# taz.de -- Ausgezeichnete Stadtplanung: Ein Preis für das Wurst Case | |
> Bremer Architekturprojekte erhalten deutschen Städtepreis – über | |
> fehlenden Wohnraum dürfen Zwischen-Zeit-Zentrale und „Wurst Case“ | |
> trotzdem nicht mitreden | |
Bild: In der Ex-Wurstfabrik „Wurst Case“ toben sich die Kreativen aus. | |
BREMEN taz | Gleich zwei Auszeichnungen erhielten Bremer Projekte im | |
Wettbewerb des deutschen Städtepreises 2016. Zu diesem Anlass startete | |
gestern eine Ausstellung im Foyer des Bauressorts, bei der sich die | |
Gewinner-Projekte vorstellten. Einleitend hielt der Bausenator Joachim | |
Lohse (Grüne) eine Rede, in der er die ausgezeichneten Projekte lobte und | |
sich über die bundesweite Anerkennung freute. | |
In der Hauptkategorie des Städtebaupreises wurde die ArchitektInnen „Tarzan | |
& Jane – ungewöhnlich wohnen“ geehrt. Dieses Projekt beschäftigt sich mit | |
der Stadtteilverdichtung in Kirchhuchting. Besonderes Anliegen ist, das | |
bestehende Wohnungsangebot anhand der Bedürfnisse der BewohnerInnen des | |
Stadtteils zu ergänzen. | |
Mit einem Sonderpreis für stadtplanerische Strategien wurde das | |
Vorzeigeprojekt der Zwischen-Zeit-Zentrale (ZZZ) „Wurst Case“ geehrt. Das | |
ZZZ ist Bremens bekanntester Akteur im Bereich innovative | |
Stadtteilentwicklung und belebt leerstehende Gebäude mit einer | |
Zwischennutzung neu. Das Konzept der Zwischennutzung sieht vor, dass | |
Menschen aus der Kreativwirtschaft, GründerInnen, Wirtschaftsunternehmen | |
und andere leerstehende Gebäude für eine befristete Nutzung mieten können. | |
Auch im Fall Wurst Case handelt es sich um eine Zwischennutzung. Das | |
Gebäude, in dem jetzt das Projekt der ZZZ sitzt, war früher eine | |
Wurstfabrik der Firma Könecke im Stadtteil Hemelingen. Dank des Engagements | |
des ZZZ haben dort unterschiedlichste Projekte Fuß gefasst. Neben | |
KreativwirtschaftlerInnen gibt es dort auch Integrationskurse und eine | |
Fahrradwerkstadt, in der Geflüchtete arbeiten. 2009 startete damals das | |
Projekt der nationalen Stadtentwicklungspolitik und ist inzwischen in ganz | |
Deutschland bekannt. | |
Den Betreibern des ZZZ geht es aber nicht nur darum, leerstehende Gebäude | |
zu vermitteln. Ebenso spielt für sie die Auseinandersetzung mit dem Ort, | |
der Umgebung und den Menschen eine große Rolle. Regelmäßig laden sie | |
deswegen die Nachbarschaft zum Tag der offenen Tür ein und bieten | |
Veranstaltungen für die Nutzer des Wurst Case an. Die Menschen sollen sich | |
untereinander vernetzen und Stadtteile, aus denen die Industrie weicht, neu | |
entdecken. Die Betreibern von Wurst Case zeigen mit ihren Projekten seit | |
Jahren, dass es nicht immer nötig ist, nicht genutzten Leerstand abzureißen | |
und etwas neues zu bauen. Viel mehr sollten Konzepte entwickelt werden, die | |
es möglich machen den leerstehende Gebäude neu zu nutzen. Wurst Case sieht | |
sich dabei als gutes Beispiel. | |
Geld erhalten die Projekte für die Auszeichnung nicht. Für Daniel Schnier | |
vom ZZZ hat der Preis trotzdem eine große Bedeutung. Er sagt: „Wir freuen | |
uns, dass Leute unser Projekt wahrgenommen haben und wir es damit zu | |
bundesweiter Anerkennung geschafft haben.“ Schnier hofft nun, dass | |
Nachahmer in anderen Städten Zwischennutzung für sich entdecken. | |
Heute findet der Bremer Stadtdialog statt, auf dem unter Beteiligung von | |
Gewoba, der Senatsbaudirektorin und Stadtentwicklern über den „steigenden | |
Bedarf an bezahlbaren Wohnraum“ diskutiert wird. Da darf der ZZZ allerdings | |
nicht mitreden. „Wir wundern uns, dass wir wieder ausgeladen wurden. Das | |
macht uns sehr traurig“, kommentierte Schnier dieses Vorgehen. Der | |
Veranstalter, das Bremer Zentrum für Baukultur, begründete: „Das Thema der | |
Podiumsdiskussion soll wohnen sein. Die ZZZ passt nicht dazu.“ | |
24 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Maximilian Schmidt | |
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