# taz.de -- Der junge Armin Laschet: Gyros statt Glamour | |
> Kasperlespieler und Chorknabe, Ministrant im Dom und Bischofsgymnasiast: | |
> Über Armin Laschets katholische Herkunft und seine Netzwerke in Aachen. | |
Armin Laschet muss ein sehr umtriebiger Schüler gewesen sein. „Der hat | |
ständig Infobriefe verfasst und war quasi der Informationsminister der | |
Schule.“ Das erzählt Markus Reissen, der mit dem Kanzlerkandidaten der | |
Union fünf Jahre lang bis zum Abitur gelernt hat. „Der Armin war engagiert, | |
politisch immer sehr ehrgeizig, belesen und argumentativ schon als | |
Jugendlicher richtig fit.“ | |
Ein wenig war Laschet mit 18 oder 19, gerade in die CDU eingetreten, auch | |
ein Blender oder anders gesagt, damals schon Politiker: „Wenn der mal | |
weniger Bescheid wusste“, sagt Markus Reissen, „kriegte er es rhetorisch | |
immer so rübertransportiert, dass alle dachten: Wow, der Armin, der hat es | |
aber drauf.“ | |
Äußerlich? Nichts Besonderes, sagt Reissen. Das hieß 1980/81: normal lange | |
Haare. [1][Armin Laschet], das zeigen Bilder von damals, trug eine Art | |
Pilzkopf. Die braunen Haare hingen in den Nacken, vorne ragten die Fransen | |
bis über die Augenbrauen, dazu Grübchen, spitzbübisches Lächeln, immer | |
adrett gekleidet. Ein Sonnyboy, der um seine Wirkung weiß. „Auffällig | |
klein“, so wie heute, sei der Schüler Armin damals nicht gewesen, sagt | |
Reissen, „vielleicht war er früh ausgewachsen.“ | |
Laschets Motto lautete schon ganz früh: „20 Prozent Sein, 30 Prozent | |
Schein, 50 Prozent Schwein.“ So berichtet in der Laschet-Biografie „Der | |
Machtmenschliche“ sein Jugendfreund Heribert Walz. Ein anderer Mitschüler | |
aus der Oberstufe, Wolfgang Offermann, heute Öffentlichkeitschef bei der | |
Aachener Caritas, erzählt: „Der Armin hat sich gern politisch gestritten“; | |
zwar „fair, authentisch und beziehungsfähig, aber selten nachdenklich“. | |
Stattdessen habe er „immer linientreu das Programm von Helmut Kohl | |
mitgetragen“. Und: „Armin hatte eine klare Karriereplanung, das war immer | |
spürbar.“ | |
Schon im Bundestagswahlkampf 1982/83 war Armin Laschet mit 21 Vorredner bei | |
dem Auftritt von Helmut Kohl in Aachen. Wie der frühere Bundeskanzler wird | |
auch Laschet heute unterschätzt, und beide sorgen durch sprachliche | |
Schönfärberei für ungewollte Komik: Kohl hatte nach einem Wahldebakel | |
kundgetan, die CDU habe „eine Niederlage errungen“. | |
Laschet sah im März 2021 nach den zwei CDU-Desastern bei Landtagswahlen | |
unter seiner neuen Parteiführung auch Positives: Die AfD sei „auf dem | |
sinkenden Ast“. | |
Armin Laschet wurde im Jahr 1961 drei Tage nach Aschermittwoch im | |
katholischen Marienhospital der Bischofsstadt Aachen geboren. Der | |
Kindergarten war katholisch, die Grundschule auch. Er war Messdiener im | |
Dom, half in der Pfarrei und sang damals, Stimmlage Tenor, in einem | |
katholischen Chor. Diesen beehrte er auch, weil er für Mitsängerin Susanne | |
schwärmte, die Tochter des Chorleiters. | |
Der Besuch des weltlichen Rhein-Maas-Gymnasiums um die Ecke seines | |
