# taz.de -- Einigung auf Gesetzentwurf: Selbstbestimmung rückt näher | |
> Justiz- und Familienministerium haben sich auf einen Entwurf zum | |
> Selbstbestimmungsgesetz geeinigt. Nächste Woche geht er in die | |
> Verbandsanhörung. | |
Bild: Marco Buschmann und Lisa Paus während der Bundespressekonferenz auf der … | |
BERLIN taz | Justiz- und Familienministerium haben sich auf einen Entwurf | |
zum Selbstbestimmungsgesetz geeinigt. Der Entwurf liegt der taz vor. „Das | |
medizinische und gesellschaftliche Verständnis von Geschlechtsidentität hat | |
sich in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt. Die aktuelle Rechtslage | |
trägt dem nicht ausreichend Rechnung“, heißt es darin. Das geplante Gesetz | |
soll eine möglichst niedrigschwellige [1][Änderung des Geschlechtseintrags] | |
ermöglichen. | |
Der Gesetzentwurf sieht demnach vor, dass der Geschlechtseintrag sowie | |
Vornamen künftig beim Standesamt geändert werden können. Nach einer | |
dreimonatigen Wartezeit ist die Änderung gültig. Kinder und Jugendliche | |
sollen mit dem Einverständnis ihrer Sorgeberechtigten Vornamen sowie | |
Geschlechtseintrag ändern können. Sind die Jugendlichen über 14 Jahre alt | |
und ihre Sorgeberechtigten stimmen nicht zu, kann ein Familiengericht diese | |
Zustimmung ersetzen. | |
Weiterhin vorgesehen ist eine Übergangslösung für [2][trans, inter und | |
nicht-binäre Eltern]: Wurde bislang ein falsches Geschlecht in der | |
Geburtsurkunde der Kinder festgehalten, so können künftig die Worte | |
„Mutter“ wie „Vater“ durch die Bezeichnung „Elternteil“ ersetzt wer… | |
Zudem wird gelten: Wer den Deadname, also den ehemaligen Namen einer | |
Person, ohne deren Einverständnis preisgibt, dem droht ein Bußgeld von bis | |
zu 10.000 Euro. | |
Zuletzt kam es bei den Abstimmungen zwischen den zuständigen Ministerien | |
immer wieder zu Verzögerungen, [3][ursprünglich war der Gesetzentwurf für | |
vergangenes Jahr angekündigt]. Bereits im Juni 2022 wurden Eckpunkte für | |
das Selbstbestimmungsgesetz vorgestellt, die nun weitestgehend im | |
Gesetzentwurf auch wiederzufinden sind. Bislang noch nicht bekannt war, | |
dass die einjährige Sperrfrist für erneute Änderungen nicht für | |
Minderjährige gelten wird. | |
## Durch das Gesetz wird Geld gespart | |
Insbesondere die im März angekündigte Wartezeit von drei Monaten sowie eine | |
angekündigte [4][Klausel zum Hausrecht] sorgte in den vergangenen Monaten | |
für Diskussionen. Darunter fiel zum Beispiel der Zugang zu Frauensaunen und | |
Umkleidekabinen. Diese Klausel hat nun in dieser Weise Eingang in den | |
Gesetzentwurf gehalten: „Betreffend den Zugang zu Einrichtungen und Räumen | |
sowie die Teilnahme an Veranstaltungen bleiben das Hausrecht des jeweiligen | |
Eigentümers oder Besitzers und das Recht juristischer Personen, ihre | |
Angelegenheiten durch Satzung zu regeln, unberührt.“ Das heißt konkret: | |
Eine befürchtete Ausweitung der Diskriminierung von trans, inter und | |
nicht-binären Personen ist damit nicht gegeben. | |
Auch sieht der Entwurf eine Quotenregelung von Gremien und Organen vor: | |
Sofern nichts anderes vereinbart ist, gilt die Eintragung des Geschlechts | |
zum Zeitpunkt der Besetzung. | |
Das Selbstbestimmungsgesetz soll das in Teilen verfassungswidrige | |
Transsexuellengesetz von 1980 ablösen, das im Glauben eingeführt wurde, | |
dass trans Menschen „krank“ seien: Deshalb sind trans, inter und | |
nicht-binäre Menschen zurzeit mit Gerichtsverfahren wie psychologischer | |
Begutachtung konfrontiert, in denen sie teils demütigende Fragen zur | |
Intimsphäre beantworten müssen, was mit dem künftigen | |
Selbstbestimmungsgesetz nicht mehr der Fall sein wird. | |
Durch den Wegfall der Gutachten wie Verfahren sparen Bürger_innen laut | |
Gesetzentwurf künftig 2.100 Stunden bei Finanzämtern sowie 3.736.000 Euro | |
an Verfahrenskosten. Bei den Ländern werden künftig 185.000 Euro gespart | |
und im richterlichen Bereich etwa eine halbe Million Euro. Mehrkosten | |
entstehen keine. | |
Nachdem der Gesetzentwurf am Donnerstag der Koalition vorgelegt wurde, soll | |
er nächste Woche an Verbände zur Kommentierung geschickt werden. Der | |
[5][Bundesverband Trans*] äußerte sich am Donnerstagabend positiv über das | |
Vorankommen der Bundesregierung: „Es ist ein sehr wichtiger Schritt, dass | |
der Gesetzgebungsverfahren endlich in die nächste Phase geht und der | |
Entwurf den Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt wird“, teilte der Verband | |
mit. | |
27 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Nicole Opitz | |
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