# taz.de -- Ende einer Hausbesetzung: Endlich Planungssicherheit | |
> Nach gescheiterten Verhandlungen und abgelehnten Angeboten soll das „Alte | |
> Sportamt“ in Bremen nach über einjähriger Besetzung geräumt werden. | |
Bild: Die BesetzerInnen des „Alten Sportamts“ wollen bleiben. | |
BREMEN taz | Es ist amtlich: Bis Ende Juli sollen die BesetzerInnen des | |
soziokulturellen Vereins „Klapstul“ das „Alte Sportamt“ räumen. So ste… | |
in einem von der Finanzsenatorin in Auftrag gegebenen Anwaltsschreiben. | |
Andernfalls werde die Behörde Räumungsklage einreichen. Damit geht eine | |
Hausbesetzung zu Ende, die es in dieser Länge seit den Achtzigerjahren kaum | |
mehr gegeben hat. | |
Denn üblicherweise dauert eine Besetzung höchstens wenige Tage – dann wird | |
geräumt. Im Vorteil gegenüber den „üblichen“ HausbesetzerInnen sind die | |
Klapstul-AktivistInnen freilich, weil sie ihr Domizil auf dem Peterswerder | |
vor der Besetzung jahrelang ganz legal genutzt haben: Seit 2011 jeden | |
Sommer für Lesungen, Filmabende, Konzerte, Theateraufführungen und einen | |
Umsonstladen. Und weil der Hauseigentümer Immobilien Bremen (IB) die | |
Besetzung geduldet hat. | |
## Nutzungsverbot im Winter | |
Im Winter war die Nutzung des „Alten Sportamts“ verboten, weil das Haus im | |
Hochwassergebiet liegt. Jedes Jahr musste der Verein aufs Neue bei IB die | |
Nutzung beantragen. Ohne zu wissen, wann und ob der Antrag genehmigt würde. | |
Und jedes Jahr kam die Erlaubnis erst kurz vor Beginn der Sommersaison. | |
Als die AktivistInnen im vergangenen Jahr dann aus zweiter Hand erfahren | |
musste, dass IB künftig das „Alte Sportamt“ für die Lagerung von | |
Sportgeräten vermieten wolle, lief das Fass über: Die Schlösser wurden | |
ausgetauscht, das Haus besetzt. Das war im April 2015 ([1][taz | |
berichtete]). | |
Eine dauerhafte Nutzungserlaubnis wollte der Verein, nicht die ewige | |
Planungsunsicherheit, die eine stets aufs Neue zu beantragende, temporäre | |
Nutzung mit sich bringt. Warum eine saisonale Nutzung im Sommer immer nur | |
für ein Jahr, nicht aber auf Dauer genehmigt worden ist, konnte im letzten | |
Jahr auf taz-Nachfrage IB-Sprecher Peter Schulz ebenso wenig beantworten | |
wie aktuell die Frage danach, welche Pläne es für die Zukunft des „Alten | |
Sportamts“ gibt: „Erst wenn wir fundierte Kenntnisse über den Zustand des | |
Gebäudes haben, können wir uns dazu äußern.“ | |
## Gut integriert | |
Der Zustand des Gebäudes, sagen die BesetzerInnen, sei gut. Noch im | |
vergangenen Jahr habe es eine Begehung durch Baubehörde und Feuerwehr | |
gegeben. Jens Tittmann, Sprecher der Baubehörde, bestätigt das: „Ja, wir | |
waren bis einschließlich 2015 jedes Jahr dort, vor allem aus Gründen des | |
Brandschutzes. Da war alles okay, und auch Einsturzgefahr besteht unserer | |
Auffassung nach nicht.“ Immobilien Bremen, sagt dazu Peter Schulz, „ist | |
weder die Baubehörde noch die Feuerwehr“. | |
IB ist der Finanzsenatorin unterstellt, die im vergangenen Jahr durchaus | |
das Gespräch mit den BesetzerInnen gesucht hat. Nachdem die das Angebot für | |
eine zweijährige Nutzung „ihres“ Hauses abgelehnt hatten, bot sie ihnen | |
einen alternativen Standort in Bremen-Nord und einen in Blockdiek an: | |
„Natürlich haben wir auch das abgelehnt“, sagt eine Besetzerin. Man sei auf | |
dem Peterswerder gut integriert: „Selbst die Nachbarn aus den Kleingärten | |
kommen mittlerweile vorbei und schauen, was bei uns los ist.“ | |
Die kompromisslose Haltung der BesetzerInnen schien Finanzsenatorin | |
Karoline Linnert (Grüne) noch im April dieses Jahres nicht weiter zu | |
stören. Man sei weiterhin an einem Dialog interessiert, sagte damals ihre | |
Sprecherin Dagmar Bleiker. Zwei Monate später konnte davon keine Rede mehr | |
sein: Im Juni kam das Anwaltsschreiben mit der Aufforderung zu räumen. „Wir | |
haben uns das nicht leicht gemacht, aber irgendwann muss man das ja mal | |
entscheiden“, sagt Bleiker. Die BesetzerInnen seien schließlich überhaupt | |
nicht gesprächsbereit gewesen. | |
## „Interessant und lehrreich“ | |
Die widersprechen: „Wir haben noch Mitte Juni eine Mail von IB bekommen, | |
auf die wir durchaus reagiert haben“, sagt ein Aktivist. Darin habe | |
gestanden, es gebe einen neuen Sachstand und IB lade zu einem Termin wenige | |
Tage später. „Wir haben geantwortet, dass wir einen späteren | |
Gesprächstermin wünschen und vorher über den Sachstand informiert werden | |
möchten.“ Eine Antwort bekamen sie nie, stattdessen das Anwaltsschreiben. | |
„Und genau das war der Sachstand“, sagt Bleiker, „über den IB die Besetz… | |
informieren wollte.“ | |
Erstaunt sind die nicht: „Wir haben uns eigentlich schon gewundert, dass | |
das nicht schon früher kam“, sagt einer von ihnen. Das vergangene Jahr sei | |
„interessant und lehrreich“ gewesen: „Wir wurden bestätigt in unserer | |
Auffassung, dass es schlichtweg unmöglich ist, freie und selbst verwaltete | |
Räume zu bekommen. Und wir werden nie wieder den Weg gehen, uns auf | |
Diskussionen einzulassen oder das Gespräch zu suchen.“ | |
Am gesetzten Stichtag werden sie das „Sportamt“ selbstverständlich nicht | |
räumen, sondern die angedrohte Räumungsklage abwarten. „Immerhin“, sagt e… | |
Besetzer, „haben wir jetzt endlich wieder Planungssicherheit.“ | |
5 Jul 2016 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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