Elternhauses war fast schon eine unchristliche Zäsur. In der 9. Klasse | |
blieb Armin Laschet sitzen und wechselte auf das Bischöfliche | |
Pius-Gymnasium. Dort schmiss er bald die Karnevalssitzungen, spielte | |
Theater und organisierte Benefizkonzerte. 1981, bei seiner Rede des | |
Abijahrgangs, sprach er sich für Mädchenzugang an die Jungenschule Pius | |
aus. | |
## Die Kaderschmiede | |
Das Pius-Gymnasium ist so etwas wie Aachens Kaderschmiede. Es liegt im | |
Südviertel, gleich neben dem Ortsteil Burtscheid, wo Laschet aufwuchs und | |
mit seiner Frau bis heute lebt. Im Südviertel residieren die Reichen der | |
Stadt, Nachfahren der alteingesessenen Industriedynastien oder Familien, | |
die in den Nachkriegsjahren durch Grenzschmuggel mit Belgien zu Vermögen | |
kamen. Stolz war man in Aachen in den 70er Jahren auf die höchste | |
Porsche-Dichte Deutschlands. | |
Das Pius, sagt Mitschüler Offermann, „war schon zu unserer Zeit klar in der | |
Hand der Jungen Union, von den Elternhäusern her und der Schulleitung, eine | |
große Blase, kirchlich und politisch.“ Inzwischen hat das Pius das viel | |
ältere Kaiser-Karls-Gymnasium als Eliteschule der Stadt abgelöst. Man | |
erlebt das heute – wenn, stets nacheinander, die traditionellen | |
Gottesdienste der Abiturklassen im Dom stattfinden: Erst ist das KKG dran, | |
Eltern und SchülerInnen leger bis schick gekleidet; danach das Pius: | |
Garderobe feierlich bis protzig. | |
Auf Armin Laschets Schule haben viele heute bekannte Leute ihr Abitur | |
gemacht: etwa WDR-Fußballreporter Stephan Kaußen oder Karl Schultheiß, seit | |
Jahrzehnten Strippenzieher der Aachener SPD. Auf dem Pius erwarb auch | |
Thomas Kemmerich das Zeugnis der Reife, der FDP-Politiker, der sich im | |
Februar 2020 von der AfD zum Kurzzeitministerpräsidenten in Thüringen | |
wählen ließ. | |
Auch Aachens langjähriger CDU-Oberbürgermeister Marcel Philipp (2010 bis | |
2020), Sohn des noch langjährigeren deutschen Handwerkspräsidenten Dieter | |
Philipp (1994 bis 2020), lernte auf dem Pius. Philipp junior zog sich im | |
Vorjahr mit 49 Jahren nach Gerüchten über seine Ehe beziehungsweise eine | |
angebliche homosexuelle Beziehung sowie Beförderungsmauscheleien aus der | |
Politik zurück. Bei der Kommunalwahl 2020 wurde seine Partei in Aachen von | |
einem grünen Tsunami weggespült. Sogar in Laschets Wohnbezirk Burtscheid, | |
bis dato eine Bastion katholisch-schwarzen Denkens, holte eine Grüne das | |
Ratsmandat. | |
Pius-Mitschüler Markus Reissen war in der Oberstufe Schülersprecher, | |
Laschet einer seiner Stellvertreter. Gemeinsam belegten sie Leistungskurse | |
in Geschichte und Englisch. „Wir waren beide katholisch engagiert und ja, | |
damals fast ein bisschen befreundet.“ Ähnlicher katholischer Hintergrund, | |
aber politisch weit auseinander, sagt Reissen, seit vielen Jahren bei der | |
Katholischen Hochschulgemeinde Referent für Interreligiösen Dialog. | |
„Gewählt habe und hätte ich den Armin nie.“ Im Geschichtsunterricht hätt… | |
sie sich „oft gestritten“ und sogar „richtig gezofft, wenn es um die | |
