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# taz.de -- Politik greift gegen Leerstand durch: Bezirk lobt die Enteignung
> Der Bezirk Mitte hat einem Hausbesitzer die Verfügung über seine
> Wohnungen, die lange leer standen, entzogen. Nun scheint das Konzept
> aufzugehen.
Bild: Soll eigentlich nicht hingenommen werden: leer stehende Wohnung
HAMBURG taz | „Die Maßnahme hat sich als sinnvoll und bislang erfolgreich
erwiesen“, sagt Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamts Mitte. „Die
Maßnahme“, von der sie spricht, ist ein Präjudiz: Zum ersten Mal entzog ein
Hamburger Bezirk im vergangenen Herbst dem Besitzer eines Wohnhauses
zeitweilig die Verfügungsgewalt über seine Immobilie.
Der Mann hatte mehrere Wohnungen in der Ohlendorffstraße in Hamm seit
Jahren leer stehen lassen. Bezirkschef Falko Drossmann (SPD) entschied
schließlich, als erster Bezirk das 2013 novellierte Hamburger
Wohnraumschutzgesetz anzuwenden, das eine zeitweilige „Zwangsenteignung“
des Hauseigentümers erlaubt, wenn er Leerstand nicht vermeidet.
Da unklar ist, ob eine solche Maßnahme vor Gericht überhaupt Bestand haben
würde, warten die anderen sechs Hamburger Bezirke erst einmal ab und
beobachten bis heute den Verlauf des Falles aus Mitte. Und der nimmt immer
mehr Fahrt auf, nachdem der Eigentümer seine zeitweilige Enteignung
zunächst mit der Ankündigung verzögerte, die Wohnungen selbst zu sanieren
und zu vermieten. Doch den Worten folgten keine Taten.
Der Bezirk setzte daraufhin zum 1. März die
Hausmann-Hausverwaltungs-Gesellschaft als Treuhänder ein. Sie soll die
leeren Wohnungen nacheinander sanieren und in einen vermietbaren Zustand
bringen. Diese Arbeiten haben allerdings noch nicht begonnen.
Noch in dieser Woche will der Bezirk Mitte einen genauen Zeitplan
festlegen, wann welche Wohnung renoviert und wieder vermietet werden soll.
Ist für alle Wohnungen ein Mieter gefunden, endet der Treuhandauftrag und
der Immobilienbesitzer erhält die Verfügungsgewalt über sein nun
vermietetes Eigentum wieder zurück.
Das Prozedere sei „sehr zeitintensiv gewesen“, sagt Sorina Weiland und
ergänzt, dass es „für ein abschließendes Fazit noch zu früh“ sei. Doch …
es „die ultima ratio“ einem Immobilienbesitzer die Verfügungsgewalt über
leer stehenden Wohnraum zu entziehen, „wenn alle anderen Maßnahmen, wie
Wohnnutzungsgebote oder Zwangsgelder“ ins Leere gelaufen seien.
Die anderen Bezirke, die bislang zu dem Vorstoß des Bezirks Mitte keine
Stellung nehmen wollten, warten noch ab, ob das Konzept von Drossmann am
Ende zum erwünschten Resultat führt. Das könnte das Startsignal dafür sein,
dass „Zwangsenteignungen“ auf Zeit in Zukunft in Hamburg zur Tagesordnung
gehören und kein Hausbesitzer mehr Wohnungen über lange Zeit leer stehen
lassen kann, ohne damit rechnen zu müssen, dass die Stadt aktiv eingreift.
1 May 2017
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Wohnen
Eigentum
Miete
Wohnungen
Enteignung
Leerstand
Aldi
Enteignung
Stadtplanung
Wohnungsleerstand
Leerstand
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