# taz.de -- Zwischennutzung: Sportgeräte statt Kultur | |
> Dem „Alten Sportamt“ auf dem Peterswerder droht die Schließung: Der | |
> soziokulturelle Verein muss voraussichtlich Platz für ein Gerätelager | |
> machen. | |
Bild: Aus dem "Alten Sportamt" soll ein Lagerraum werden | |
BREMEN taz | Das selbstverwaltete Kulturzentrum „Altes Sportamt“ auf dem | |
Peterswerder macht Winterpause: Künstlerateliers, Theaterproberaum und | |
Flure sind leergeräumt, einzig im Umsonstladen liegen noch unverschenkte | |
Klamotten und Bücher. Ob es im kommenden Sommer eine weitere Saison geben | |
wird, ist allerdings noch ungewiss. Denn anstelle von Kunstprogramm, Café | |
und Partys könnte das Gebäude dann eingelagerte Sportgeräte beherbergen. | |
Entschieden wird das derweil von der städtischen Verwaltungsgesellschaft | |
„Immobilien Bremen“ (IB). Das Gebäude stand viele Jahre leer, bis der | |
Verein „Klapstul“ kam. Seit 2011 ist er Zwischennutzer des Gebäudes – ak… | |
allerdings nur in den Sommermonaten, weil das Gelände nahe des | |
Weserstadions als ausgewiesenes Überschwemmungsgebiet im Winter nicht | |
genutzt werden darf. | |
Im vergangenen Sommer haben rund 30 Aktive im Alten Sportamt | |
Veranstaltungen für unzählige BesucherInnen gemacht – eine bunte Mischung | |
aus Szenepublikum, DeichspaziergängerInnen bis hin zu Menschen, die | |
anderswo als MigrantInnen oder Mittellose nicht reinkämen. „Uns war immer | |
wichtig, den Zugang niedrigschwellig zu halten“, sagt eine der | |
BetreiberInnen. Darum kosten die Veranstaltungen grundsätzlich keinen | |
Eintritt. | |
So sonderbar es klingen mag, solch einen Ort für ein Sportgerätelager | |
aufzulösen: Es geht bei diesem Vorstoß offenbar nicht darum, den Verein | |
loszuwerden: Er genießt einen guten Ruf in Nachbarschaft und Politik – und | |
grundsätzlich gewollt ist die Zwischennutzung von Leerständen durch solche | |
Gruppen sowieso. Immerhin arbeitet die 2009 gegründete ZwischenZeitZentrale | |
(ZZZ) längst in offiziellem Auftrag, wenn sie neben zahlreichen weiteren | |
Projekten auch das „Alte Sportamt“ an vorübergehende NutzerInnen | |
vermittelt. | |
Es sieht hier eher nach den nüchternen Wegen eines Verwaltungsapparats aus, | |
der „die ursprünglich für dieses Gebäude vorgesehenen Nutzergruppen | |
bevorzugt berücksichtigen“ muss, wie die Baubehörde dem Klapstul-Verein | |
mitteilte. Und der Weg vom Sportamt zu Lagerraum für Sportgeräte scheint | |
dann kürzer zu sein als jener zum Kulturzentrum. | |
Nun liegt es freilich in der Natur von Zwischennutzungen, dass sie | |
irgendwann auch wieder vorbei sind. Verärgert sind die Kulturschaffenden | |
allerdings auch eher, weil niemand mit ihnen spricht: Über das Lager hatten | |
sie zunächst nur Gerüchte gehört. Dass der Plan für die neue Nutzung | |
„grundsätzlich richtig“ sei, hat ihnen die Baubehörde erst auf Nachfrage | |
bestätigt. „Denen ist egal, ob wir‘s als Letzte mitbekommen“, sagt der | |
Verein zur taz. „Die halten uns hin.“ | |
In jeder der vergangenen Winterpausen mussten die ZwischennutzerInnen | |
zittern, bis das Verlängerungsverfahren durch war: Erst prüfte die | |
Baubehörde, ob eine weitere Nutzung geduldet werden konnte, dann musste | |
Immobilien Bremen den Startschuss geben. Im vergangenen Jahr ist das erst | |
im April passiert: „Wenig Zeit, um ein Programm auf die Beine zu stellen“, | |
sagen die NutzerInnen. | |
Von IB hat der Verein in diesem Jahr noch keine Auskunft erhalten. Im | |
internen Schriftverkehr der Verwaltung hieß es allerdings schon im | |
Dezember, dass „alles Vertragsrelevante“ für eine Vergabe in Erbpacht | |
vorbereitet werde – für den Klapstul-Verein stünde das Sportamt ab Frühjahr | |
„wahrscheinlich nicht mehr zur Verfügung“. Zum offiziellen Stand der | |
Prüfungen konnten sich die SprecherInnen von Baubehörde und IB vor dem | |
Wochenende aber auch gegenüber der taz nicht äußern. | |
Aufgeben wollen die NutzerInnen indes noch nicht: „Im Konflikt | |
Kulturzentrum vs. Lagerraum fühlen wir uns ganz gut aufgestellt“, sagt | |
einer, der von Anfang an dabei war. Aber selbst wenn es noch einmal gut | |
gehen sollte, haben die Sportamt-NutzerInnen nach vier Jahren keine große | |
Lust mehr auf Perspektivlosigkeit und Planungsunsicherheit. Die | |
Zwischennutzung war auch für sie eine Notlösung: als ihr einziges Mittel, | |
der Privatisierung des öffentlichen Raums etwas entgegenzusetzen. Raus aus | |
der Zwischennutzung wollen sie eigentlich auch selbst – nur aus dem | |
Sportamt nicht. | |
8 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
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