Bundeswehr ging“, sagt Kriegsdienstverweigerer Reissen. Armeefreund Laschet | |
wurde ausgemustert, er hatte Rücken. | |
Laschet verkauft sich als überzeugter Europäer. Ostbelgische Großeltern | |
passen da gut. Der Opa optierte nach dem Krieg 1918 im wallonischen | |
Nachbardorf Hergenrath für Deutschland, sonst wären die Laschets kaum nach | |
Aachen gekommen. Nach Recherchen seiner Familie stammt Armin Laschet in | |
etwa 50. Generation direkt von Kaiser Karl ab (den er zudem bewundert, wie | |
auch Konrad Adenauer). | |
## Sozialer Aufstieg | |
Laschet ist Bergmannssohn; Papa Heinz war Steiger auf der Steinkohlezeche | |
Grube Anna im benachbarten Alsdorf. Während des Lehrermangels Anfang der | |
60er Jahre schulte er nach einem Konzept des damaligen CDU-Kultusministers | |
Paul Mikat auf Quereinsteigerpädagoge um. Nachts schuftete Mikater Heinz | |
Laschet unter Tage, tags machte er Fortbildung, wurde Lehrer, dann Leiter | |
einer katholischen Grundschule. Eine Aufsteigerfamilie, alle vier Kinder | |
studierten. Bis heute kommt der jetzt 86-Jährige regelmäßig zum Abendessen | |
ins Haus von Sohn und Schwiegertochter. | |
Inwieweit Armin Laschets Vaterliebe psychologisch seine RWE-hörige | |
Kohlepolitik beeinflusst, kann nur er selbst wissen. 2008 sagte er in einem | |
Interview mit dem Magazin log-in der Gesellschaft für | |
Informationstechnologie (mit Sitz in Aachen): „Lügen geht nicht. Aber wie | |
man die Wahrheit verpackt, das ist ein weites Feld.“ Im Herbst 2018 schob | |
seine NRW-Landesregierung den Mangel an Brandschutz der Baumhäuser im | |
Hambacher Wald vor, um für RWE mit Tausenden PolizistInnen zu räumen. | |
Später entpackte Laschet die Wahrheit, nicht ahnend, dass seine Worte auf | |
einer CDU-Mitgliederversammlung heimlich mitgeschnitten wurden, die später | |
per Twitter viral gingen: „Ich brauchte einen Vorwand, sonst kann man doch | |
nicht tätig werden.“ Heute behauptet er kühn, Retter des Hambi zu sein. | |
Im Interview 2008 gab Armin Laschet einige private Dinge preis. Frage: | |
„Können Sie beim Nichtstun nichts tun?“ Antwort: „Nein. Ich mache immer | |
etwas nebenher. Selbst in die Badewanne nehme ich mir etwas zu lesen mit. | |
Nichts zu tun – das gibt es bei mir eigentlich nicht.“ – Stört Sie das? | |
„Nein.“ – Vollkommenes irdisches Glück? „Sonntagabend.,Tatort'. Gyros. | |
Weißbier.“ | |
Laschet mag die Fälle aus Köln und Dortmund (klar, Nordrhein-Westfalen). | |
2020 durfte er mal in einem „Tatort“ mitspielen, die Rolle war ihm auf den | |
Leib geschrieben: Ministerpräsident NRW. | |
Das Gyros holt Armin Laschet bis heute bei Joannis, in der Burtscheider | |
Taverne Lakis. Burtscheid ist in seinem Kern ein kleinbürgerlich-biederer | |
Stadtteil, die Laschets wohnen am Rande in einer Reihenhaussiedlung. In der | |
kleinen Fußgängerzone trinkt der Kandidat gelegentlich ein Bier in der | |
Burtscheider Quelle. | |
Dort bestellte er während des Lockdowns manchmal auch das Abendessen für | |
die Familie: „Immer gutbürgerliche Küche“, berichtet eine Mitarbeiterin. | |
