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# taz.de -- Neonazi-Festival in Ostritz: Mit Schild und Schwert, aber ohne Alk
> Ein breiter Protest richtet sich gegen das neofaschistische Festival in
> Ostritz. Die Polizei sammelt Nazi-Shirts ein und setzt das Alkoholverbot
> durch.
Bild: Jesus gegen rechts: Auch das Kloster St. Marienthal wendet sich gegen das…
Ostritz taz | Im sächsischen Städtchen Ostritz haben am Freitagabend und
Samstagmittag bis zu 500 Neonazis auf den Geburtstag von Adolf Hitler
angestoßen. Das „Schild und Schwert“-Festival versetzte den Ort an der
polnischen Grenze in den Ausnahmezustand.
Viele Geschäfte haben geschlossen, noch am Freitagmittag lag Ostritz an der
Neiße wie ausgestorben da. Am Samstagmittag wirkt die Szenerie in der
ostsächsischen Kleinstadt dann skurril: Gruppen junger Alternativer, die
man dort sonst selten sieht, ziehen durch die Straßen, auf dem Weg zu einer
der beiden Kundgebungen, die gegen das Nazi-Event angemeldet sind.
Dazwischen immer wieder Neonazis mit eindeutigen T-Shirts. Sie sind auf dem
Weg zu dem vom thüringischen NPD-Vorsitzenden Thorsten Heise organisierten
Festival, das am Freitagabend begann und bis in den frühen Sonntagmorgen
andauern soll.
Auf dem Marktplatz der 2.400-Einwohner-Stadt sind Zelte aufgebaut, es
herrscht buntes Treiben von etwa 1.000 Menschen aus Ostritz und anderen
Orten. Das „Ostritzer Friedensfest“ soll einen klaren Kontrast bieten zu
der rechten Veranstaltung. Von dem gleichzeitig stattfindenden
antifaschistischen Festival „Rechts rockt nicht“ haben sich die
Veranstalter*innen abgespalten.
Der Initiator Michael Schlitt, Direktor des Internationalen
Begegnungszentrums im Kloster St. Marienthal südlich von Ostritz, hat sein
Fest explizit nicht parteipolitisch ausgerichtet. Hätte man Parteien
eingeladen, wäre auch die AfD dabei gewesen. In einem Interview mit der
Leipziger Volkszeitung gab er allerdings an, die Veranstaltung sei offen
für alle – auch für diejenigen AfD-Anhänger, die Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit ablehnten.
## Kleidungsstücke beschlagnahmt
Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sprach am Freitag auf
dem Friedensfest: „Ich möchte, dass niemand Angst haben muss, wenn Nazis
hier eine Show abziehen. Wir setzen alles in Bewegung, um diese
Veranstaltung mit den Mitteln des Rechtsstaats unangenehm zu machen. Dazu
gehört auch das Alkoholverbot.“
Dieses Verbot hatte das sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen am
Morgen bestätigt. Da die Neonazis ihre Veranstaltung zweigeteilt haben,
konnte die Polizei das Verbot zunächst nur für den Teil durchsetzen, der
als öffentliche Versammlung unter dem Namen „Reconquista Europa –
Gegenkultur schaffen“ angemeldet ist. Ein anderer Teil des weitläufigen
Hotelgeländes direkt an der Neiße beherbergt mit einem „Tattoo-Event“ und
einem „Freefight-Turnier“ eine Privatveranstaltung.
Am Freitag war dort Alkohol erlaubt, allerdings verkündete die Polizei am
Samstag überraschend, dass das Verbot nun doch für das gesamte Gelände
gelte. Am Freitag wuchs die Zahl der Neonazis am Abend noch auf etwa 500,
seit Samstagnachmittag stieg sie weiter stetig. Angesichts der 800 bereits
im Vorfeld verkauften Tickets ist für den Samstagabend mit deutlich über
1.000 Besucher*innen zu rechnen.
Wie am Samstag bekannt wurde, verstießen T-Shirts der Ordner*innen, die
zwei gekreuzte Stabhandgranaten und die Aufschrift „Arische Bruderschaft“
trugen, gegen Paragraf 86a des Strafgesetzbuches. Die Polizei ging auf das
Festival, um die Kleidungsstücke zu beschlagnahmen.
## Nazigruppen in der Stadt
Die Veranstalter des „Rechts rockt nicht“-Festivals, das nur etwa 50 Meter
Luftlinie vom rechten Treffen entfernt liegt, brachen ihre Konzerte bereits
kurz vor 22 Uhr ab – zwar nicht aus Angst, wie Anmelder Mirko Schultze
betont, „es machte sich aber eine Unsicherheit bei den Besucher*innen
breit, da keine Polizeikräfte mehr vor Ort waren“. Währenddessen waren
immer wieder Nazigruppen in der Stadt unterwegs.
Die Polizei behauptete unterdessen, die Lage immer unter Kontrolle gehabt
zu haben. Zu dem Fest auf der Ostritzer Lederwerkswiese, wo Bands wie Banda
Internationale und Strom & Wasser spielten, kamen am Freitag etwa 500
Menschen, am Samstag folgten Buskolonnen aus Leipzig und Dresden, es gibt
weiterhin Zulauf.
Für das Nazi-Event, das am Samstagmittag weiterging, sind für den Abend
mehrere rechte Bands angekündigt, unter anderem „Die Lunikoff Verschwörung�…
und „Kategorie C“. Neben Info- und Verkaufsständen sollen zahlreiche Redner
von der NPD und der Partei „Die Rechte“ mit dabei sein. Am Freitagabend
hatten sich schon mehrere neonazistische Barden und Redner vor etwa 500
Besucher*innen eingefunden.
Während das linke Festival am Freitag seine Zelte abbrach, endete das
Ostritzer Friedensfest am Freitag mit einer Lichterkette durch die Stadt.
Danach stapften nur noch die Neonazis durch die Dunkelheit – zu ihren
Pensionen, die teilweise direkt am Ostritzer Marktplatz liegen.
21 Apr 2018
## AUTOREN
Johannes Grunert
## TAGS
Rechtsrock
Schwerpunkt Neonazis
Kampfsport
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NPD
Schwerpunkt Neonazis
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