# taz.de -- Berliner Club KitKat: Die rechteste Tür der Stadt | |
> In der Security des KitKat arbeiten Personen mit Verbindungen in die | |
> rechte Szene. Die Liste von Verfehlungen und Beschwerden ist lang. | |
Bild: Nicht mehr jede:r fühlt sich sicher im KitKat | |
BERLIN taz | Die Tür des KitKat steht nicht allen offen. Der sexpositive | |
Club in der Köpenicker Straße in Mitte sortiert am Einlass seine Gäste aus | |
wie alle bekannten Technoclubs Berlins. Doch ausgerechnet im KitKat kann es | |
der so diversen wie internationalen Szene der Stadt und ihren | |
Besucher:innen passieren, auf Türsteher zu treffen, die dem | |
rechtsextremen Hooliganmilieu angehören. | |
Laut einem vor Weihnachten veröffentlichten [1][ausführlichen Bericht der | |
antifaschistischen Rechercheplattform Exif-Recherche] über das Berliner | |
Netzwerk des rechtsextremen Kampfsportevents [2][„Kampf der Nibelungen“ | |
(KdN)] – Europas größter neonazistischer Kampfsportveranstaltung – | |
entstammen mindestens drei der Türsteher des KitKat diesem Milieu. Es ist | |
eine Szene aus Hooligans, Kampfsportlern, Rockern und Kriminellen. | |
Ausführlich geht der Artikel dabei auf Maik P. ein, dem, wie es heißt, | |
„Dreh- und Angelpunkt der aktiven Hooliganszene des BFC Dynamo“. Er soll | |
schon lange der Hoolszene des Berliner Viertligisten angehören, die schon | |
seit Ost-, besonders aber der Nachwendezeit zu den schlagkräftigsten des | |
Landes zählt – und keinen Hehl aus ihrer rechten Gesinnung macht. | |
P. soll ein Kampfsporttraining in einem Gym leiten, das seine Räume im | |
Erdgeschoss eines Clubhauses der Hells Angels in Biesdorf hat. Dort | |
trainiere er zusammen mit den „Kernpersonen“ des „Kampfs der Nibelungen�… | |
Ein Foto zeigt ihn mit Alexander Deptolla, einem Dortmunder Nazikader, der | |
als Hauptverantwortlicher des Kampfsportevents gilt, ein anderes im T-Shirt | |
der Neonazi-Marke Label 23. | |
Auf einem weiteren Foto ist P. zusammen mit Mark F. zu sehen, beide in | |
T-Shirts mit dem Aufdruck „KKC-Korps“ – KKC steht für KitKat Club. F. wi… | |
als Teil des rechten Hooligan- und Rockermilieus beschrieben, der zusammen | |
mit P. und Mitgliedern des KdN-Teams ebenfalls in dem Biesdorfer Studio | |
trainiere und entsprechende freundschaftliche Verbindungen pflege. Als | |
weiterer Türsteher des KitKat wird der Kampfsportler Robert M. benannt. | |
Auch er soll Kontakte in diese Kreise pflegen. Ein Bild zeigt ihn in einer | |
Jogginghose der bei Neonazis beliebten Modemarke „Thor Steinar“. | |
## Betreiberin äußert sich | |
Aus einer Antwort der KitKat-Betreiberin Kirsten Krüger auf eine Anfrage | |
der taz geht hervor, dass Mark F. als Security-Unternehmer für sie arbeitet | |
und dieser selbst Mitarbeiter beschäftigt. Über F. könne sie sagen, dass er | |
„bis vor knapp 20 Jahren in der Hooliganszene Berlins aktiv“ gewesen sei. | |
Zu seinen heutigen Umtrieben sagt Krüger nichts. | |
Zu Robert M. teilt sie mit, dass dieser in seinem Gym „nicht nur Boxen, | |
sondern auch Selbstverteidigung für Menschen verschiedener sexueller | |
Orientierung“ anbiete. Im KitKat habe er nur aushilfsweise gearbeitet. | |
Krüger schreibt: „Soweit ich das weiß und beurteilen kann, gab es weder bei | |
Herrn F. noch Herrn M. je politische Ambitionen.“ | |
Maik P. kenne sie persönlich nicht, dieser sei lediglich „4- bis 5-mal | |
kurzfristig eingesprungen“. Krüger schreibt, P.s private Verbindungen seien | |
ihr „nicht bekannt“. Sie betont, dass ihre Mitarbeiter ganz verschiedene | |
Hintergründe hätten, und teilt mit: „Ganz grundsätzlich haben wir kein | |
Interesse an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit extremen Positionen. Das | |
widerspricht unserer Philosophie.“ Konsequenzen für ihre Türpolitik aber | |
kündigte sie nicht an. | |
## Keine guten Erfahrungen | |
Für Szene-Insider kommt die Recherche über rechte Türsteher im KitKat nicht | |
überraschend. Laut Maximilian B. von der Initiative [3][Geradedenken], die | |
sich mit rechten und verschwörungsideologischen Strukturen auch in der | |
Clubszene beschäftigt, habe man „schon viel Negatives über die Security | |
