| # taz.de -- Aus Berlin nach Afghanistan: Abschiebungen gehen weiter | |
| > Berlin schiebt etwa wieder so viele Geflüchtete ab wie vor der | |
| > Coronapandemie – weiterhin auch nach Afghanistan. Auch aus der Haft wird | |
| > abgeschoben. | |
| Bild: Trotz allem Protest schiebt Berlin weiter Menschen ab | |
| Berlin taz | Berlin schiebt wieder ab wie vor der Pandemie. Das geht aus | |
| einer Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Katina | |
| Schubert hervor. Demnach hat das Land bis Ende Juni diesen Jahres 516 | |
| Menschen gegen ihren Willen außer Landes verfrachtet. Im selben Zeitraum | |
| waren es im Vorjahr – also zu Beginn der Pandemie – lediglich 301 Menschen. | |
| Die meisten Menschen werden in die Republik Moldau abgeschoben, 201 | |
| Personen waren es in der ersten Jahreshälfte. Hierauf folgen die Zielländer | |
| Georgien (46), Polen (36) und Serbien (35). Aus der Statistik geht auch | |
| hervor, dass zwischen Januar und März drei Menschen aus Berlin [1][nach | |
| Afghanistan abgeschoben] wurden. Das Land gilt als das gefährlichste der | |
| Welt. Im April hatte deshalb ein Beschluss des SPD-Parteitags Innensenator | |
| Andreas Geisel (SPD) dazu aufgefordert, in keinem Fall mehr Abschiebungen | |
| dorthin durchzuführen. | |
| Fragestellerin Schubert sagte der taz, insgesamt würden sich die Zahlen | |
| „auf Vorjahresniveau“ bewegen, sie finde sie dennoch zu hoch. Zum | |
| Vergleich: Im gesamten Jahr 2020 wurden 968 Menschen abgeschoben. 2019 | |
| schaffte Berlin noch 1.003 Menschen zwangsweise außer Landes, 2018 | |
| insgesamt 1.182 Personen – und 2017 schob Berlin 1.638 Menschen ab. | |
| Zu Sammelabschiebungen unter Berliner Federführung kam es laut | |
| Senatsantwort in 13 Fällen. Dazu kommen 22 weitere Sammelabschiebungen, die | |
| zwar von einem anderen Bundesland oder der Bundespolizei organisiert | |
| wurden, in denen aber Geflüchtete aus Berliner Zuständigkeit abgeschoben | |
| wurden. | |
| ## In der Nacht wird abgeschoben | |
| Auch geht aus der Antwort hervor, dass die große Mehrheit der | |
| Abzuschiebenden weiterhin nachts zwischen 21 und 6 Uhr durch die Polizei in | |
| Gewahrsam genommen wird. Initiativen wie etwa die Flüchtlingsräte | |
| kritisieren diese Praxis schon lange als für die Betroffenen | |
| traumatisierend. | |
| Schubert befragte den Senat auch zu Abschiebungen, die direkt aus | |
| Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam vollzogen werden. Eigentlich sieht die | |
| rot-rot-grüne Koalition beides „grundsätzlich“ als „unangemessene | |
| Maßnahmen“ an, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Dennoch wurden in diesem | |
| Jahr bisher 11 Personen direkt aus dem Knast abgeschoben. | |
| Nur 6 dieser 11 waren sogenannte „Gefährder“, ein umstrittener | |
| Polizeibegriff, der Menschen beschreibt, die schwere Straftaten wie etwa | |
| Terroranschläge begehen könnten. Bis 2019 durften nur diese „Gefährder“ … | |
| Abschiebehaft gehalten werden, seither hat die SPD-geführte | |
| Senatsinnenverwaltung diese Regel aber gelockert. | |
| Es käme einer „zweiten Strafe“ gleich, Menschen abzuschieben, nur weil | |
| diese in Deutschland straffällig geworden seien, kritisierte Schubert | |
| gegenüber der taz. Ihre Partei lehne das ab und setze stattdessen „auf | |
| freiwillige Rückkehr für diejenigen, die hier keine Perspektive gefunden | |
| haben“. | |
| Wie aus einer Antwort des Senats auf eine weitere parlamentarische Anfrage | |
| hervorgeht, haben im ersten Halbjahr diesen Jahres insgesamt 2.184 | |
| Menschen, die zuvor nach Berlin geflüchtet waren, das Land „freiwillig“ | |
| verlassen. Der Flüchtlingsrat kritisiert schon lange die nur vermeintliche | |
| Freiwilligkeit dieser Ausreisen: In der Praxis würden die Behörden häufig | |
| starken Druck ausüben, etwa durch die Verweigerung von Arbeitserlaubnissen | |
| oder Kürzung der Sozialhilfe, heißt es von dort. | |
| 10 Aug 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Timm Kühn | |
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