# taz.de -- Bürger:innen gestalten Klimapolitik: Unterschätzt uns nicht | |
> Der „Bürgerrat Klima“ macht Vorschläge zur Erreichung des Pariser | |
> Abkommens. Das Resultat sendet ein klares Signal an die Politik. | |
Bild: Der Bürgerrat empfiehlt den Ausbau von Wind- und Sonnenergie | |
BERLIN taz | Eine entschlossene Klimapolitik ist in der deutschen | |
Bevölkerung offenbar weitaus populärer als angenommen: Mit weitreichenden | |
Forderungen wie einem schnellen Ausbau der Erneuerbaren, dem Verbot von Öl- | |
und Gasheizungen und Verbrennungsmotoren, weniger Nutztieren, einem | |
Tempolimit auf Autobahnen und dem Vorrang für das 1,5-Grad-Ziel bei allen | |
staatlichen Maßnahmen [1][hat der „Bürgerrat Klima“ am Donnerstag seine | |
Vorschläge vorgelegt.] Von 76 Empfehlungen, die bei der Abstimmung im | |
Schnitt 90 Prozent Zustimmung fanden, wurde nur eine abgelehnt: die | |
Einführung einer Citymaut für Autos. | |
„Das Ergebnis sendet ein klares Signal an die Politik: Unterschätzt die | |
Bürger nicht!“, sagte Altbundespräsident Horst Köhler. Er hat den Prozess | |
begleitet, der von einem Verein organisiert und von Stiftungen finanziert | |
wurde. | |
[2][Der Rat] besteht aus 160 Menschen aus dem ganzen Land, die zufällig | |
ausgesucht wurden und sich in 12 virtuellen Treffen insgesamt 50 Stunden | |
lang mit nötigen und möglichen Klimaschutzmaßnahmen befassten. Mit | |
wissenschaftlicher Begleitung und professioneller Moderation diskutierten | |
die Interessierten aus allen Schichten, Berufen und Landesteilen über | |
Energie, Verkehr, Ernährung, Wohnen. Wegen der Komplexität wurden die | |
Bereiche Industrie und Gesetzgebung ausgespart. | |
Fast einmütig wollten die BürgerInnen mutige Schritte beim Klimaschutz: | |
„Das 1,5-Grad-Ziel hat oberste Priorität“, heißt es gleich zu Beginn, jed… | |
neue Gesetz müsse daraufhin geprüft werden; ein CO2-Preis solle als | |
„verbindliches Instrument“ für alle Bereiche gelten und sozial ausgestaltet | |
sein. Bis 2035 sollten 100 Prozent Ökostrom erreicht werden, 2 Prozent der | |
Landesfläche für Windparks reserviert werden und Kommunen zum Klimaschutz | |
wie etwa durch Solardächer verpflichtet sein. Der Ausstieg aus Kohle und | |
neuen Verbrenner-Autos solle bis 2030 vorgezogen werden, eine knappe | |
Mehrheit von 58 Prozent gab es auch für ein Tempolimit von 130 km/h auf der | |
Autobahn, 80 km/h auf Landstraßen und 30 km/h in Städten. Wichtig auch: | |
deutlich mehr Geld für öffentlichen Verkehr und Fahrrad-Infrastruktur und | |
Flugtickets, die „die wahren Klimakosten abbilden sollen“. | |
TeilnehmerInnen des Rats betonten, wie wichtig gute Information für ihre | |
Entscheidungen gewesen sei. Man habe sich „vorher nie mit diesem Thema | |
beschäftigt“, hieß es, in den Gesprächsrunden habe man aber viel gelernt | |
und Kompromisse gesucht. „Ich fühle mich jetzt verantwortlich“, sagte ein | |
Teilnehmer, andere meinten, „dass wir Bürger gar nicht so empflindlich | |
sind, wie die Politiker denken“. Für Horst Köhler war das Experiment | |
Bürgerrat, der seine Ergebnisse Regierung und Bundestag präsentieren wird, | |
ein „Zeichen gegen die Resignation“ und ein „Beleg, dass unsere liberale | |
Demokratie beste Voraussetzungen hat, diese Herkulesaufgabe zu bewältigen.“ | |
Köhlers Fazit: „Die Bürger sind keine Schlafmützen, sie wollen sich | |
kümmern.“ | |
24 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://buergerrat-klima.de/wieso-ein-buergerrat-klima/die-ergebnisse | |
[2] https://buergerrat-klima.de/ | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
## TAGS | |
Pariser Abkommen | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Bürger | |
Forschung | |
Klimakonferenz in Dubai | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Fahrrad | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Bundestag | |
Volksinitiative | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bürgerrat Forschung legt Ergebnisse vor: Begrenzte Transparenz | |
Der Bürgerrat sollte erarbeiten, wie die Öffentlichkeit an | |
Forschungsentscheidungen beteiligt werden kann. Nur die Kommunikation | |
klappt nicht. | |
Bürgerräte mischen sich ein: Minideutschland fürs Klima | |
In Berlin hat ein Bürgerrat seine Forderungen den Koalitionären übergeben. | |
Ziel ist es, die Erderhitzung einzudämmen. | |
Globales Beteiligungsprojekt: Klima-Bürger:innenrat startet | |
Zufällig ausgewählte Menschen aus aller Welt erstreiten seit Dienstag | |
klimapolitische Einigungen. Sie sollen der Weltklimakonferenz Druck machen. | |
Hungerstreik für das Klima: „Mir geht es nicht gut“ | |
Zehn Tage haben Klimaaktivist:innen im Regierungsviertel nichts | |
gegessen. Im Kohledorf Keyenberg hungert ein Denkmalschützer für die | |
Kirche. | |
Radpolitik in Sachsen-Anhalt: Keine Garantie für Wahlerfolg | |
Die Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt hat die Mittel für den Radwegebau | |
dank der Grünen versechsfacht. Aber das war immer noch zu wenig. | |
Bertrand Piccard übers Entdecken: „Ich wollte das Fliegen studieren“ | |
Der Abenteurer Bertrand Piccard hat zweimal die Welt umrundet: mit | |
Heißluftballon und Solarflugzeug. Jetzt möchte er uns aus der Klimakrise | |
retten. | |
Fortschritte bei E-Autos: Die erste Million ist die schwerste | |
Endlich boomen die E-Autos. Das liegt nicht nur an EU-Vorgaben und | |
Kaufprämien – die Stromer sind auch in vielen Belangen einfach besser. | |
Maßnahmen gegen die Klimakrise: Hört auf die Mehrheit! | |
Wenn Menschen wissen, worum es geht, und mitreden können, sind sie offen | |
für mutige Maßnahmen. Was wir noch brauchen: Eine mutige nächste Regierung. | |
Abgeordnetenhaus will Input von Bürgern: Parlament ordert Klima-Nachhilfe | |
Ein „Klima-Bürger*innenrat“ soll Vorschläge für mehr Klimaschutz machen … | |
und für mehr Akzeptanz von Änderungen sorgen. Die Opposition lehnt das ab. | |
Beteiligung in Deutschland: Bürgerrat fürs Klima beginnt | |
160 zufällig ausgewählte Deutsche erarbeiten bald Empfehlungen für eine | |
gute Klimapolitik. Schirmherr wird ein früherer Bundespräsident. | |
Demokratieforscher über Volksparteien: „Mehrheiten sind vorzuziehen“ | |
Parlamentarische Demokratie und Föderalismus sind in der Krise? Nicht | |
unbedingt, sagt der Demokratieforscher Michael Koß. |