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# taz.de -- Freiraum in der Bremer Neustadt: Kunstwerke zum Sonnengruß
> Einen temporären Yoga-Tempel, der zugleich auch Galerie ist, hat Judith
> Reischmann dank der Zwischen-Zeit-Zentrale in der Neustadt eröffnet.
Bild: Außen wird zum Innen: Im Schaufenster der „Tempehop“-Galerie
Bremen taz | Inmitten der Bremer Neustadt ziert ein großes Schaufenster das
Ladenlokal in der Kornstraße 12. Früher konnten hier die Waren einer
Bäckerei begutachtet werden, dann Leerstand. Doch für die nächsten vier
Wochen öffnet es den Blick auf gedehnte Körper und Kunst. Denn der Raum ist
für vier Wochen temporärer Ort für Kunstausstellungen und Yogaübungen.
„Tempel hop on/off space“ heißt das Projekt. Der Name ist dem Kinderspiel
Tempelhüpfen entnommen, in dem nach Reihenfolge auf Kacheln gesprungen
wird. Denn die Nutzung der Ladenfläche ist zeitlich befristet: „Nach einem
Monat muss auch hier wieder weiter gehüpft werden“, so Judith Reischmann,
diplomierte Yogalehrerin und Kuratorin des Raums, der am Dienstag eröffnet
hat.
Bis dahin wird in der Kornstraße 12 Yoga mit Kunst verbunden. Das Konzept
erprobte Reischmann zuvor im Bremer Offspace „Kammer 36“. Das habe gut
funktioniert und „für Yoga kommen und Kunst begegnen ist eine interessante
und wirkungsvolle Verbindung“, so Reischmann.
Bis zum 21. August kann in der Kornstraße 12 jeden Mittwoch und Donnerstag
auf Spendenbasis an Yogaübungen teilgenommen werden. Die ausgestellte Kunst
wechselt im Wochentakt. Für insgesamt vier KünstlerInnen bietet der Raum
eine Gelegenheit, ihre Werke zu präsentieren. „Die sind ganz
unterschiedlich“ sagt Reischmann. So wird es neben einer Arbeit zur
Verschränkung von Text und Bild auch eine Videoinstallation geben.
Zur Eröffnung gibt es die Bilderserie „Heaven“ von Yoshiko Jentczak zu
sehen. Sie ist Studentin an der Bremer Hochschule für Künste und
fotografierte den Himmel über Belfast. „Der Konflikt zwischen KatholikInnen
und ProtestantInnen teilt die Stadt selbst 20 Jahre nach dessen Beendigung
und lädt alles mit einer gewissen Spannung auf“ erinnert sich Jentczak.
Nach ihr sei der Himmel in diesem Widerstreit ein Element, das unabhängig
der Perspektive gleich sei. Eine Verbindung also, in der der Konflikt in
Jentczaks Bildern aber nicht zur Auflösung kommt. Die Wolkenaufnahmen haben
etwas bedrückendes, auch bedrohliches. Im Objektiven, so Jentczak,
verkörpere sich die „Atmosphäre“, die sie bei einer Exkursion in Belfast
allgegenwärtig empfunden habe.
## Keine sterile Lage
Reischmann, die bereits mit Jentczak zusammengearbeitet hat, ist
„glücklich“ den Raum gemeinsam mit jungen KünstlerInnen gestalten zu kön…
– ungeachtet des grauen Linoleumbodens und den Spuren früherer Nutzungen.
„Eine sterile Galerie wollte ich auch nicht“, sagt Reischmann. Auch die
Lage heißt sie willkommen. Der Raum sei nicht nur zentral, sondern ziehe
Menschen außerhalb der Kunst-Szene an. „Gegenüber ist ein Tattoo-Laden und
die Straße wird viel belaufen.“ Im gemischten Publikum sehe sie eine
Möglichkeit, nicht nur den Stadtteil mitzugestalten, sondern auch fremde
Perspektiven in das Konzept einfließen zu lassen. Eine verspiegelte Säule
am Eingangsbereich setzt diesen Anspruch auch architektonisch um: Der Blick
der Betrachtenden erkennt nicht nur das Innere des Raums, sondern verbindet
es zugleich mit dem Außen.
Für Anne Angenendt, Mitarbeiterin der Zwischen-Zeit-Zentrale Bremen (ZZZ),
ist Reischmanns Anspruch zugleich ausgesprochenes Ziel des ZZZ, die den
Raum in der Kornstraße 12 vermittelte. Sie versteht ihre Arbeit, die
Leerstand aufspürt, EigentümerInnen berät und Konzepte zur Zwischennutzung
mitgestaltet, nicht nur als „Instrument“ der Stadtentwicklung. Nach ihr
sollen Zwischennutzungen auch die Teilnahme von Menschen im eigenen
Stadtteil ermöglichen.
Generell sei das Interesse an zeitlich befristeter Nutzung groß, so
Angenendt. Sie begrüßt die vielen Anfragen an die ZZZ, wenngleich der
Leerstand nicht immer im gewünschten Stadtteil liegt. „Es sind viele Räume
in Blumenthal und Hemeligen frei, die Leute suchen aber etwas in zentraler
Lage.“
Entsprechendes Glück hatte Reischmann mit der Kornstraße 12. Den offenen
Charakter des „Tempel hop“-Projekts lobt Angenendt: „Es ist toll, dass hi…
ein unkommerzieller Raum entsteht, der nicht nur für eine, sondern für
viele Personen gedacht ist.“ Das Konzept lässt nämlich bewusst
Veränderungen zu. Nach Reischmann kann die Galerie von „so vielen wie
möglich“ genutzt werde. Neben den Ausstellungen und dem Yoga seien nach ihr
auch Lesungen, Workshops oder auch Konzerte „durchaus denkbar“.
19 Jul 2017
## AUTOREN
Florian Schlittgen
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