# taz.de -- EU-Wahlantritt in Deutschland: Varoufakis plant Kandidatur | |
> Griechenlands Ex-Finanzminister will in Deutschland zur Europawahl | |
> antreten – als Spitzenkandidat des Bündnisses „Demokratie in Europa“. | |
Bild: Will zur Europawahl antreten: Yanis Varoufakis | |
BERLIN taz | Es ist schon mehr als eine kleine Sensation: Yanis Varoufakis | |
will offenbar bei den Europawahlen im kommenden Mai in Deutschland | |
kandidieren. Seinen Wahlantritt plant der frühere griechische | |
Finanzminister für die Liste „Demokratie in Europa“, einem Bündnis des | |
deutschen „Wahlflügels“ seiner europaweiten Bewegung DiEM25 und der | |
Kleinpartei „Demokratie in Bewegung“. | |
Formal nominiert werden sollen die Kandidatinnen und Kandidaten von | |
„Demokratie in Europa“ auf einer Konferenz am kommenden Wochenende in | |
Berlin. Den rund 8.200 deutschen DiEM25-Mitgliedern hat sich Varoufakis | |
allerdings bereits in einer Vorwahl gestellt. | |
Bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Abstimmung erzielte der 57-jährige | |
Wirtschaftsprofessor mit einer Zustimmung von 82 Prozent das mit Abstand | |
beste Ergebnis aller BewerberInnen. Entsprechend steht er nun an der Spitze | |
der Wahlliste, die der Versammlung an diesem Sonntag zur Annahme empfohlen | |
wird. Ihm folgen auf den Plätzen zwei und drei die österreichische Ökonomin | |
Daniela Platsch und der kroatische Philosoph Srećko Horvat. | |
Offiziell sagt Varoufakis gegenwärtig noch nichts zu seinen deutschen | |
Ambitionen. Da es bislang „nur ein internes Stimmungsbild“ gegeben habe, | |
wolle sich der linke Politpopstar „erst dazu äußern, wenn er tatsächlich | |
gewählt wurde“, teilte eine DiEM25-Sprecherin der taz mit. Am Sonntag werde | |
er eine Pressekonferenz in Berlin geben. | |
## Wenig Freude bei der Linkspartei | |
Ein Antritt von Varoufakis in der Bundesrepublik würde sicherlich nicht nur | |
den Europawahlkampf beleben, sondern auch „Demokratie in Europa“ eine | |
größere öffentliche Aufmerksamkeit bescheren. Das wäre auch dringend | |
notwendig, um zumindest auf einen Achtungserfolg hoffen zu können. Denn | |
bislang ist die Resonanz auf das Wahlbündnis, das einen „New Deal für | |
Europa“ fordert und politisch irgendwo zwischen den Grünen und der | |
Linkspartei angesiedelt ist, ziemlich gering. | |
Mit Varoufakis als prominentem Zugpferd bestünden durchaus realistische | |
Aussichten auf einen Parlamentseinzug, zumal es bei der EU-Wahl keine | |
Fünfprozenthürde gibt. In puncto Glamourfaktor steht er jedenfalls der | |
Riege der SpitzenkandidatInnen, die die etablierten Parteien an den Start | |
bringen, in nichts nach, im Gegenteil. Egal ob sie nun Manfred Weber (CSU), | |
Katarina Barley (SPD), Nicola Beer (FDP) oder Ska Keller (Grüne) heißen. | |
Wenig Freude über die mögliche Kandidatur von Varoufakis herrscht | |
allerdings bei der Linkspartei. Deren Vorsitzende Katja Kipping hatte lange | |
auf eine Kooperation mit dem schillernden griechischen Ökonomen gesetzt. So | |
war sie auch an der Gründung von dessen Netzwerk „Democracy in Europe | |
Movement 2025“, also von DiEM25, beteiligt, [1][präsentierte es gar mit ihm | |
gemeinsam im Februar 2016 in der Berliner Volksbühne]. | |
## Getrennte Wege | |
Doch inzwischen haben sich ihre Wege getrennt. Bereits im Sommer | |
vergangenen Jahres hat Kipping das Netzwerk verlassen. „Als DiEM25 anfing, | |
einen eigenen Wahlantritt zu diskutieren, bin ich natürlich dort | |
ausgetreten“, sagte sie jetzt der taz. „Als Parteivorsitzende wollte ich da | |
jegliche Zweideutigkeit vermeiden.“ | |
Sie hätte sich anderes gewünscht: „Ich habe bei den verschiedenen linken | |
Kräften in Europa für einen gemeinsamen Wahlantritt geworben“, formuliert | |
Kipping diplomatisch. „Schade, dass wir nicht alle dafür gewinnen konnten.“ | |
Am Montag präsentierten Kipping und ihr Co-Vorsitzender Bernd Riexinger das | |
Spitzenduo, mit denen die Linkspartei in die Europawahl ziehen will. Nach | |
den Vorstellungen der Parteiführung sollen der 43-jährige Berliner | |
Politikwissenschaftler Martin Schirdewan und die 34-jährige Kölner | |
Politologin Özlem Demirel auf dem Bundesparteitag im Februar in Bonn auf | |
die Plätze eins und zwei der Liste gewählt werden. | |
Özlem Demirel arbeitet derzeit als Gewerkschaftssekretärin für die | |
Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di im Bezirk Düssel-Rhein-Wupper. Davor war | |
sie Landesvorsitzende der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen. Martin | |
Schirdewan ist bereits im vergangenen Jahr für den in den Bundestag | |
entschwundenen Fabio De Masi ins Europaparlament nachgerückt. Zuvor war er | |
unter anderem Leiter des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Brüssel. | |
Jetzt soll Schirdewan die Nachfolge von Gabi Zimmer antreten, die 2014 die | |
Liste angeführt hatte. Die 63-Jährige, zur Zeit noch Vorsitzende der | |
Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke, | |
verzichtet auf eine erneute Kandidatur. | |
Am Wochenende hatte der Bundesausschuss der Linkspartei den | |
Personalvorschlag der Parteivorsitzenden abgesegnet. Dabei erhielt | |
Schirdewan 71 Prozent der Stimmen und Demirel 64 Prozent. Gegenkandidaturen | |
gab es keine. Allerdings können sie noch auf dem Parteitag Konkurrenz | |
erhalten. | |
Auf den Plätzen drei, vier und fünf nominierte der Bundesausschuss die | |
EuropaparlamentarierInnen Cornelia Ernst, Helmut Scholz und Martina | |
Michels. Alle drei setzten sich dabei in einer Stichwahl durch. | |
„Wir werden ganz klar eine Politik machen, dass Europa anders geht“, | |
versprach Riexinger am Montag und kündigte einen „offensiven Wahlkampf“ an. | |
Die Linkspartei habe den Ehrgeiz, ein zweistelliges Ergebnis zu erreichen. | |
Bei der Europawahl 2014 hatte sie 7,4 Prozent der Stimmen eingefahren. | |
20 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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