# taz.de -- Kampfsport in Neonazi-Strukturen: Fighter für den Umsturz | |
> Das Verbot des rechtsextremen Sportevents „Kampf der Nibelungen“ reicht | |
> nicht. Die Organisation dahinter sollte ebenfalls verboten werden. | |
Bild: Zentrum rechtsextremer Aktivitäten: beim Festival Schild und Schwert in … | |
Die extreme Rechte in Deutschland hat in den vergangenen Jahren gezielt in | |
den Ausbau eigener Strukturen im Kampfsport investiert: „Seinen eigenen | |
Körper fit zu machen, sollte […] eine Selbstverständlichkeit darstellen. | |
Kampfsport ist dafür geradezu prädestiniert, hier wird Körperbeherrschung, | |
Disziplin und Konzentration vermittelt. Weiter wird durch Kampfsport die | |
Wehrhaftigkeit gestärkt“, heißt es in Ausgabe 14 der extrem rechten | |
Zeitschrift N.S. Heute. Das aus der Dortmunder Naziszene stammende Blatt | |
hat sich 2017 aufgemacht, zum publizistischen Vordenkermagazin der | |
militanten extremen Rechten in Deutschland und ihrer rassistischen | |
Ideologie zu werden. | |
Die Dortmunder Naziszene, die insbesondere vom Stadtteil Dorstfeld aus | |
agiert, ist umtriebig. Sie setzte entscheidende Impulse für bundesweite | |
politische Strategien. Nicht nur die N.S. Heute wird von dort erstellt. | |
Auch die Idee, dem wiederholten Verbot von extrem rechten Kameradschaften | |
durch die Gründung eigener, schwerer zu verbietender Parteien zu begegnen, | |
wurde dort verfolgt. | |
Im August 2012 verbot das Innenministerium von NRW mehrere Kameradschaften, | |
unter ihnen der Nationale Widerstand Dortmund. „Alle ihre Aktionen sind | |
darauf gerichtet, unsere demokratische Gesellschaftsordnung zu | |
untergraben“, sagte der damalige Innenminister Ralf Jäger. Viele Mitglieder | |
gingen seinerzeit in den Landesverband der jüngst gegründeten Partei Die | |
Rechte, verlagerten ihre militanten Aktivitäten zum einen weiter in die | |
Hooligangruppe Northside, zum anderen in die Strukturen rund um den 2013 | |
entstehenden „Kampf der Nibelungen“ (KdN). | |
Somit war das Kampfsportevent – das zuerst „Ring der Nibelungen“ hieß �… | |
seinem ersten Tag an tief verwurzelt in den Strukturen militanter Neonazis | |
in Deutschland. In wenigen Jahren entwickelte sich der KdN vom kleinen | |
gefährlichen Geheimevent in NRW und Hessen zur neonazistischen | |
Großveranstaltung. Im Jahr 2017 wurde das Label des KdN beim Patent- und | |
Markenamt registriert. Im selben Jahr zog das Event erstmals über 500 | |
Zuschauer an, ließ sich fortan ob des Wachstums nicht mehr geheim | |
organisieren. | |
## „Disziplin ist alles“ | |
Im Jahr 2018 ging man ins sächsische Ostritz, wo man auf das Gelände eines | |
ehemaligen NPD-Funktionärs und die gut organisierten Strukturen der | |
sächsischen Neonaziszene aus dem Raum Chemnitz zurückgreifen konnte. Drei | |
Events wurden veranstaltet – zwei davon als Teil des Rechtsrock-Festivals | |
„Schild und Schwert“. Zum Hauptevent des KdN kamen über 800 Zuschauer, | |
europaweit reisten extrem rechte Kampfsportler aus dem neonazistischen | |
Netzwerk an. Denis „Nikitin“ Kapustin und seine russische | |
Nazibekleidungsmarke White Rex stießen offiziell zum Organisationsteam | |
hinzu. Die Werbung wurde professionalisiert mit seiner Hilfe. | |
Die T-Shirts mit den Schriftzügen wie „Disziplin ist alles“ wurden zum | |
Kassenschlager der Szene und vielfach auf Nazikonzerten und Demonstrationen | |
getragen. [1][Die Szene wollte am gesellschaftlichen Fitnessboom | |
mitverdienen.] Das politische Profil der Protagonisten hatte sich indessen | |
nicht verändert: Im Jahr 2018 besuchte der verurteilte Totschläger Sven K. | |
aus Dortmund das Event, der ebenfalls aus Dortmund kommende Robin S. – | |
Aktivist des rechtsterroristischen Netzwerks Combat 18 – organisierte die | |
Einfahrt am Veranstaltungsgelände. | |
Zudem machten die Organisatoren aus ihrer Ablehnung der freiheitlichen | |
Demokratie nie ein Hehl, bezeichneten sie auf der Homepage als „faulendes | |
politische System“. Ein Seminar im März 2019 wurde als „Straßenkampf“ | |
beworben. Es ging um das Training politischer Gewalttaten. Auch das | |
sächsische Oberverwaltungsgericht sah es in seinem Urteil zum Verbot des | |
KdN im Oktober 2019 als erwiesen an, dass „eigene Verlautbarungen des | |
Veranstalters auf eine Bereitschaft deuteten, das,abgewertete' System | |
mittels der Ertüchtigung und Wehrhaftigkeit aktiv und gewaltsam zu | |
bekämpfen“. Somit konnte der KdN auch nicht mehr als jährlicher Honeypot | |
für staatliche Recherchen zur rechtsextremen Kampfsportszene herhalten. | |
Doch trotz des [2][Veranstaltungsverbots] ist Kampf der Nibelungen eine | |
zentrale Organisation militanter Neonazis und ihrer rassistischen, | |
rechtsterroristischen Netzwerke. Er steht in der Tradition extrem rechter | |
Wehrsportübungen, dient zur Professionalisierung und Finanzierung | |
neonazistischer Gewalt. Das Verbot des Events im Oktober 2019 war | |
folgerichtig und sollte konsequent zu Ende geführt werden. Eine | |
demokratische Gesellschaft sowie staatliche Behörden können nicht tatenlos | |
zuschauen, wie sich nationalsozialistische Kampfsportler für den | |
politischen Umsturz rüsten. Es ist Zeit für ein Verbot der gesamten | |
Organisation. | |
13 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Neonazi-Kampfsportevent-in-Ostritz/!5632526 | |
[2] https://www.spiegel.de/panorama/justiz/dresden-kampf-der-nibelungen-bleibt-… | |
## AUTOREN | |
Robert Claus | |
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