# taz.de -- Aldi lässt Immobilie leer stehen: Ärger mit Discounter-Bau | |
> Die Aldi-Immobiliengesellschaft lässt Flächen im Einkaufszentrum in | |
> Finkenwerder seit Jahren leer stehen. Es droht eine Vertragsstrafe. | |
Bild: Zur Hälfte leer: Einkaufszentrum Finkenwerder | |
HAMBURG taz | Wer mit der Fähre in Finkenwerder ankommt, sieht linker Hand | |
ein großes Gebäude aus Glas und Backstein mit gebogenem Dach und Bullaugen. | |
Große Hoffnungen verbanden sich auf der Elbinsel mit diesem Neubau, doch | |
stattdessen streitet sich die Politik mit seinem Eigentümer Aldi. Denn der | |
größte Teil des Gebäudes steht leer und vom „Programm zur städtebaulichen | |
Belebung Finkenwerders“, das Voraussetzung für die Baugenehmigung war, sind | |
nur zwei Supermärkte übrig geblieben. | |
Nach jahrelangem Hin und Her hat der zuständige Regionalausschuss der | |
Bezirksversammlung Mitte der Aldi-Immobiliengesellschaft jetzt einstimmig | |
ein Ultimatum gestellt. Falls diese nicht bis zum 31. August ihren | |
Verpflichtungen gegenüber der Stadt nachkommt, droht eine Vertragsstrafe. | |
„Dann tun wir ihnen weh“, sagt Ralf Neubauer, der für die SPD im | |
Regionalausschuss sitzt. Dabei gehe es nicht zuletzt darum, auch anderen | |
Investoren zu demonstrieren, „dass wir öffentlich-rechtliche Verträge im | |
Städtebau im Zweifelsfall auch zwangsweise durchsetzen“. | |
Der Vertrag mit Aldi-Immobilien war 2008 zustande gekommen, als sich der | |
Discounter auf der im Hafengebiet liegenden Fläche am Köhlfleet mit einem | |
typischen Neubau vergrößern wollte. Die Finkenwerder PolitikerInnen waren | |
bereit, diesem Wunsch nachzukommen, weil sie befürchteten, Aldi könnte den | |
Stadtteil verlassen. Es sei die Rede von einer drohenden | |
„Nahversorgungslücke“ gewesen, erinnert sich der CDU-Politiker Matthias | |
Lloyd. | |
## Kein Flair im Shopping-Zentrum | |
Gleichzeitig wollte der Regionalausschuss diese attraktive Lage am Wasser | |
unweit des Ortskerns aber nicht nur zum Einkaufen genutzt wissen. In die | |
sehr großzügig angelegten Obergeschosse sollten ein Gastronomiebetrieb, | |
Büros und Dienstleister wie Arztpraxen einziehen. Darüber hinaus sollten | |
große öffentliche Parkplätze angelegt werden und an der Spundwand des | |
direkt angrenzenden Kutterhafens sollte Aldi eine Treppe errichten, als | |
Aussichtsplattform und als Zugang zu den Stegen. | |
Städtisches Flair hat heute allenfalls die Caféterrasse, die an den | |
Edeka-Supermarkt angedockt ist. Alle anderen Punkte sind bis dato leere | |
Versprechungen geblieben. Die Parkplätze sind nicht öffentlich. Die Flächen | |
von 1.000 Quadratmetern im ersten Obergeschoss nebst einer noch größeren | |
Dachterrasse sowie die Fläche von 400 Quadratmetern im zweiten Obergeschoss | |
mit einer ebenso großen Dachterrasse wollte keine der avisierten | |
Gastronomieketten wie Schweinske oder Blockbräu übernehmen. | |
Das sei nicht ihr Problem, wenn sich kein Abnehmer für die Flächen finde, | |
gibt der CDU-Politiker Lloyd die Einstellung von Aldi wieder und bemängelt, | |
wie die anderen Finkenwerder Lokalpolitiker, dass Aldi keinerlei | |
Anstrengungen unternehme, die Flächen beispielsweise zu unterteilen. | |
Dadurch könnten die laut Lloyd „zahlreichen Interessenten, die es im | |
Stadtteil gibt“ eine Möglichkeit bekommen, dort Räumlichkeiten zu mieten. | |
Aldi hatte gegenüber dem Regionalausschuss argumentiert, die | |
Gastronomiefläche lasse sich nur schwer aufsplitten, weil es nur eine | |
bestimmte Anzahl WCs und Küchen gebe. Laut Ausschuss-Protokoll beteuerte | |
die Aldi-Immobilienverwaltung, dass ein Leerstand unerwünscht sei. Die | |
Treppe zum Kutterhafen sei wegen des häufigen Vandalismus hinter dem | |
Einkaufszentrum nicht gebaut worden. Für die oberen Stockwerke müsse über | |
andere Nutzungen nachgedacht werden, etwa über eine Kita. Das wollte das | |
Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung des Bezirks allerdings nicht. | |
## Aldi gibt sich diplomatisch | |
„Die Haltung von Aldi ärgert uns fürchterlich“, sagt SPD-Politiker Ralf | |
Neubauer und erinnert daran, wie sehr der Bezirk dem Unternehmen entgegen | |
gekommen sei – nicht zuletzt, weil er es geschafft habe, die knapp 11.000 | |
Quadratmeter große Fläche überhaupt aus dem Hafengebiet herauslösen zu | |
lassen. | |
Umso mehr war dem Bezirk an einem Mehrwert für den Stadtteil gelegen, der | |
Regionalausschuss hielt deswegen im Durchführungsvertrag fest, dass sich | |
die „Vertragsparteien auf eine sinnvolle zumutbare und interessengerechte | |
Lösung einigen“, falls – als ob sie es geahnt hätten – „eine Vermietu… | |
einen Gastronomiebetreiber trotz intensiver Bemühungen nicht möglich sein | |
sollte“. | |
Aldi gibt sich derweil diplomatisch und teilt mit, „im Austausch mit der | |
Stadt“ zu stehen. | |
25 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Darijana Hahn | |
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