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# taz.de -- Entwurf für Selbstbestimmungsgesetz: Der Fortschritt naht
> In Kürze soll die Nachfolge für das Transsexuellengesetz fertig werden.
> Damit wäre eine Änderung des Geschlechtseintrags leichter als bisher.
Bild: Bald per Standesamt möglich: die Änderung von Name und Geschlechtseintr…
Berlin taz | Lange warteten trans, inter und nicht-binäre Menschen darauf,
nun ist man dem Selbstbestimmungsgesetz einen Schritt näher gekommen: Es
gab zwischen dem Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) und dem
Bundesjustizministerium (BMJ) diese Woche eine Einigung auf
Referent_innen-Ebene. Zuerst berichtete die Süddeutsche Zeitung, aus
Regierungskreisen wurde dies nun auch der taz bestätigt.
Es gibt wohl den festen Willen in der Koalition, das
[1][Selbstbestimmungsgesetz] schnellstmöglich auf den Weg zu bringen, der
gemeinsame Entwurf ist auf der Zielgeraden. In den nächsten Tagen soll
dieser geeinte Referent_innen-Entwurf an die anderen Ressorts geschickt
werden. Daraufhin werden auch Verbände den Entwurf erhalten und können ihre
Kritik an Justiz- und Familienministerium weitergeben.
Das Selbstbestimmungsgesetz soll das in Teilen verfassungswidrige
Transsexuellengesetz ablösen und für eine möglichst niedrigschwellige
Änderung des Geschlechtseintrags sorgen. Eigentlich wollte die
Bundesregierung das Selbstbestimmungsgesetz schon Ende vergangenen Jahres
umsetzen. Trans, inter und nicht-binäre Menschen waren zuvor
psychologischer Begutachtung mit teuren wie demütigenden Aufwand inklusive
Gerichtsverfahren konfrontiert, um ihren Namen und Personenstand zu ändern.
Es ist eines der wenigen Projekte, bei dem sich alle Regierungsparteien
einig sind: Sowohl SPD als auch Grünen und FDP sahen in ihren
Wahlprogrammen mindestens die Reform des Transsexuellengesetzes vor, im
Koalitionsvertrag einigte man sich auf dessen Abschaffung und die
Einführung des Selbstbestimmungsgesetz. Trotzdem dauerte es bislang.
## Neu ist eine Wartezeit von drei Monaten
„Es ist klar, dass dieses Gesetz das Leben für trans Menschen deutlich
besser machen soll und wird“, heißt es aus Regierungskreisen. Im
Wesentlichen habe man sich hierbei auf die bereits im Sommer vorgestellten
[2][Eckpunkte des Selbstbestimmungsgesetz] geeinigt: Die zwei bislang
notwendigen psychiatrischen Gutachten sowie das Gerichtsverfahren für
trans, inter und nicht-binäre Menschen fallen weg.
Mit dem neuen Gesetz sollen Eltern von Kindern, die jünger sind als 14
Jahre, eine Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben. 14- bis
18-Jährige sollen dies selbst machen – mit der Zustimmung der Eltern.
Stimmen die Eltern nicht zu, kann das Familiengericht zustimmen.
In der Vergangenheit [3][kritisierten Verbände vor allem diesen Punkt], da
14- bis 18-Jährige, die noch bei den Eltern wohnen, wohl kaum vor Gericht
ziehen werden. Ab 18 Jahren können trans, inter und nicht-binäre Menschen
Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine Eigenversicherung beim
Standesamt ändern.
Zudem wird ein Offenbarungsverbot gelten: Wer den Deadname, also den
ehemaligen Namen einer Person, ohne deren Einverständnis preisgibt, droht
ein Bußgeld.
Was neu hinzukommt, ist eine Wartezeit von drei Monaten, bis die Änderung
wirksam ist. Das war so nicht in den Eckpunkten vorgesehen. Aus
Regierungskreisen verweist man auf andere Länder mit
Selbstbestimmungsgesetz wie Belgien und Luxemburg, die ebenfalls einen
sogenannten Übereilungsschutz haben. Innerhalb dieser drei Monate kann eine
Person auch ihre Erklärung zurückziehen. Noch unklar ist, ob sie innerhalb
der darauffolgenden drei Monate erneut mit Eigenversicherung beim
Standesamt vorstellig werden kann.
## Hausrecht als Diskriminierungsoption
Außerdem neu hinzugekommen ist ein Punkt, der schon [4][im Januar für
Diskussionen] sorgte, als Justizminister Marco Buschmann (FDP) im
[5][Interview mit der Zeit] sagte: „Die Betreiberin einer Frauensauna soll
auch künftig sagen können: Ich will hier dem Schutz der Intimsphäre meiner
Kundinnen Rechnung tragen und knüpfe daher an die äußere Erscheinung eines
Menschen an. Die Betreiber dürfen dann beispielsweise nicht dem Risiko
einer Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ausgesetzt sein.
In einer Sauna kann der Betreiber oder die Betreiberin bestimmen, ob und
welche Transpersonen eingelassen werden.“
So soll es nun auch in den Gesetzesentwurf einfließen: Im Streitfall soll
das Hausrecht gelten. Vor allem dieser Punkt sorgt für Kritik. Felicia
Ewert, Autorin von „Trans.Frau.Sein“ [6][schrieb dazu auf Twitter]: „LOL,
das nennt man eine rechtlich verankerte Diskriminierungsoption. Und es ist
ein Rückschritt vom aktuellen Stand.“
Unterdessen heißt es vom Queerbeauftragten [7][Sven Lehmann (Grüne) auf
Twitter]: „Hausrecht und AGG bleiben unverändert.“ Mit der neuen Regelung
im Selbstbestimmungsgesetz werde die Rechtslage nicht verändert, eine
Zutritt-Verweigerung dürfe nicht allein auf das Geschlecht abstellen.
Neben Kritik zum Hausrecht sorgt vor allem der Übereilungsschutz von drei
Monaten für Kritik. Grundsätzlich aber zeigt sich große Freude, dass es nun
nach all dem Hin und Her in der Bundesregierung vorangeht mit dem
Selbstbestimmungsgesetz. So schreibt der Deutsche Frauenrat auf Twitter:
„[8][Das sind gute Nachrichten zum Wochenende].“
25 Mar 2023
## LINKS
[1] /Gesetz-zur-Selbstbestimmung/!5915502
[2] https://www.bmfsfj.de/resource/blob/199382/1e751a6b7f366eec396d146b3813eed2…
[3] /Nachfolge-fuer-Transsexuellengesetz/!5910744
[4] /Verzoegerung-von-Selbstbestimmungsgesetz/!5904850
[5] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-01/marco-buschmann-selbstbesti…
[6] https://twitter.com/redhidinghood_/status/1639385066768932869?s=20
[7] https://twitter.com/svenlehmann/status/1639578173145862144?s=20
[8] https://twitter.com/Frauenrat/status/1639323686153879562?s=20
## AUTOREN
Nicole Opitz
## TAGS
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