# taz.de -- Geflüchtete vom Amt diskriminiert?: Pingpong mit Asylsuchenden | |
> Der Flüchtlingsrat Berlin wirft dem Amt für Flüchtlingsangelegenheiten | |
> systematische Diskriminierung von Roma vor. Das Amt bestreitet das. | |
Bild: Ob auch wirklich alle willkommen sind, ist laut Flüchtlingsrat fraglich | |
Berlin taz | Betreibt das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) | |
eine „systematische Diskriminierung“ von „schutzsuchenden Roma aus der | |
Republik Moldau, die vermehrt Asylanträge stellen“? Diesen Vorwurf erhob | |
Georg Classen vom Flüchtlingsrat gegenüber der taz am Donnerstag. Er | |
kritisierte eine „perfide Strategie“ des LAF, Roma „abzuschrecken“, um … | |
Anzahl der Asylanträge dieser Bevölkerungsgruppe zu verringern. | |
Hintergrund ist, dass seit dem Wochenende Berlins einziges Ankunftszentrum | |
(AkuZ) für Geflüchtete [1][offenbar teilweise überlastet ist], da | |
anscheinend vermehrt Menschen aus der Republik Moldau – dem ärmsten Land | |
Europas – in Berlin Schutz suchen. | |
Die Auseinandersetzung zwischen LAF und Flüchtlingsrat rührt nun daher, | |
dass es sich nach Einschätzung von LAF-Sprecher Sascha Langenbach bei „gut | |
der Hälfte“ der ankommenden Menschen um „sogenannte Folgeantragssteller“ | |
handelt – also um Menschen, die bereits einen Asylantrag gestellt haben, | |
welcher aber abgelehnt wurde. | |
Und nun wird es kompliziert: Laut Langenbach fallen diese in die | |
Zuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) – | |
zumindest, bis dieses den Folgeantrag annimmt. Die Konsequenz des | |
Behörden-Pingpongs: Zunächst ist niemand für die Versorgung zuständig, die | |
Schutzsuchenden würden „formal als obdachlos“ gelten, so Langenbach. | |
## „Diskriminierende Leistungsverweigerung“ | |
Diese rechtliche Situation bestätigte auch Sozialsenatorin Elke Breitenbach | |
(Linke) der taz. „In der Lebensrealität“ würde das LAF aber „keinen | |
Menschen auf die Straße setzen“, so die Senatorin. „Selbstverständlich“ | |
bestehe die Möglichkeit, im AkuZ zu übernachten. | |
Classen vom Flüchtlingsrat unterstellt dem LAF dennoch eine | |
„diskriminierende Leistungsverweigerung“. Es sei „rechtlich schlicht | |
falsch“, das Folgeantragsstellende bis zur Annahme ihres Antrags keinen | |
Anspruch auf Leistungen hätten, schließlich bestehe das „Grundrecht auf ein | |
menschenwürdiges Existenzminimum“ weiterhin. Auch wenn für die | |
Unterbringung gesorgt werde, gebe es andere Sozialleistungen, die den | |
Asylsuchenden bis zur Annahme des Folgeantrags verwehrt blieben, wie etwa | |
Taschengelder oder Krankenscheine. | |
Weiter kritisierte er, dass die unabhängige Beratungsstelle der | |
Arbeiterwohlfahrt (AWO) vom Gelände des AkuZ „rausgeschmissen“ worden sei, | |
um mehr Räume für die Polizei zu schaffen. Die mache dort aber nichts | |
anderes als zu prüfen, ob „ein Mensch bereits im Ausländerzentralregister | |
erfasst“ sei – falls ja, würde ans Bamf verwiesen. | |
Das LAF wiederum weist das zurück: Die unabhängige Beratung der AWO sei | |
lediglich wegen „Umbaumaßnahmen“ verlegt worden und finde nun „in den | |
Aufnahmeeinrichtungen statt“. „Ab August“ käme die AWO zurück ins AkuZ … | |
allerdings wohl mit stark verringerten Räumlichkeiten, wie Classen | |
kritisierte. | |
Update: Dieser Artikel wurde am 23.07.2021 um 14:00 Uhr um die rechtliche | |
Einschätzung des Flüchtlingsrates im drittletzten Absatz ergänzt. | |
23 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Timm Kühn | |
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