# taz.de -- Baurecht oder Bleiberecht: Neue Bewegung im Sportamt | |
> Grüne Bürgerschaftsfraktion sorgt für neue Gespräche zwischen | |
> BesetzerInnen und der städtischen Immobilien Bremen-Gesellschaft als | |
> Hauseigentümerin | |
Bild: Ein Chamäleon prangt an der Wand des Amts. Wechselhaft verhält sich auc… | |
BREMEN taz | Im Streit zwischen dem Hauseigentümer Immobilien-Bremen (IB) | |
und den BesetzerInnen des „Alten Sportamts“ auf dem Peterswerder gibt es | |
neue Entwicklungen. Nachdem die grüne Fraktion in der Stadtbürgerschaft | |
Mitte September intervenierte, könnte es nun erneut Gespräche geben. „Wir | |
sind auf einem guten Weg“, sagt Kai Wargalla, die das Thema in der Fraktion | |
übernommen hat. Die Bereitschaft dazu sei auf allen Seiten vorhanden. | |
Ihr Ziel: Ein unbefristeter Vertrag für den Erhalt des Kulturorts, in dem | |
der Verein „Klapstul“ seit 2011 in den Sommermonaten Veranstaltungen | |
organisiert, seit der Besetzung im April 2015 illegal. | |
Die Wende kommt überraschend. Noch im Sommer hatten die Fronten unlösbar | |
verhärtet geschienen, die Räumung des Gebäudes drohte. Ursprünglich musste | |
der Verein „Klapstul“ jedes halbe Jahr einen neuen Vertrag mit der | |
städtischen Verwaltungsgesellschaft IB machen. Die Behörde prüfte die | |
weitere Nutzung, das dauerte teilweise bis ins Frühjahr. Dann sollte die | |
Zwischennutzung beendet und als Lager für Geräte vom Verein Werder Bremen | |
dienen, was der Verein „Klapstul“ nur über Gerüchte erfuhr. | |
Mittlerweile kritisierten die Nutzerinnen das gesamte | |
Zwischennutzungskonzept, weil es „den Aufbau von dauerhaften, alternativen | |
Strukturen“ erschwere, wie es in der Erklärung zur Besetzung des „Alten | |
Sportamts“ hieß, die anschließend erfolgte (die taz berichtete). Nach der | |
Besetzung folgten zahlreiche Verhandlungen, die zu keiner Lösung führten. | |
Im Oktober 2015 erklärten die BesetzerInnen in einem offenen Brief die | |
Verhandlungen für gescheitert. Eine von Finanzsenatorin Karoline Linnert | |
(Grüne) beauftragte Anwaltskanzlei drohte mit der Räumungsklage. Bis 31. | |
Juli hätte das frühere Sportamt in der Nähe des Weserstadions geräumt | |
werden sollen. Doch die Gruppe blieb. Aus der freien Kulturszene und Teilen | |
der Bevölkerung folgte eine Welle der Solidaritätsbekundung. Die | |
Unterstützung durch Teile der Bevölkerung habe dann wohl die Wende | |
gebracht, meint eine der BesetzerInnen im Gespräch mit der taz. | |
Mitte September schaltete sich dann die grüne Fraktion ein und bat die | |
Senatorin für Finanzen, die dem Gebäudeverwalter IB vorsteht, keine | |
weiteren rechtlichen Schritte einzuleiten. In einer Mail an die | |
BesetzerInnen äußerten fünf Grünen-PolitikerInnen Bedauern über das | |
Scheitern der Verhandlungen. Nach Meinung der UnterzeichnerInnen soll der | |
Ort weiter für die freie Kulturszene erhalten bleiben. | |
Doch es geht um die Nutzung des Gebäudes im Überschwemmungsgebiet der | |
Pauliner Marsch, die in den Wintermonaten normalerweise verboten ist. Zudem | |
für kulturelle Zwecke, die nicht vorgesehen sind und erst | |
bauordnungsrechtlich genehmigt werden müssten. Besonders bei Versammlungen | |
von Personen im Gebäude bestehen ungeklärte Haftungsfragen. | |
Die grüne Fraktion sieht dennoch „Spielraum für eine bauordnungsrechtliche | |
Duldung der Nutzung“, so schreibt sie in der Mail vom 15. September den | |
BesetzerInnen. Am besten unbefristet, aber jederzeit widerrufbar. In dieser | |
Mail bringt sie auch einen Leihvertrag als „sinnvolle Lösung“ wieder ins | |
Gespräch. | |
Nun wünscht sich die Fraktion schon Ende Oktober Gespräche, zunächst ohne | |
Behörden. Die Mitglieder des Alten Sportamts bleiben den neuen | |
Entwicklungen gegenüber skeptisch. „Es ist schwierig, das erneute Angebot | |
eines Leihvertrags ernst zu nehmen“, sagen die BesetzerInnen der taz. Sonst | |
hätte IB sie ja im letzten Jahr angelogen. | |
Damals sei ein Leihvertrag erst diskutiert, dann kurzfristig von der IB | |
zurückgezogen worden. Jens Tittmann, Sprecher des Bausenators, erklärte | |
eine Nutzung für planungsrechtlich unmöglich. Hoffnung haben die | |
BesetzerInnen des „Alten Sportamts“ dennoch, dass die Räumung verhindert | |
wird. „Unsere Hauptmotivation ist, eine Eskalation zu vermeiden“, sagt | |
einer der Besetzer. Doch ob die Politik genug Einfluss auf die Verwaltung | |
hat, um die rechtlichen Hindernisse zu umgehen, daran zweifelt er noch. | |
Die BesetzerInnen haben derzeit noch alle Hände voll zu tun, deshalb sind | |
sie erst im November für Gespräche bereit. Vorausgesetzt, es gibt konkrete | |
Lösungsvorschläge für eine unbefristete Bleibeperspektive und | |
Planungssicherheit. | |
Denn seit der Besetzung und der daraus folgenden Solidarität haben sie mehr | |
BesucherInnen und Veranstaltungen denn je – trotz Hausfriedensbruch, den | |
die Gäste theoretisch mittragen, wenn die Polizei das Gebäude plötzlich | |
räumen würde. „Mit 150 Veranstaltungen in den letzten anderthalb Jahren | |
sind wir völlig ausgelastet“, sagt ein Mitglied des Vereins „Klapstul“. … | |
Planungssicherheit durch Duldung oder einen Vertrag könnte das so | |
weitergehen. | |
Aufgeben wollen sie nicht, denn in Bremen gebe es großen Bedarf an | |
unkommerziellen Orten wie dem alten Sportamt. Und ein über 18 Monate | |
gewachsenes Projekt, das von der Nachbarschaft akzeptiert wird, „gibt man | |
nicht einfach so auf“. | |
10 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Elisabeth Nöfer | |
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