# taz.de -- Enquetekommission für Klimaschutz: Bremse für Klimaschutz | |
> Seit gut vier Monaten hat Bremen eine ausgetüftelte Klimaschutzstrategie. | |
> Die Umsetzung der Maßnahmen stellt den Senat vor große Herausforderungen. | |
Bild: Ein erster Schritt: temporäre Sperrung der Bremer Martinistraße | |
BREMEN taz | Im Dezember hatte das Bundesland Bremen Geschichte | |
geschrieben: Es ist das erste, das mithilfe einer Enquetekommission eine | |
ausführliche und wissenschaftlich fundierte Klimaschutzstrategie vorgelegt | |
hat. Sie schreibt eine [1][Klimaneutralität bis 2038] vor und hinterlegt | |
mit Maßnahmen für einzelne Sektoren den Plan, der auf insgesamt knapp 300 | |
Seiten ausgearbeitet worden war. | |
Die Euphorie aufgrund des Erfolgs und die Einigkeit, mit der die Enquete | |
gearbeitet hatte, waren groß – die Frage, wie und vor allem wie schnell die | |
Maßnahmen politisch umgesetzt werden, noch größer. | |
Im Februar hat die Bürgerschaft [2][teils hitzig] über den Bericht | |
diskutiert. Die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken | |
verabschiedeten anschließend einen Antrag, der den Senat auffordert, bis | |
Herbst einen Klimaschutz-Aktionsplan vorzulegen, in dem die Maßnahmen aus | |
dem Abschussbericht aufgenommen werden. Auch die FDP stimmte für einige | |
Abschnitte des Antrags. | |
Die Herausforderung, vor der der Senat nun steht, ist groß: Er muss die | |
Aufgaben zwischen den Ressorts verteilen und Geld für ihre Umsetzung | |
aufbringen. Die Behörde der grünen Klimaschutzsenatorin Maike Schaefer | |
bringt daher gemeinsam mit dem Finanzsenator und Parteikollegen Dietmar | |
Strehl am Dienstag eine Vorlage in die Senatssitzung ein, heißt es aus den | |
Ressorts. | |
## Wie soll Klimaschutz trotz Schuldenbremse klappen? | |
Damit wolle man zunächst Strukturen schaffen, die es für die Erarbeitung | |
des Aktionsplans braucht. Stimmt der Senat zu, können sich die | |
Arbeitsgruppen organisieren und mit der Erarbeitung eines finanziell | |
hinterlegten Aktionsplans kann begonnen werden. | |
Weil die Finanzierung ein dicker Brocken ist, beauftragte die Enquete kurz | |
vor ihrem Abschluss ein Gutachten. Die Frage: Wie kann Bremen trotz | |
Schuldenbremse sieben Milliarden Euro aufbringen, die es für die | |
Klimaschutzstrategie braucht? [3][Finanzrechtswissenschaftler Joachim | |
Wieland] lotete darin verschiedene Möglichkeiten aus. Eine ist seiner | |
Einschätzung nach, die Klimakrise als sogenannte außergewöhnliche | |
Notsituation zu bewerten – damit können zusätzliche Ausgaben fürs Klima | |
trotz Schuldenbremse getätigt werden. | |
Martin Michalik, klimapolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, ist kein Fan | |
davon. Er schlägt vor, über eine Klimaanleihe privates Kapital für die | |
Gebäudesanierung zu nutzen. Aus dem Finanzressort heißt es dazu, dass eine | |
Klimaanleihe nicht wirtschaftlich sei. „Die anfallenden Zinsen, die Bremen | |
bei der Rückzahlung aufbringen müsste, wären hoch – höher als Kredite, die | |
sich Bremen am Kreditmarkt holen könnte.“ | |
Man mahne seit Dezember, „dass die Koalition einen Zeitplan und einen | |
Finanzierungsplan für die Maßnahmen vorlegen muss“, kritisiert Michalik | |
weiter. Die FDP sieht das ähnlich: „Wir haben das Gefühl, dass es schneller | |
gehen könnte und müsste, wenn Klimaschutz als Querschnittsaufgabe | |
betrachtet und bearbeitet würde“, sagte der klimapolitische | |
Fraktionssprecher Magnus Buhlert. | |
## Erste Maßnahmen werden schon umgesetzt | |
Doch schon jetzt sei die Vorlage des Plans bis Herbst „ausgesprochen | |
ambitioniert“, sagt Schaefers Sprecherin Linda Neddermann. Auch, weil die | |
Abstimmung mit allen Ressorts notwendig sei. Vor allem die Zusammenarbeit | |
mit dem Finanzsenator sei entscheidend, um die Finanzierung des Plans | |
abzusichern. | |
Obwohl der große Plan noch fehlt: Bereits jetzt werden Maßnahmen umgesetzt. | |
Weil sie ohnehin im rot-grün-roten Koalitionsvertrag stehen oder eben | |
schneller gehen als etwa die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude | |
oder flächendeckende Wärmeversorgung – zwei Bereiche mit viel | |
CO2-Einsparpotential, mit denen sich die SPD-Fraktion rund um den | |
klimapolitischen Sprecher Arno Gottschalk derzeit befasst. | |
So wurde bereits der Bau von Photovoltaik-Anlagen vereinfacht: Seit Anfang | |
April muss eine Anlage nur noch 50 Zentimeter statt 1,25 Meter zum | |
Nachbarhaus haben. Auch das Mobilitäts-Bau-Ortsgesetz ist auf dem Weg: Ab | |
Oktober soll es bei Neubauten unter anderem weniger Parkplätze für Autos | |
und mehr für Fahrräder geben. | |
3 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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