| # taz.de -- Fanforscher über Nazikampfsport: „Ein internationales Netzwerk“ | |
| > Fanforscher Robert Claus vor dem Szene-Event „Kampf der Nibelungen“ in | |
| > Ostritz über die Professionalisierung der rechten Kampfsportszene. | |
| Bild: Der „Sicherheitsdienst Arische Bruderschaft“ beim Festival „Schild … | |
| taz: Herr Claus, wie ordnen Sie als Beobachter der Kampfsportszene den | |
| „Kampf der Nibelungen“ ein, der am Wochenende in Ostritz stattfindet. Ist | |
| der Titel Programm? | |
| Robert Claus: Der KdN ist eine sehr gefährliche Veranstaltung: In der | |
| Eigenwerbung werden Tradition, Naturverbundenheit, Härte und Disziplin | |
| gegen das verweichlichte demokratische System beschworen. Damit | |
| einhergehend hat der NS-Straight-Edge-Flügel großen Einfluss auf die | |
| Veranstaltung, man versucht etwa Drogen abzuschwören und hat mit „Wardon“ | |
| ein eigenes Label hierzu gegründet. Letztlich stehen der KdN und die Szene | |
| dahinter symbolisch für die Professionalisierung rechter Gewalt im | |
| organisierten Kampfsport. | |
| Die Kampfsportszene ist aber nicht generell rechtslastig? | |
| Verschiedene Disziplinen organisieren sich entweder als Vereine oder auf | |
| dem freien Markt, tragen teils mehrfache Meisterschaften mit parallelen | |
| Verbänden aus. Und so heterogen wie die Organisationsformen ist auch die | |
| politische. Kampfsport ist nicht generell rechts. Das zu behaupten wäre | |
| Quatsch. | |
| Ist der KdN also eher eine kleine Szeneveranstaltung? | |
| Leider nicht mehr. Aber sie fing 2013 so an. Damals fand er in der Pfalz | |
| statt, dann jährlich in NRW und Hessen – stets geheim organisiert. Die | |
| ersten Events besuchten zwischen 100 und 200 Menschen. Auch das Ambiente | |
| war nicht sonderlich professionell. Doch hat sich die Veranstaltung stark | |
| weiterentwickelt und kommerzialisiert: 2017 besuchten knapp 600 Nazis das | |
| Event im Sauerland, zudem wurde die Marke offiziell registriert. Dieses | |
| Jahr findet das Event drei Mal statt: Zuerst am 20. April [1][im Rahmen des | |
| „Schwert und Schild“-Festivals], am Samstag als reines Kampfsportevent und | |
| Anfang November wieder im Rahmen des Festivals. Die Szene hat erkannt, dass | |
| sich der Kampfsport neben dem Rechtsrock zur Rekrutierung von Nachwuchs, | |
| zur Vernetzung und Finanzierung der Szene eignet. Es ist gut möglich, dass | |
| die Besucherzahl vierstellig wird. | |
| Ist es in Zufall, dass Ostritz der Veranstaltungsort ist? Dort fand ja auch | |
| das „Schild-und-Schwert“-Treffen statt. | |
| Es folgt einer klaren Strategie: Zum einen hat sich das Gelände im Ort für | |
| größere Veranstaltungen bewährt, man kann auf die Infrastruktur der gut | |
| organisierten sächsischen Naziszene zurückgreifen. Und die räumliche Nähe | |
| zu Osteuropa ist auch kein Zufall. Die dortigen Hooliganszenen sind | |
| europaweit sportlich führend und stehen durchweg weit rechts. | |
| Wie werden die Kämpfe ablaufen? | |
| Anfang November soll es erstmals in Deutschland einen Teamfight geben. | |
| Damit wurde bislang nur in Osteuropa experimentiert. Dabei treten | |
| Dreierteams in Mixed Martial Arts, einer Mischung aus verschiedenen | |
| Kampfsportdisziplinen, gegeneinander an. Rechtlich ist das eine Grauzone, | |
| da der Bundesgerichtshof solche Kämpfe 2015 indirekt unter hohe Auflagen | |
| gestellt hat. | |
| Sie haben ein Buch über Hooligans geschrieben. Erwarten Sie ein paar alte | |
| Bekannte dort? | |
| Die Dortmunder Neonaziszene ist eine tragende Gruppe in der Organisation. | |
| Hinzu kommt der extrem rechte deutsch-russische Hooligan Denis Nikitin, der | |
| Gründer des Kampfsportlabels „White Rex“. Er hat schon früher auf diesen | |
| Events gekämpft, Reden gehalten und wurde dann Sponsor. Er ist eine | |
| Schlüsselfigur der extrem rechten Hooliganszene in Europa, hat | |
| Kampfsportveranstaltungen in mehreren Ländern aufgebaut. Wir sprechen bei | |
| rechten Hooligans also nicht mehr über schlecht organisierte | |
| Straßenschläger, sondern über ein professionelles, internationales | |
| Kampfsportnetzwerk. | |
| Aus welchen deutschen Hoolszenen werden die Kämpfer kommen? | |
| Extrem rechte Hooligans aus Dortmund, Aachen, Chemnitz und Cottbus gehören | |
| zum engen Kreis, sind immer dabei. Auch sonst reisen Neonazis und rechte | |
| Hooligans aus dem ganzen Bundesgebiet an. Dabei trainieren bei Weitem nicht | |
| alle in extrem rechten Gyms. Leider verharmlosen viele Anbieter die | |
| Teilnahme rechter Hooligans an ihren Trainings oder wollen es nicht sehen. | |
| Auch international haben Kämpfer aus Frankreich, Russland, der Schweiz und | |
| Tschechien teilgenommen. Da Nikitin enge Verbindungen nach Kiew hat, wo | |
| derlei Veranstaltungen öfter stattfinden, sind auch ukrainische Hooligans | |
| zu erwarten. | |
| Kurz nach den auch von rechten Hools organisierten Demos in Chemnitz | |
| treffen sich also viele Hunderte Rechte erneut in Sachsen? | |
| Der KdN zielt darauf ab, regelmäßig über 1.000 Zuschauer anzuziehen und | |
| sich mit den Teamfights ein Alleinstellungsmerkmal aufzubauen. Damit droht | |
| eine nationalsozialistische Organisation in die Top Ten der | |
| Kampfsportveranstalter in Deutschland vorzustoßen. Daran kann eine | |
| demokratische Gesellschaft kein Interesse haben. Doch bislang haben sich | |
| sowohl Sportpolitik als auch die Polizei und die Kampfsportlandschaft sehr | |
| bedeckt gehalten. | |
| 12 Oct 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christoph Ruf | |
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