| # taz.de -- Die Wahl für Geflüchtete: Linke Schnittstellen mit der FDP | |
| > Im Wahlkampf kommen die Themen Flucht und Integration kaum vor. Konkrete | |
| > Vorschläge haben höchstens die Oppositionsparteien in ihren Programmen. | |
| Bild: Themen wie Flucht und Migration werden in den TV-Triellen größtenteils … | |
| Wer gehofft hatte, [1][beim zweiten TV-Triell] der | |
| Kanzlerkandidat:innen Konkretes über die Pläne von Union, SPD und | |
| Grüne zu den Themen Zuwanderung und Integration zu hören, wurde enttäuscht. | |
| Armin Laschet fand Zeit zu betonen, dass die Entscheidung, 2015 die Grenzen | |
| nicht zu schließen, „richtig“ gewesen, die Union aber für „geordnete“ | |
| Zuwanderung sei. Annalena Baerbock konnte loswerden, dass der Kampf gegen | |
| Rassismus „absolute Priorität“ für die nächste Bundesregierung haben mü… | |
| Scholz wurde beim Thema komplett übergangen. | |
| Laut Politikwissenschaftler Andreas Blätte von der Universität | |
| Duisburg-Essen dürfte es Scholz ganz recht gewesen sein. Die SPD wolle – | |
| wie die Union – das Thema nicht groß betonen, sagte Blätte am Montag bei | |
| einem Pressegespräch zu Flucht und Migration in den | |
| Bundestags-Wahlprogrammen. | |
| Als Beleg nannte Blätte, dass Union und SPD als Regierungspartner das Thema | |
| in lauter Fachkommissionen „klein gemacht“ hätten, von denen man dann kaum | |
| mehr was gehört habe. Auch an den Wahlprogrammen ließe sich eine gewisse | |
| Zurückhaltung erkennen. Vor allem die SPD bleibe in dem entsprechenden | |
| Kapitel (das nicht mal zwei Seiten lang ist) weitgehend vage. | |
| Tatsächlich zeigt ein Blick in die Wahlprogramme dreierlei. Erstens: | |
| Konkrete Vorschläge kommen vor allem von den Oppositionsparteien. So | |
| fordert beispielsweise die Linkspartei, „Armuts-, Umwelt- und | |
| Klimaflüchtlingen“ die gleichen Schutzrechte zu gewähren wie politisch | |
| Verfolgten. Die FDP schlägt vor, „Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen“ | |
| einen automatischen Schutzstatus für „die Dauer des Krieges“ zu gewähren. | |
| Die Grünen wollen unter anderem, dass Kommunen auch ohne Zustimmung des | |
| Innenministeriums Geflüchtete aufnehmen können. Und die AfD möchte die | |
| Genfer Flüchtlingskonvention abschaffen. Die Union schlägt vor, | |
| Drittstaaten auch ohne die Zustimmung des Bundesrates als „sicher“ | |
| einstufen – und dorthin abschieben zu lassen. In der Vergangenheit ist die | |
| Einstufung der Maghreb-Staaten als „sichere“ Herkunftsländer zweimal [2][im | |
| Bundesrat gescheitert]. | |
| Zweitens: Das Thema „Flucht“ steht bei den Parteien im Fokus, obwohl | |
| Asylbewerber:innen 2019 und 2020 nur rund zehn Prozent der | |
| Einwanderung nach Deutschland ausgemacht hat. „Wir sehen immer noch die | |
| Gleichung Migration gleich Flucht“, sagte Vera Hanewinkel vom Institut für | |
| Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück. | |
| Sie erklärt das damit, dass die Themen Flucht und Migration für | |
| Wähler:innen nach wie vor eine wichtige Rolle spielten. Laut den | |
| [3][Umfragen des Politikbarometers] wird das Thema zwar nicht als so | |
| drängend empfunden wie bei der Bundestagswahl 2017, liegt aber hinter | |
| Pandemie und Klima immerhin auf Rang drei. | |
| ## Auf einer Linie mit der FDP | |
| Und drittens: Die größten inhaltlichen Überschneidungen finden sich bei | |
| Grünen, Linkspartei und FDP. So wollen die drei Parteien unter anderem | |
| Möglichkeiten der legalen Einreise ausbauen und die | |
| Menschenrechtsverletzungen an der EU-Außengrenze beenden. Selbst die FDP | |
| fordert, dass die EU-Staaten Seenotrettung wieder zur staatlichen Aufgabe | |
| machen, um „endlich das grausame Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden.“ | |
| Beim Thema Integration wollen die drei Parteien unter anderem Integrations- | |
| und Sprachkurse für alle Personen kostenfrei anbieten oder die Einbürgerung | |
| erleichtern. Noch mehr Schnittflächen haben Grüne und Liberale: Beide | |
| wollen eine punktebasierte Zuwanderung von Fachkräften nach kanadischem | |
| Vorbild und den „Spurwechsels“, also die Aufnahme von Asylsuchenden in die | |
| Arbeitsmigration. | |
| Was auffällt im Vergleich zu 2017: Die Themen Diskriminierung und Teilhabe | |
| finden sich stärker in den Wahlprogrammen wieder. Ein bundesweites | |
| Partizipationsgesetz etwa fordern Linke, SPD und Grüne. Beim Wahlrecht | |
| fordern nur die Linken eine weitreichende Öffnung für „alle langfristig in | |
| Deutschland lebenden Menschen mit Migrationsgeschichte“. | |
| Aktuell dürfen nur Personen über 18 und mit deutscher Staatsbürgerschaft | |
| bei Bundestagswahlen wählen. In Deutschland hat ein Viertel der Bevölkerung | |
| eine Migrationsgeschichte – wahlberechtigt sind 7,7 Millionen – nicht mal | |
| jede:r Zweite. Das entspricht [4][12,2 Prozent der Wähler:innen]. | |
| 15 Sep 2021 | |
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| [1] /TV-Triell-der-Spitzenkandidatinnen/!5796774 | |
| [2] /Bundesrat-zu-sicheren-Herkunftslaendern/!5573597 | |
| [3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1062780/umfrage/umfrage-zu-d… | |
| [4] /!5797374/ | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Pauli | |
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