Gegenüber, vor dem Abteitor unter roten Ziegeln, gibt Laschet gern seine | |
Fernsehinterviews. | |
## Die ZDF-Hitparade | |
Ulrike Overs kennt Armin Laschet noch aus der Burtscheider Grundschule. | |
„Mit dem kleinen Armin verbinde ich meine Kindheit. Im Grundschulalter | |
haben wir Kasperlestücke ausgearbeitet, Armin voran, und dann haben wir es | |
den anderen Kindern vorgespielt. Wir sind im Pfarrkarneval aufgetreten, | |
sehr kreativ alles.“ Und, sie lacht kurz: „Armin hatte einen | |
Kassettenrecorder und ein Mikrofon, das war etwas Besonderes damals. Da | |
haben wir die,ZDF-Hitparade' nachgespielt und nachgesungen, Jürgen Marcus | |
oder Roy Black.“ Heute ist Laschet mit Peter Maffay befreundet. | |
„Der kleine Armin“, sagt Ulrike Overs, „war immer sehr offen und nie | |
abgehoben.“ Abgehoben, ein Neunjähriger? „Doch, das geht. Glauben Sie mir, | |
als Sozialpädagogin kann ich das beurteilen.“ Abgehoben also nicht, aber | |
gewalttätig: Mit acht hat Armin seine spätere Frau mal verprügelt, wie | |
diese neulich in einer Talkshow berichtete. Zu ihrer Mutter habe sie danach | |
gesagt: „Das ist der ekelhafteste Junge, den ich kenne.“ | |
Der Ekel verflog. Susanne, die erst Verprügelte und später Angebetete im | |
Chor, erlag 1976 Armins Avancen. Da war Laschet 15. Die beiden heirateten | |
1985. Chorleiter Heinz Malangré wurde sein Schwiegervater. | |
## Vom Juristen zum Chefredakteur | |
Das war beruflich der Durchbruch. Laschet konnte im Aachener | |
Katholikenbiotop richtig durchstarten: Denn Malangré, gestorben 2017, war | |
in Aachen ein einflussreicher Industrieller, Verleger und ebenfalls | |
Herzblutkatholik. Zu seinem verlegerischen Portfolio gehörte auch die | |
Kirchenzeitung des Bistums, wo Schwiegersohn Armin gleich nach dem | |
Jurastudium (Abschluss nur 1. Staatsexamen) junger Chefredakteur wurde. | |
Dann übernahm er die Verlagsleitung des katholischen Einhard Verlags – | |
geschäftsführender Gesellschafter blieb: der Schwiegervater. Während des | |
Studiums war Armin Laschet Mitglied zweier farbentragender katholischer | |
Verbindungen, der Aenania München und Ripuaria Bonn. | |
Die Welt schrieb Anfang 2021, in der frühen Lebenswelt Armin Laschets komme | |
man sich vor wie „in einem Roman von Heinrich Böll: überlebensgroß die | |
Kirche, überlebensgroß die Herren Honoratioren, viel Klüngel, viel Chuzpe | |
und Schlitzohrigkeit“. Ein Redakteur der streng kirchennahen Aachener | |
Volkszeitung wurde Taufpate eines seiner drei Kinder; er interviewt Laschet | |
bis heute, mäßig kritisch, zuletzt diesen Mai. | |
Im Jahr 1989 wurde Laschet mit 28 damals jüngster Aachener Stadtrat. Auf | |
eine Pressefrage soll er am liebsten zuerst gegengefragt haben: „Was haben | |
denn die anderen gesagt?“ Viel sagen, wenig aussagen – bis heute Laschets | |
Credo. | |
Als Laschet in den Stadtrat kam, beendete der Schwiegeronkel, Kurt | |
Malangré, gerade seine langjährige Amtszeit als CDU-Oberbürgermeister. Ohne | |
Not hatte er 1984 öffentlich über seine Opus-Dei-Mitgliedschaft geplaudert, | |
als sei das ein Fitnessclub und nicht eine reaktionär-katholische | |
