# taz.de -- Hochschulbeschäftigte fordern Tariflohn: Schluss mit prekärer Wis… | |
> Personalmangel, Überlastung und unattraktive Vergütung an Berliner | |
> Hochschulen. Die Beschäftigten fordern eine Verbesserung der | |
> Arbeitsverhältnisse. | |
Bild: Hochschulbeschäftigte streiken vor der Humboldt-Universität zu Berlin | |
BERLIN taz | Julia Dück wird laut: „Die Hochschulen sind erwacht und sie | |
sind gekommen, um zu kämpfen“, skandiert die Gewerkschaftssekretärin bei | |
Verdi am Montag vor der Humboldt-Universität zu Berlin (HU). Sie spricht zu | |
den knapp 1.400 Beschäftigten und Studierenden der Hochschulen in Berlin | |
und Brandenburg, um für bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im | |
Öffentlichen Dienst der Länder zu streiken. | |
Die Beschäftigten kritisieren, dass die [1][Reallohnverluste angesichts der | |
enormen Preissteigerungen nicht zu verkraften] seien. Dies betrifft | |
insbesondere die studentischen Beschäftigten, die lediglich den | |
Landesmindestlohn, „13 Euro und einen Glückscent“ pro Stunde, verdienen. | |
Mit 520 Euro monatlich lassen sich in einer Stadt wie Berlin, in der ein | |
Zimmer durchschnittlich 630 Euro kostet, die Lebenshaltungskosten nicht | |
decken, so ein Vertreter der Initiative TVStud. Sie fordert daher einen | |
Tarifvertrag für studentische Beschäftigte. | |
Angesichts der unzureichenden Bezahlung sei die Anstellung als | |
[2][studentische Hilfskraft zu einem Privileg geworden], kritisiert Marlene | |
Lüdorff, Tutorin am Institut für Europäische Ethnologie der HU. „Wer | |
weniger als Cafés, Bars und Supermärkte zahlt, der sorgt dafür, dass eine | |
Elite unter sich bleibt, die auch die Laufbahn ausmachen wird“, so der | |
Vorwurf. | |
## Forderung nach Tarifvertrag | |
Verdi fordert in der Tarifrunde für die Beschäftigten im Öffentlichen | |
Dienst der Länder eine Gehaltserhöhung von 10,5 %, mindestens 500 Euro und | |
200 Euro mehr für Auszubildende und Nachwuchskräfte. Darüber hinaus | |
erwartet Verdi von den Ländern einen Tarifvertrag für studentische | |
Beschäftigte abzuschließen. Bislang haben die Arbeitgeber in zwei | |
Verhandlungsrunden kein eigenes Angebot vorgelegt. | |
Daher rief Verdi zusammen mit Initiativen, Studierendenvertretungen und | |
hochschulpolitische Organisationen der Humboldt-Universität, der | |
Technischen Universität, der Freien Universität und der Berliner Hochschule | |
für Technik, zu der zentralen Streikkundgebung auf. Neben dem Streik in | |
Berlin beteiligten sich weitere 400 Beschäftigte an der zentralen | |
Streikkundgebung für Brandenburg in Potsdam. Bundesweit wurde an über 50 | |
Hochschulen gestreikt. | |
## Personalmangel führt zu Überlastung | |
Für Unzufriedenheit sorgt jedoch nicht nur die mangelhafte Entlohnung der | |
Hochschulbeschäftigten. Auch der [3][Personalmangel] führe dazu, dass das | |
Kollegium „überlastet und an der Grenze des Machbaren“ sei, so eine | |
Vertreterin der AG Entgeltgerechtigkeit der HU. Neben Personalmangel | |
beklagen die Beschäftigten zudem befristete Arbeitsverträge, | |
Hierarchieverhältnisse und unsicheren Zukunftsverhältnisse. Daher fordern | |
sie, neben angemessener Entlohnung, einen Inflationsausgleich, die | |
Ausfinanzierung der Universitäten, eine Überarbeitung des | |
Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), einen bundesweiten | |
studentischen Tarifvertrag und die Erhöhung des BAföG. | |
An dem Streik beteiligten sich Beschäftigte aus sämtlichen | |
Hochschulbereichen. Von Verwaltung, Technik und Service über den Mittelbau | |
bis hin zu studentischen- und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen | |
beklagen alle Hochschulbeschäftigten fehlende Arbeitsmittel und fehlende | |
Arbeitswertschätzung. „Wir alle teilen die gleichen Probleme. Wir wollen | |
unseren Beitrag zu guter Lehre leisten, aber das wird zunehmend unmöglich“, | |
klagt ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Europäische | |
Ethnologie. | |
Dies blieb heute aufgrund des Streiks für Veranstaltungen geschlossen. Die | |
Aussetzung des Normalbetriebs könnte auch noch andere Hochschulen | |
betreffen, da bundesweit für die ganze Woche Streiks anberaumt sind. Am | |
Mittwoch findet eine zentrale Kundgebung und Demonstration durch Berlin | |
statt. Treffpunkt ist 09:45Uhr am Wittenbergplatz. | |
Die nächste Runde in den Tarifverhandlungen ist für den 7. und 8. Dezember | |
geplant. | |
21 Nov 2023 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Lilly Schröder | |
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