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# taz.de -- Bürgerräte mischen sich ein: Minideutschland fürs Klima
> In Berlin hat ein Bürgerrat seine Forderungen den Koalitionären
> übergeben. Ziel ist es, die Erderhitzung einzudämmen.
Bild: Beim Thema Klimawandel können auch Bürger*innen wertvollen Input geben
Berlin taz | Sie bezeichnen sich als ein „weitestgehend repräsentatives
Minideutschland“. Am Mittwoch hat der [1][Bürgerrat Klima], ein aus 160
zufällig ausgewählten Bürger*innen bestehendes Gremium, seine
Forderungen an die Parteien der sich bildenden Koalition in Berlin
überreicht.
Im Bürgerrat sitzen Senior*innen, Jugendliche, Handwerker*innen und
auch Akademiker*innen aus ganz Deutschland. Auch in Bezug auf Alter
und Wohnort soll die Gruppierung repräsentativ sein. Monatelang haben sie
in 12 Online-Sitzungen unter wissenschaftlicher Begleitung über 80
Empfehlungen erarbeitet, damit Deutschland sich in Richtung der Vorgaben
des Pariser Klimaschutzabkommen begeben kann.
Das Ziel, die Erderhitzung möglichst nicht über 1,5 Grad steigen zu lassen,
solle künftig oberste Priorität bei allen [2][politischen Entscheidungen
der Ampelkoalition] haben. Der Rat fordert 120 Stundenkilometer Tempolimit
auf Autobahnen und 80 auf Landstraßen und 100 Prozent Ökostrom bis 2035.
Außerdem, dass 2 Prozent der Landesfläche für Windparks reserviert werden
sollen, und dass ein CO2-Preis als „verbindliches Instrument“ sozial
ausgestaltet sein muss.
Weiter fordert der Rat, dass die Infrastruktur für Fahrräder massiv
ausgebaut und der ÖPNV verbessert und günstiger wird. Autos mit
Verbrennermotoren sollen spätestens 2030 nicht mehr zugelassen werden.
Schirmherr der von einem Verein organisierten und von Stiftungen
finanzierten Aktion ist Altbundespräsident Horst Köhler. „Das Ergebnis
sendet ein klares Signal an die Politik: Unterschätzt die Bürger nicht!“,
hatte Köhler gesagt.
## Internationales Pendant in Glasgow
„Wir wissen, dass sich die Empfehlungen angeschaut werden, und werden
sehen, welche davon es schaffen“, sagt Bürgerratssprecherin Rabea Koss. Die
Strategie für den Fall, dass die Vorgaben von der neuen Koalition nicht
umgesetzt werden, sei, die kommende Regierung erneut an das 1,5-Grad-Ziel
zu erinnern. Doch Koss zeigt sich auch realistisch: Es sei „klar, dass das
nicht alles umgesetzt wird.“
Bereits am Montag hatte das [3][internationale Pendant zum deutschen
Bürgerrat] seine Forderungen im zivilgesellschaftlichen Bereich der
UN-Klimakonferenz in Glasgow präsentiert. Die „global assembly“, 100
zufällig ausgesuchte Menschen aus aller Welt, hatten ebenfalls zuvor
debattiert, wie die Menschheit die Erde bewohnbar halten kann. Hinter der
Vereinigung stecken NGOs, die Vereinten Nationen und einige Regierungen,
allen voran Großbritannien.
Die 100 Personen waren in einem mehrstufigen Prozess ausgelost worden. Erst
wurden verschiedene Orte festgelegt, die gut über die Welt verteilt liegen.
Dann machten sich die Initiator*innen dort nach potenziellen
Teilnehmer*innen auf die Suche, innerhalb dieser Gruppen entschied das
Los.
Neben einem Bekenntnis zum 1,5-Grad-Ziel betont ihre Erklärung vor allem
die Kritik an den globalen klimapolitischen Machtverhältnissen. In Artikel
3i werfen die Teilnehmenden den Veranstaltern der Klimakonferenz vor, dass
mächtige Staaten und Unternehmen einen unverhältnismäßig hohen Einfluss auf
globale klimapolitische Entscheidungsprozesse hätten.
Bürger*innenräte werden weltweit zunehmend als
Partizipationsinstrument eingesetzt. Horst Köhler sieht den deutschen Rat
als ein „Zeichen gegen die Resignation“. Auch in Großbritannien, Frankreich
und Irland gab es bereits Bürger*innenräte zum Klimawandel. Sie
empfahlen den Regierungen ebenso eine progressivere Politik. Umgesetzt
wurden die Empfehlungen allerdings selten komplett, denn verbindlich sind
die Ergebnisse der Räte nicht.
3 Nov 2021
## LINKS
[1] /Buergerinnen-gestalten-Klimapolitik/!5782872
[2] /Verhandlungen-ueber-Koalition/!5806457
[3] /Globales-Beteiligungsprojekt/!5801615
## AUTOREN
Enno Schöningh
## TAGS
Klimakonferenz in Dubai
Schwerpunkt Klimawandel
Demokratie
Horst Köhler
Partizipation
Schwerpunkt Klimawandel
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Schwerpunkt Frankreich
Pariser Abkommen
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