| # taz.de -- Fehlstart von Schwarz-Rot in Berlin: Die SPD braucht einen Neuanfang | |
| > Die Berliner SPD ist tief gespalten. Um nicht auseinanderzufallen, | |
| > braucht es eine Führung, die nicht weiter polarisiert. Doch die ist nicht | |
| > in Sicht. | |
| Bild: Kommt sie oder geht sie? Franziska Giffey, Wissenschaftssenatorin (SPD) | |
| Bislang ist sie die einzige, die öffentlich Konsequenzen fordert. Bereits | |
| vor dem [1][Debakel bei der Wahl von Kai Wegner] zum neuen CDU-Regierenden | |
| Bürgermeister von Berlin hatte sich [2][Sawsan Chebli zu Wort gemeldet]. | |
| „Wir regieren seit Jahren leider mit kontinuierlichen Stimmenverlusten. Das | |
| kann nicht länger folgenlos bleiben.“ Das diktierte die ehemalige Berliner | |
| SPD-Staatssekretärin dem Spiegel nach der Bekanntgabe des Ergebnisses des | |
| Mitgliederentscheids zur Koalition mit der CDU. | |
| Cheblis Forderung war eine Kampfansage an die beiden SPD-Vorsitzenden | |
| Franziska Giffey und Raed Saleh. „Ich hielte es für sinnvoll und | |
| angemessen, wenn sich die bisherigen Vorsitzenden nun voll auf | |
| Regierungspolitik konzentrieren würden“, sagte sie wörtlich. „Der nötige | |
| Neuaufbau der SPD kann nicht im Nebenjob erledigt werden.“ | |
| Tatsächlich braucht die Berliner SPD dringend einen personellen Neuanfang. | |
| Die tief gespaltene Partei hat ihr Schicksal nicht nur in die Hände der CDU | |
| gegeben, sondern auch in die von Franziska Giffey. Der aber geht es weniger | |
| um die Partei als ums eigene politische Überleben. Nachgerade faustisch ist | |
| dieser Pakt, der auch das endgültige Verschwinden der SPD in der | |
| politischen Bedeutungslosigkeit bedeuten könnte. Der Ruf nach einem harten | |
| Schnitt ist da nachvollziehbar. | |
| Dennoch müssen Giffey und Saleh zunächst nicht um ihren Posten als | |
| SPD-Vorsitzende fürchten. Der [3][nächste Parteitag der Berliner SPD] | |
| findet zwar bereits am 26. Mai statt. Eine Neuwahl des Landesvorstands | |
| steht allerdings nicht auf der Tagesordnung, sie ist erst für einen noch | |
| nicht terminierten Parteitag im kommenden Jahr vorgesehen. | |
| ## Hoffen auf nächstes Jahr | |
| Für die Gegnerinnen und Gegner einer Koalition mit der CDU (und damit auch | |
| von Giffey und Saleh) ist dieser Zeitplan ein Problem. Würde der | |
| Landesvorsitz schon am 26. Mai gewählt werden, müsste vor allem Franziska | |
| Giffey ihre Abwahl fürchten. Bereits bei ihrer [4][Wiederwahl im Juni 2022] | |
| hatte sie nur 59 Prozent der Delegiertenstimmen bekommen. Das war vor ihrer | |
| Entscheidung, Rot-Grün-Rot eine lange Nase zu zeigen und sich der CDU als | |
| Juniorpartnerin an den Hals zu werfen. | |
| Ohne reguläre Neuwahl bliebe den Giffey-Kritikern nur, für den Parteitag im | |
| Mai einen Abwahlantrag zu stellen. Den allerdings müsste der amtierende | |
| Landesvorstand zulassen. Dort aber haben Giffey und Saleh eine satte | |
| Mehrheit. Keine Überraschung also, dass sich die innerparteiliche | |
| Opposition auf den Parteitag im kommenden Jahr konzentriert. Schon jetzt | |
| gibt es Aufrufe an die Kritiker, die Partei nicht zu verlassen, um dann | |
| eine Mehrheit gegen Giffey und Saleh zustande zu bringen. | |
| Für die Regierungsarbeit im Senat bedeutet das für die kommenden Monate | |
| wenig Gutes, da hat Sawsan Chebli recht. Statt sich um ihren Job als | |
| Wirtschaftssenatorin zu kümmern, wird Franziska Giffey weiter um ihre | |
| politische Existenz kämpfen müssen. Der interne Machtkampf in der SPD wird | |
| die Partei damit weiter spalten. Mit aller Kraft werden Giffey und Saleh | |
| versuchen, die Zusammensetzung der Delegierten für den Parteitag im | |
| kommenden Jahr zu ihren Gunsten zu verändern. | |
| Wieder einmal ist die Partei mit sich selbst beschäftigt. Gut möglich, dass | |
| die CDU inzwischen in den Umfragen weiter voraneilt und die Grünen die SPD | |
| überholen. | |
| Giffey und Saleh wäre es wohl egal. Hauptsache Macht. Dass sie damit | |
| durchkommen könnten, hat auch damit zu tun, dass es bislang keine wirkliche | |
| personelle Alternative zum amtierenden Führungsduo gibt. Ein Name, der | |
| immer wieder genannt wird, ist der von [5][Cansel Kiziltepe.] | |
| Allerdings gilt für die Parteilinke dasselbe, was Sawsan Chebli auch an | |
| Franziska Giffey moniert. Die innerparteiliche Opposition wird ihr auch | |
| vorhalten, sich mit ihrem Eintritt in den Senat auf die Seite von Giffey | |
| und Saleh geschlagen zu haben. | |
| Dennoch halten viele Kiziltepe als einzige Alternative zu Franziska Giffey, | |
| was eine Spitzenkandidatur für die nächste Wahl zum Abgeordnetenhaus im | |
| Herbst 2026 betrifft. Doch dazu müsste eine Senatorin der SPD mitten in der | |
| Legislatur ihren Hut gegen eine andere Senatorin in den Ring werfen. | |
| Bliebe noch eine Übergangslösung, etwa mit dem einflussreichen | |
| Kreisvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Ruppert Stüwe aus | |
| Steglitz-Zehlendorf. Ein personeller Neuanfang wäre das aber nicht. | |
| Aber ein Ende des faustischen Pakts. | |
| 28 Apr 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Berlins-Linken-Chefin-zur-Wegner-Wahl/!5931207 | |
| [2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/spd-streit-um-franziska-giffey-s… | |
| [3] https://spd.berlin/landesparteitag/ | |
| [4] /Landesparteitag-in-Berlin/!5859313 | |
| [5] /SPD-Mitgliedervotum-zu-Koalitionsvertrag/!5926246 | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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