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# taz.de -- Warnstreik der studentischen Hilfskräfte: Jung und prekär beschä…
> Die Hamburger Hochschulen versprechen attraktive Arbeitsbedingungen in
> der Wissenschaft. Ausgenommen sind studentische Hilfskräfte.
Bild: Studierende, die streiken: Bundesweit gingen am Montag studentische Hilfs…
Hamburg taz | Mit einem Warnstreik haben die studentischen Beschäftigten
der Hamburger Unis [1][am bundesweiten Hochschulaktionstag am Montag
teilgenommen.] Sie wollen damit auf ihre prekären Arbeitsverhältnisse
aufmerksam machen, die von Unsicherheit, verzögerter Bezahlung und
unbezahlten Vorleistungen geprägt ist. Eine Befragung von 11.000
studentischen Beschäftigten brachte es mit „jung, akademisch, prekär“ auf
den Punkt.
Die gewerkschaftliche Basisbewegung TVStud versucht, mit dem Streik
Einfluss auf die laufenden Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst zu
nehmen. Zuvor hatten die Hamburger Hochschulen versprochen, die
Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft verbessern. Mit einer entsprechenden
Absichtserklärung hatten sie auf die bundesweite [2][#IchbinHanna-Bewegung]
des akademischen Mittelbaus geantwortet. Ein Teil der Angestellten blieb
dabei jedoch außen vor: die studentischen Hilfskräfte.
Auf den ersten Blick wirkt die Absichtserklärung der
Landeshochschulkonferenz vielversprechend. Es geht um die Schaffung
„hervorragender Beschäftigungsbedingungen“ im „hervorragenden
Wissenschaftsstandort“ Hamburg: weniger Befristungen, längere
Arbeitsverträge, nachhaltige Innovativität – das alles unter Leitsätzen der
Chancengerechtigkeit und Diversität. Allerdings bleiben Vertragslaufzeiten
weiterhin abhängig von der ungewissen künftigen Fassung des
Wissenschaftszeitvertragsgesetzes [3][(WissZeitVG)].
Dass die Zusicherungen nur für den akademischen Mittelbau gelten, erklären
die Vertreter:innen der Wissenschaftsbehörde und Uni Hamburg damit,
dass die Versprechungen nun mal in der Phase des Berufseinstiegs ansetzten.
Nur so könne man die „Qualifizierung herausragender Persönlichkeiten“ in
der Wissenschaft ermöglichen, sagt die Universität. Studentische
Hilfskräfte gehören in dieser Sichtweise nicht zum Wissenschaftsbetrieb.
Dabei übernehmen sie einen großen Teil der Lehre, um den akademischen
Mittelbau zu entlasten.
## Niemand fühlt sich zuständig
Die TVStud repräsentiert bundesweit rund 300.000 studentische Beschäftigte.
Die Hamburger Erklärung kritisiert die TVStud scharf. Diese diene lediglich
der Profilierung des Wissenschaftsstandorts Hamburg im Wettbewerb.
Zuständig für die prekäre Lage der studentischen Hilfskräfte scheinen sich
weder die unterfinanzierten Hochschulen noch die Wissenschaftsbehörde zu
fühlen. Man müsse die Tarifverhandlungen und die Reform des WissZeitVGs
abwarten, vertröstet die Wissenschaftsbehörde. Ein Prüfantrag des Senats
aus dem Januar dieses Jahres bezüglich „Guter Arbeitsbedingungen für
studentische Beschäftigte“ war folgenlos geblieben.
Heidi Heil von TVStud kritisiert das: „Die Wissenschaftsbehörde hätte die
Gelegenheit gehabt, ein wichtiges Zeichen zu setzen und einen schnellen
Schritt in Richtung Entprekarisierung zu machen.“ Anstatt mit gutem
Beispiel voranzugehen, traue sich die Behörde nicht, sich auf die Seite der
Beschäftigten zu stellen.
Dass ein gutes Beispiel wichtig wäre, zeigt die Studie „jung, akademisch,
prekär“ des Instituts Arbeit und Wirtschaft: Studentische Beschäftigte sind
permanent davon bedroht, keinen Anschlussvertrag zu erhalten, in unbezahlte
Vorleistung zu gehen, verzögerte Bezahlungen zu erhalten oder sogar über
den Vertragszeitraum hinaus unbezahlt weiterzuarbeiten.
## Unbezahlte Überstunden sind keine Seltenheit
Zudem gelten vier Fünftel der Beschäftigten als armutsgefährdet. Viele sind
gar nicht oder falsch über ihre Arbeitnehmer:innenrechte aufgeklärt
worden. 40 Prozent der Befragten geben an, unbezahlte Überstunden zu
leisten. Ein so geringes Maß an beruflicher Sicherheit und Planbarkeit ist
für den öffentlichen Dienst einmalig.
Dass es auch anders geht, zeigt Berlin. Studentische Beschäftigte haben
hier bereits seit 1980 einen Tarifvertrag. Dieser garantiert derzeit einen
Stundenlohn von 12,96 Euro, Vertragslaufzeiten von vier Semestern, sowie
Mindestarbeitszeiten von 40 Stunden pro Monat. Außerdem gibt es
Mitbestimmungsmöglichkeiten durch studentische Personalräte.
Bei den Tarifverhandlungen ärgert die TVStud, dass die prekären
Beschäftigungsverhältnisse unter dem Motto der „Wissenschaftsfreiheit“
hochgehalten würden. Hannes Lundius, studentische Hilfskraft der Uni
Hamburg betont: „Wir leisten wertvolle Arbeit für den Lehr- und
Forschungsbetrieb an den Hochschulen.“ Mindestlöhne und Kettenbefristungen
schüfen keine gute Wissenschaft.
Was studentische Beschäftigte wirklich brauchten, sei ein Tarifvertrag,
[4][höhere Löhne und mehr Mitbestimmung.] Der Warnstreik läuft noch bis
morgen. Heute sollen die Azubis dazukommen, am Mittwoch alle Beschäftigten
des Hamburger Öffentlichen Dienstes.
20 Nov 2023
## LINKS
[1] /Arbeitskampf-an-Hochschulen/!5974557
[2] /Arbeitsbedingungen-in-der-Wissenschaft/!5776997
[3] /Arbeitsbedingungen-an-Unis/!5939173
[4] /Arbeitsbedingungen-an-Unis/!5939506
## AUTOREN
Neele Fromm
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