# taz.de -- Flüchtlingsrat zieht Bilanz von R2G: Viel versprochen, wenig gehal… | |
> Der Berliner Flüchtlingsrat ist enttäuscht vom scheidenden Senat: Berlin | |
> sei „Abschiebechampion“, mache aber zu wenig für Integration. | |
Bild: Bild eines irakischen Kindes, gemalt 2016 in einer Erstaufnahmeeinrichtung | |
BERLIN taz | Der Flüchtlingsrat zieht eine kritische Bilanz von fünf Jahren | |
Rot-Rot-Grün: Man sei zwar mit guten Versprechungen gestartet, vieles sei | |
jedoch nicht oder nur unzureichend umgesetzt worden. „Die | |
Abschiebemaschinerie in Berlin funktioniert reibungslos, die Integration | |
nicht“, sagte Mitarbeiterin Martina Mauer bei der Vorstellung eines | |
[1][100-seitigen Forderungskatalogs] für den kommenden Senat. Bei der | |
Veranstaltung in der Kreuzberger Flüchtlingskirche wurde auch das | |
40-jährige Bestehen der Lobbyorganisation gefeiert, die vor allem über | |
Spenden und Projektgelder finanziert wird. | |
Zentrale Forderung des Flüchtlingsrats bleibe eine Politik, die auf | |
„Bleiberecht statt Abschiebung“ setzt, so Mauer. „Besonders traurig“ na… | |
sie, dass Berlin inzwischen „Abschiebechampion“ sei. Bundesweit seien die | |
Zahlen durch Corona gesunken, in Berlin sei das Niveau gleich geblieben. Es | |
gebe jeden Monat Sammelabschiebungen, vor allem in den Balkan und nach | |
Moldawien. Zudem erfolgten in über 80 Prozent der Fälle die Festnahmen zur | |
Nachtzeit, „obwohl dies gesetzlich nur in Ausnahmen erlaubt ist“. | |
Auch aus der Ankündigung, rechtliche Möglichkeiten bei der Erteilung von | |
Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen auszuschöpfen, sei nichts geworden. | |
Stattdessen bekämen die Menschen beim Landesamt für Einwanderung (LEA) oft | |
wochenlang keinen Termin, was sie in rechtliche Schwierigkeiten bringe. Bei | |
der Unterbringung ist laut Flüchtlingsrat zwar einiges passiert, aber die | |
Menschen müssten weiterhin zu lange in den Heimen bleiben, sagte Nora | |
Brezger. Und obwohl es inzwischen in Heimen des Landesamts für Flüchtlinge | |
Qualitätsstandards gebe, „werden diese teils nicht erfüllt“. | |
Noch schlechter sehe es in den Unterkünften der Bezirke aus, ergänzte Georg | |
Classen. Hier werden Wohnungslose und Geflüchtete mit Asylanerkennung | |
untergebracht, nicht selten sind dies schlechte Pensionen zu völlig | |
überhöhten Preisen. „Wir fordern eine Zuständigkeit und Kontrolle durch das | |
Land, da die Bezirke offenbar überfordert sind“, sagte Classen. | |
## Linke muss mehr Druck machen | |
Auch müsse der Zugang von Geflüchteten zu günstigem Wohnraum verbessert | |
werden, vor allem durch das Recht auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS). | |
Den bekomme man nur ab einem Aufenthaltsrecht von mindestens 11 Monaten, | |
was der linke Bausenator Sebastian Scheel zu verantworten habe. | |
Viel Applaus von den rund 50 Teilnehmenden bekam Classen für seine | |
Forderung, den 2.000 in Berlin geduldeten AfghanInnen „sofort Aufenthalt | |
und Arbeitserlaubnis zu geben“. Hier müsse die Linke Druck auf das LEA | |
machen, sagte er in Richtung der anwesenden Landesvorsitzenden der | |
Linkspartei, Katina Schubert. Und sollte die Linkspartei im nächsten Senat | |
wieder mit regieren, solle sie die Zuständigkeit für das LEA beanspruchen. | |
Dass die frühere Ausländerbehörde bei der SPD-geführten Innenverwaltung | |
geblieben ist, ist für ihn der Hauptgrund, dass R2G die Erwartungen der | |
flüchtlingspolitischen Szene enttäuscht hat. | |
9 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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