden | |
bei Auseinandersetzungen in Dschenin getötet. | |
Am Mittwoch gingen die Luftangriffe auf den Gazastreifen weiter, laut | |
al-Dschasira griff Israel auch erneut das Flüchtlingslager Dschabalia an. | |
Dabei sollen laut Hamas dutzende Menschen getötet oder verletzt worden | |
sein. In etlichen Städten in Israel heulten am Mittwoch die Sirenen, | |
nachdem aus dem Gazastreifen erneut Raketen auf das Land abgeschossen | |
wurden. Nach israelischen Angaben vom Mittwoch wurden am Vortag elf | |
israelische Soldaten bei „erbitterten Kämpfen“ mit der Hamas „tief im | |
Gazastreifen“ getötet. Die Zahl der getöteten israelischen Soldaten seit | |
Beginn des Krieges stieg damit auf insgesamt 326. | |
## Evakuierung von Verletzten | |
Die israelische Armee hatte in den vergangenen Tagen ihre Bodenoffensive in | |
dem Küstenstreifen intensiviert. „Unsere bedeutenden Erfolge bei den | |
heftigen Kämpfen fordern zu unserem Leidwesen einen hohen Tribut“, erklärte | |
Israels Verteidigungsminister Joav Gallant. | |
Unterdessen hat ein Deal zwischen der Hamas, Israel und Ägypten ermöglicht, | |
dass erstmals verletzte Palästinenser sowie Inhaber ausländischer Pässe | |
über den Grenzübergang Rafah nach Ägypten ausreisen konnten. In | |
Krankenwagen wurden einige Dutzend Menschen nach Ägypten gebracht. | |
Die Abmachung sieht vor, dass weitere Personen in kritischem Zustand oder | |
mit ausländischer Staatsangehörigkeit aus Gaza evakuiert werden. Wie viele | |
und wann, war am Mittwochnachmittag noch unklar. Der Ägyptische Rote | |
Halbmond bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwochnachmittag die | |
Einreise von 285 Personen. Unter den Ausländern im Gazastreifen sind auch | |
mehrere hundert deutsche Staatsbürger. | |
## Erneut Internetausfälle in Gaza | |
Aus Gaza wurden am Mittwoch erneut [6][Internetausfälle] gemeldet, auch die | |
Telefonverbindungen waren stundenlang gekappt. Menschen konnten ihre | |
Angehörigen nicht erreichen, NGOs beklagen, dass die Ausfälle ihre Arbeit | |
behindern. Insgesamt ist laut internationalen Organisationen sogar die | |
Verteilung von Hilfsgütern aufgrund von zerbombten Straßen und | |
Benzinknappheit schwer. Die durchschnittlichen 14 Lkws mit Hilfsgütern, die | |
inzwischen jeden Tag den Grenzübergang passieren, seien zudem viel zu wenig | |
für eine Bevölkerung von 2,3 Millionen Menschen, die unter | |
Lebensmittelknappheit leide. | |
Arabische Staaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien | |
verurteilten den Angriff auf das Flüchtlingslager Dschabalia am Mittwoch. | |
Jordanien zog seinen Botschafter aus Israel ab. Das südamerikanische Land | |
Bolivien kündigte an, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen. | |
1 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Serena Bilanceri | |
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