# taz.de -- Klima und Armin Laschet: Mut zur Zumutung | |
> Laschet sollte sich ein Beispiel an Joe Biden nehmen. Der forciert den | |
> Öko-Umbau der Wirtschaft – die Union bremst, wo sie kann. Ein Kanzler | |
> muss das anders machen. | |
Bild: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bei einer Fernsehansprache am … | |
Armin Laschet hat ein Talent, richtige Dinge zu sagen, die immer falsch | |
verstanden werden. Wenn der Kanzlerkandidat der Union sagt, dass | |
Deutschland nur zwei Prozent der globalen Treibhausgase ausstößt, ist das | |
korrekt – klingt aber wie „erst mal sollen die anderen liefern.“ Und wenn | |
er sagt [1][„weil jetzt so ein Tag ist, ändert man nicht die Politik“], | |
dann stimmt auch dies – aber unterschwellig heißt es: Weiter wie bisher. | |
Business as usual. | |
Zweideutigkeit mag im Wahlkampf taktisch geboten sein. Laschet hat da von | |
Angela Merkels Erfolg gelernt. Aber unklare Signale sind fatal für | |
Klimapolitik, die Tempo und Verlässlichkeit braucht. Danach ruft die | |
Industrie, das wollen viele WählerInnen. Weit mehr Menschen als gedacht | |
sind bereit, Veränderungen aktiv zu gestalten. Vor allem, wenn sie die | |
Bilder von zerstörten Dörfern vor Augen haben. | |
Wird diese Katastrophe der „Fukushima-Moment“ der deutschen Klimapolitik, | |
der alles ändert? Das liegt vor allem an der CDU/CSU, die vor einer | |
Richtungsentscheidung steht. | |
Begreift sie in ihrer Mehrheit Klimapolitik weiter als Bremse und | |
Gefährdung von Wachstum und Wohlstand? Oder sieht sie in der Modernisierung | |
von Infrastruktur und dem Abschied von der fossilen Lebensweise tatsächlich | |
die Chance auf „Klimawohlstand“? Dann muss ihre Politik nicht nur schneller | |
und besser werden – sondern vor allem sichtbar und fühlbar. | |
Denn die zerstörerischen Fluten haben deutlich gezeigt: Die Folgen des | |
Klimawandels treffen nicht nur andere Menschen weit weg oder in der | |
Zukunft, sondern uns, hier und jetzt. Und so schnell und direkt müssen auch | |
die Gegenmaßnahmen wirken: Sofort die Katastrophenhilfe. Dann die Anpassung | |
an das veränderte Wetter, mit mehr Platz für die Natur und sicheren Häusern | |
und Straßen. Und dann eine Klimapolitik, die in internationaler Kooperation | |
drastisch die CO2-Emissionen senkt, um diese Risiken zu minimieren. | |
Das alles geht aber nicht mehr mit „Weiter so“. Die Methode Merkel „Ich | |
kümmere mich, ihr könnt weiterschlafen“ funktioniert nach einem solchen | |
Weckruf nicht mehr. Klimaneutralität erreicht man nicht im Schlafwagen. Die | |
große Lüge der bisherigen Klimapolitik ist, dass alles so bleibt wie | |
gewohnt. | |
Bisher liebt die Union solche Beruhigungspillen: „Innovation“, weil hier | |
mit ein paar tollen Erfindungen plötzlich alles gut werden soll; den | |
„grünen Wasserstoff“, weil mit ihm Industrie und Autofahrer weitermachen | |
können wie bisher; den EU-Emissionshandel, weil dessen Preiserhöhungen | |
nicht direkt sichtbar sind. Und deshalb hat die Union ein Problem mit | |
steigenden Benzinpreisen, der EEG-Umlage, teureren Flugtickets oder höheren | |
Heizkosten: Nicht nur, weil sie die Menschen belasten – sondern vor allem, | |
weil die Menschen hier merken, dass sie belastet werden. | |
Aber so viel Ehrlichkeit muss eine Partei aufbringen, die das Land weiter | |
führen will. Traut sich Armin Laschet, den Menschen zu sagen: Die | |
Klimaneutralität, die wir wollen, kostet Anstrengung und Geld, aber nur sie | |
sichert unsere Zukunft? Fordert er: Wir müssen jetzt Geld ausgeben und | |
Schulden machen, damit es allen besser geht und wir von den Problemen nicht | |
wieder überflutet werden? Er könnte sich bei Merkel den Begriff | |
„alternativlos“ für diese Politik ausleihen. Aber bisher ist davon nicht | |
viel zu merken. | |
Die Union könnte sich ein Beispiel an ihrem großen Vorbild USA nehmen. Dort | |
begründet [2][Präsident Joe Biden den grünen Umbau] des Landes mit Jobs, | |
Technologieführerschaft und „Klimagerechtigkeit“. | |
Armin Laschet lässt die Zuversicht vermissen, dass das Land die | |
Herausforderungen des Klimawandels meistern kann. Was den | |
ChristdemokratInnen dafür bislang fehlt, ist ein Abschied von ihrer | |
Ideologie des „Weiter so“ und vom Grundsatz, man dürfe den Menschen nichts | |
zumuten. Ein solcher Richtungswechsel erfordert Mut. Aber Feigheit vor der | |
Zukunft und dem eigenen Volk ist keine Arbeitsgrundlage für das Amt des | |
Bundeskanzlers. | |
24 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.heise.de/tp/features/Ein-Tag-wegen-dem-Laschet-nicht-die-Politi… | |
[2] https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/klimagipfel-biden-101.html | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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