| # taz.de -- Bildungsversprechen nach Ampel-Aus: Nachwuchsforscher:innen müssen… | |
| > Mit der Einigung auf den Digitalpakt 2.0 hat Bildungsminister Cem Özdemir | |
| > einen Coup gelandet. Andere Bildungsvorhaben der Ampel sind vom Tisch. | |
| Bild: Whiteboard statt Schultafel: Unterricht in Brandenburg | |
| Berlin taz | Einen Coup hat der neue Bundesbildungsminister Cem Özdemir | |
| (Grüne) soeben gelandet. In nur wenigen Wochen ist ihm geglückt, was seiner | |
| Vorgängerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) über viele Monate nicht gelungen | |
| ist: sich mit den Ländern auf einen Digitalpakt 2.0 zu einigen. Bis zu den | |
| Neuwahlen wollen beide Seiten eine unterschriebene Vereinbarung vorlegen. | |
| [1][Ein Achtungserfolg] – auch wenn die Umsetzung an der nächsten | |
| Bundesregierung hängt. | |
| Wer jetzt die Hoffnung hegt, Özdemir könnte auch noch die übrigen | |
| Bildungsvorhaben der Ampelregierung umsetzen, wird jedoch enttäuscht | |
| werden. Denn im Unterschied zum Digitalpakt, der als | |
| Verwaltungsvereinbarung keiner parlamentarischen Zustimmung bedarf, handelt | |
| es sich bei den offenen Koalitionsversprechen um Gesetzesvorhaben. Und die | |
| finden mit dem Ausscheiden der FDP aus der Regierung und der | |
| Blockadehaltung der Union keine Mehrheiten im Bundestag. | |
| Damit sind die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG), | |
| von der sich Angestellte an Unis [2][bessere Arbeitsbedingungen erhofft] | |
| hatten, sowie die Anpassung des „Aufstiegsbafög“, über die junge Menschen | |
| in der beruflichen Ausbildung mehr Unterstützung bekommen sollten, vom | |
| Tisch. Neu anstoßen kann Özdemir die Vorhaben jedenfalls nicht. „Die | |
| Entscheidung über das weitere Verfahren, einschließlich eventueller | |
| Änderungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung, liegt … allein beim | |
| Deutschen Bundestag“, teilt das Bundesbildungsministerium (BMBF) dazu mit. | |
| Die Obfrau der Grünen im Bildungsausschuss des Bundestags, Laura Kraft, | |
| bedauert, dass die beiden Vorhaben jetzt de facto gestorben seien. „Das ist | |
| sehr ärgerlich, dass wir das nicht mehr vor dem Koalitionsbruch hinbekommen | |
| haben“, sagt Kraft der taz. Umso mehr, da die Fachpolitiker:innen von | |
| SPD, Grüne und FDP endlich auf der Zielgeraden für eine Einigung waren. | |
| Noch verbliebene inhaltliche Differenzen wollte man in einer letzten | |
| Verhandlungsrunde ausräumen, so Kraft. So war man sich beispielsweise | |
| einig, bei der Reform des WissZeitVG eine [3][umstrittene Regelung für | |
| Postdocs] zu streichen. | |
| ## Von Beginn an Kritik | |
| Der BMBF-Entwurf sah hier vor, die Befristungshöchstdauer für promovierte | |
| Wissenschaftler:innen von sechs auf vier Jahre zu verkürzen. Ausnahmen | |
| wären dann nur noch mit einer fixen Zusage auf Entfristung möglich gewesen. | |
| Betroffene und Gewerkschaften kritisierten daran, dass der Entwurf die | |
| Hochschulen zu nichts verpflichtet, sondern im Gegenteil nur der Druck auf | |
| die Forscher:innen zunimmt, sich in noch kürzerer Zeit für eine | |
| Professur zu qualifizieren. Diese Kritik wurde erneut [4][bei der ersten | |
| Lesung des Gesetzes] Mitte Oktober im Bundestag laut. | |
| Ohne diesen Passus könnte Kraft mit der Novelle gut leben. Dann hätte der | |
| Bundestag immerhin die positiven Punkte der Reform wie die erstmaligen | |
| Mindestvertragslaufzeiten für Promovierende (zwei Jahre) und Postdocs (drei | |
| Jahre), Verbesserungen für studentische Beschäftigte sowie die Ausweitung | |
| der familien- und pflegepolitischen Komponente verabschieden können. „Diese | |
| Chance ist jetzt leider dahin.“ | |
| Ebenfalls dahin ist vorerst ein Bund-Länder-Programm für mehr Dauerstellen. | |
| Ein entsprechendes Konzept hatte der Haushaltsausschuss im Bundestag vor | |
| gut einem Jahr vom BMBF verlangt – als ergänzende Maßnahme zur | |
| WissZeitVG-Reform. Bis zu ihrem Rücktritt hat Stark-Watzinger jedoch kein | |
| Konzept vorgelegt, das den Namen verdient. Ein Blick in die Länder zeigt | |
| indes: Wenn der Bund nicht vorangeht, wird sich der finanzielle Spielraum | |
| kaum verbessern. Hessen und Berlin etwa haben die Hochschulbudgets für 2025 | |
| schon eingedampft. | |
| ## Hoffen auf den Wissenschaftsrat | |
| Viele hoffen jetzt auf den Wissenschaftsrat, der derzeit an Empfehlungen | |
| zur Personalstruktur an Unis arbeitet. Die zuständige Ausschussvorsitzende | |
| Birgit Spinath kündigte [5][im taz-Interview] an, ihr Fokus liege auf der | |
| Schaffung von mehr Dauerstellen. Sie wertete als positiv, dass die | |
| Hochschulen sich für alternative Stellenkonzepte neben der Professur | |
| zunehmend offen zeigen – sofern Bund und Länder mehr Mittel bereitstellen. | |
| Andreas Keller von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält | |
| dies für Ausflüchte. Die Hochschulen könnten jetzt schon mehr tun. Eine | |
| Dauerstelle sei nicht wesentlich teurer als ein Zeitvertrag, und sogar mit | |
| Drittmitteln ließen sich Dauerstellen finanzieren, sagt Keller der taz. Die | |
| Forderung „Dauerstellen für Daueraufgaben“ werde die GEW aber auch an die | |
| kommende Bundesregierung herantragen – und für eine Reform des WissZeitVG | |
| eintreten, das Befristungen grundsätzlich nur bis zur Promotion erlaubt. | |
| 11 Dec 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Pauli | |
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