Vereinigung Vorgestriger. Onkel Kurt war Deutschlands Opus-Mitglied Nr. 1, | |
seit 1955. | |
## Die „Santa Mafia“ | |
Die „Santa Mafia“, wie der Opus in Spanien genannt wird, hatte erheblichen | |
Einfluss im Franco-Regime (zehn Minister) ebenso wie in Pinochets Chile. | |
Laschets Schwiegervater Heinz galt als dem Opus freundschaftlich sehr | |
verbunden. Damals kam heraus, wie intensiv der Geheimbund auf Aachens | |
gesellschaftliches Leben Einfluss nahm, vor allem an Schulen. „Ein Netz von | |
Opus-Dei-Leuten überzieht die Stadt“, überschrieb die taz am 19. September | |
1984 einen Artikel dazu. | |
Heute stammt Armin Laschets junger Büroleiter und Einflüsterer Nathanael | |
Liminski, 35, aus einer hochengagierten Opus-Dei-Familie; der kürzlich | |
verstorbene Vater Jürgen schrieb für die rechtsradikale Junge Freiheit. | |
Radikalkatholik Liminski würde im Fall der Fälle einer Kanzlerschaft | |
wahrscheinlich Laschets Kanzleramtsminister. Für das elitäre Opus, dessen | |
erklärtes Ziel es ist, die Zivilgesellschaft militant-katholisch zu | |
unterwandern, wäre das ein Coup. | |
Zu Jugendzeiten spielte Armin Laschet mit dem Gedanken, Priester zu werden. | |
Einen sakralen Habitus hat er behalten. „Die Existenz Gottes kann ich nicht | |
beweisen“, sagte er 2008 im log-in-Interview und maßt sich das Wissen an: | |
„Aber sie ist natürlich wahr.“ Im Karneval, bei der Verleihung des Ordens | |
wider den tierischen Ernst, besticht Laschet (selbst Preisträger im Februar | |
2020) seit Jahren durch gut gespielte Selbstironie. Sein Bühnentalent steht | |
außer Frage. In der Bütt 2020 fragte Laschet rhetorisch, wer „Germany’s | |
next Mutti“ werden solle? Das extraordinär spießbürgerliche Saalpublikum | |
antwortete: „Aaaarmin …, Aaaarmin …“ | |
Zu sprechen, wie einem der Schnabel gewachsen ist, gilt parteiübergreifend | |
als volksnah. Laschet pflegt seine leischte rheiniche ch-sch-Chwäsche und | |
nennt sich selbst annäherungsweise Armin Lachet. Er könnte also der erste | |
Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden, der den eigenen Namen nicht | |
richtig aussprechen kann. | |
Zu Laschets Kernkompetenz gehören auch politische Skandale, weil er es | |
vorbildhaft schafft, alle teflonartig an sich abperlen zu lassen. Da war | |
2020 die Maskenaffäre (Landesdeal mit einem seiner Söhne) oder gleich nach | |
Amtsantritt als Ministerpräsident 2017 die Auflösung der Stabsstelle | |
Umweltkriminalitätim Umweltministerium. Und vergangene Woche die | |
Plagiatskritteleien zu seinem Buch „Die Aufsteigerrepublik“ von 2008, die | |
durch Plagiatjäger Stefan Weber gleich wieder entkräftet wurden. Hat | |
Laschet langjährige Erfahrung beim Abschreiben? Markus Reissen kann sich | |
bei Mitschüler Armin „an keine besondere Schummeltechnik“ erinnern. | |
## Normalo as far as möglich | |
Großes Kino [2][war die Aachener Notennummer]. Als Lehrbeauftragter eines | |
Europa-Masterstudiengangs ließ Laschet 2014 an der RWTH Aachen Klausuren | |
schreiben, die dann verschwanden – laut Laschet auf dem Postweg. Er vergab | |