gehört“. Die Recherche sei „glaubwürdig“. B. spricht von einem „Haufen | |
breit gebauter, kurzhaariger Männer“, von Kleidung mit „altdeutscher | |
Schrift und mit Deutschland-Aufnähern“. | |
Er selbst habe „sexistisches Verhalten“ an der Tür erlebt. Demnach habe ein | |
Türsteher über einen Gast nach dessen Eintritt gesagt: „Die würde ich auch | |
gern mal nach hinten ziehen und mir von ihr einen blasen lassen.“ Für | |
Menschen, die im Club rassistische oder sexistische Übergriffe erleben, | |
könne es „schwierig sein, sich an die Türsteher zu wenden“. Das passe nic… | |
zu einem „offenen, bunten und toleranten Feierleben“, für das die Berliner | |
Clubkultur stehe. Generell gelte: „Menschen aus rechten Strukturen haben an | |
der Tür nichts verloren.“ | |
Dem Kitkat bescheinigt B.: „Für einen international bekannten Kinky-Club | |
ist es erschreckend, wie wenig sie sich um die Themen Übergriffigkeit und | |
rechtes Gedankengut kümmern.“ Eine eigene Awareness-Struktur neben der | |
Security hat das KitKat nicht. Diese gibt es nur bei wenigen | |
Fremdveranstaltungen. Den Betreibern wirft B. vor, sich in der | |
Vergangenheit zu ähnlichen Vorfällen nicht klar geäußert zu haben. | |
Ein Insider, der anonym bleiben möchte, sagt der taz, es handele sich um | |
„eine der anstrengendsten Türsituationen“. Auffällig sei insbesondere | |
sexistisches und queerfeindliches Verhalten der Türsteher. Diese agierten | |
„täterschützend“ und „zweifeln Schilderungen von betroffenen Personen s… | |
an“. Viele queere BiPoc-Personen „fühlen sich an dem Ort nicht mehr sicher… | |
und würden das KitKat meiden, Der Betreiberin Krüger bescheinigt sie, sie | |
würde „Vorwürfe aussitzen, statt sich damit auseinanderzusetzen“. Auch | |
würde sie „völlig hinter den Türstehern stehen“. | |
## Lindemann im KitKat | |
Für breite Kritik hatte der [4][Besuch von Rammstein-Sänger Till Lindemann | |
im KitKat] im vergangenen Juli gesorgt. Wie es hieß, sei dieser nach einer | |
Umarmung mit einem Türsteher ohne Taschenkontrolle in den Club gelangt. | |
Gegen Lindemann waren zuvor breite Vorwürfe wegen sexualisierter Übergriffe | |
erhoben worden, die der Sänger bestreitet. Das Kollektiv Geradedenken | |
schrieb damals: „Indem Till Lindemann trotz der aktuellen Vorwürfe im | |
KitKat feiern konnte, hat der Club gezeigt, dass dort Betroffenen | |
sexualisierter Gewalt kein Glauben geschenkt wird.“ | |
Vergangenen Oktober waren im Online-Magazin Resident Advisor Vorwürfe von | |
mehreren Partybesucher:innen aufgrund sexueller Übergriffe erhoben | |
worden. Laut der Promoterin DJ Maze habe bei einer Veranstaltung der | |
Partyreihe Symbiotika ein nackter Mann von hinten ihre Hüften gegriffen und | |
sie mehrfach gestoßen. Diesen Vorfall habe sie nicht gemeldet. | |
Ein weiterer Künstler berichtete dem Magazin, bei einer Party des | |
Kollektivs Gegen begrapscht worden zu sein. Den Türstehern wollte er den | |
Vorfall jedoch nicht melden: „Wenn Leute versuchen, ihnen etwas zu melden, | |
werden sie oft rausgeschmissen“, so die Aussage. Dies sei bei Gegen-Partys | |
in anderen Clubs anders, dagegen sei übergriffiges Verhalten „Teil der | |
KitKat-Kultur“. | |
2022 hatte ein geplanter Auftritt des [5][Coronaleugners und | |
Dauerdemonstranten „Captain Future“] alias Michael Bründel für Aufsehen | |
gesorgt. Bründel, der mit Neonazis oder Holocaustleugnern kooperiert, | |
sollte als DJ bei der Mystic-Rose-Party auflegen und war erst kurz zuvor | |
vom externen Veranstalter ausgeladen worden. Club-Betreiberin Krüger hatte | |
Bründel auf Facebook als „durchaus unterhaltsam“ bezeichnet. Im P.S. | |
verteidigte sie ihn: „Und Michael Bründel ist nicht rechts. Er würde keinen | |
Schwarzen im Wald liegen lassen. Andere schon.“ | |
8 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://exif-recherche.org/?p=11707 | |
[2] /Fanforscher-ueber-Nazikampfsport/!5540282 | |
[3] /Corona-Spaziergaenge-in-Berlin/!5825122 | |
[4] /Lindemann-im-KitKat/!5945118 | |
[5] /Coronaleugner-und-Polizei/!5821352 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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