trotzdem Noten, allerdings 35, obwohl nur 28 Studierende mitgeschrieben | |
hatten. Schnell gab Laschet mündliche Leistungen als Grundlage an. Die sind | |
aber laut Prüfungsordnung ausgeschlossen. Die Prüfung wurde nach der | |
Groteske annulliert, die Studis mussten schuldlos noch mal ran. Und Laschet | |
beendete still seine wissenschaftliche Nebenkarriere. | |
Laschets jüngste Biografie heißt „Der Machtmenschliche“. Ein guter | |
PR-Titel: bloß nichts Prätentiöses, Normalo as far as möglich, Gyros statt | |
Glamour. Zur Uneitelkeit passen seine schlabbrigen übergroßen Sakkos. Da | |
hat auch sein ältester Sohn Joe, ein Model und Modeblogger, also mehr | |
Glamour als Gyros, offenbar nichts hereinzureden. Und da sind Armin | |
Laschets Hochwasserhosen. Grund: Der kleine Mann von (mutmaßlich | |
aufgerundeten) 1,70 Metern ist mit ähnlich dicken Absätzen unterwegs wie | |
der Exkanzler Schröder. | |
Seit Laschets Heiterkeitsausbruch vor den Flutopfern von Erftstadt möchte | |
man natürlich wissen, ob er schon immer so fröhlich war. Mitschüler | |
Wolfgang Offermann erinnert sich, der Mitschüler Armin sei „ein | |
lebensfroher Mensch“ gewesen, wofür auch seine frühe Hingabe zum Karneval | |
spricht, „aber er war für sein Alter eher zu seriös als albern“. Markus | |
Reissen differenziert: Der Armin musste wahrlich „nicht zum Lachen getragen | |
werden“, sei als Person aber „nicht wirklich witzig oder lustig“ gewesen. | |
Laschets Grundschulfreundin Ulrike Overs berichtet noch von der | |
Prophezeiung ihrer Mutter über den Nachbarsjungen: „Die war damals ganz | |
sicher: Der wird mal Bundeskanzler.“ Na ja, das sagt man halb im Scherz | |
schnell mal über ein Kind, oder? Ja, sagt Overs, es sei „aber erstaunlich | |
gewesen: Der kleine Armin kannte damals schon viele Politikernamen und | |
Minister. Dafür hat er sich sehr interessiert.“ | |
Klassenkamerad Reissen weiß noch, wie Armin in launiger Stimmung nach der | |
Abifeier gesagt habe: „Berufswunsch? Bundeskanzler.“ Ein anderer Mitschüler | |
habe ihm das neulich noch bestätigt. „Uns allen war klar, der Armin will | |
mal groß in die Politik einsteigen.“ Schon mit 15 oder 16. „Sein | |
Lebenstraum war es, Vollblutpolitiker zu werden.“ Sagte es – und zweifelte | |
an seiner Erinnerung. Reissen rief Susanne Laschet an, Buchhändlerin von | |
Beruf, mit der er im Job gelegentlich zu tun hat. Lebenstraum | |
Vollblutpolitiker? Nein, das könne sie nicht bestätigen, so war der Freund | |
in den 70er Jahren nicht drauf. Und fragte beim Gatten nach: Doch, habe ihr | |
Armin gesagt, natürlich, so sei das durchaus gewesen. | |
Ja, Liebe macht halt manchmal blind. Aber so konnte die taz in der Ehe des | |
möglichen neuen deutschen Bundeskanzlers für verspätete Klärung sorgen. | |
Von unserem Autor Bernd Müllender erscheint im Oktober „Die Zahl 38.185 – | |
Ein Fahrradroman aus der Autostadt Aachen“. Das Buch spielt 2022/23. Armin | |
Laschet hat darin biertrinkend einen angemessen kurzen Gastauftritt | |
2 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Müllender | |
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