# taz.de -- CDU-Kandidat Friedrich Merz: Der Lautsprecher der CDU | |
> Friedrich Merz ist ein brillanter Redner. Geld und Politik kann er | |
> allerdings kaum voneinander trennen, Details vernachlässigt er. | |
Bild: Merz konnte schon immer zuspitzen und hatte stets knallige Formeln zur Ha… | |
DÜSSELDORF/BERLIN/ARNSBERG taz | Friedrich Merz redet noch keine fünf | |
Minuten und ist schon im Angriffsmodus. Im blaugrauen Business-Anzug mit | |
hellblau-weiß gestreiftem Hemd und rot-weiß getupfter Krawatte steht der | |
Wirtschaftsanwalt auf einer Bühne in den Düsseldorfer Messehallen. | |
Vor 4.000 Christdemokratinnen und Christdemokraten will der 63-Jährige hier | |
erklären, warum er und nicht Annegret Kramp-Karrenbauer oder Jens Spahn der | |
Beste für die Nachfolge Angela Merkels ist – zunächst als Parteichef. | |
Vielleicht auch als Kanzler? Darüber spricht Merz noch nicht. | |
Doch niemand, der ihn kennt, kann sich vorstellen, das er nicht nach der | |
ganzen Macht greifen will. „Der CDU-Chef muss stets den Anspruch haben, | |
Kanzler werden zu wollen“, sagt ein führender Christdemokrat dazu. | |
Die Messehalle 9 ist schmucklos: Der Boden grau, die Stühle schwarz, | |
Tageslicht gibt es nicht. Alles konzentriert sich auf Merz, | |
Kramp-Karrenbauer und Spahn. Geht es nach dem Applaus, steht der Sieger des | |
Abends schon nach dem Eingangsstatement fest: Friedrich Merz. Die Hälfte | |
des überwiegend grauhaarigen Publikums feiert ihn schon nach wenigen | |
Minuten mit Standing Ovations. | |
## Merz, der Weltläufige | |
Merz ist ein brillanter Redner, noch immer. Seine Sätze sind kurz, knapp, | |
prägnant. Der Anwalt aus Arnsberg im Sauerland, der in den letzten zehn | |
Jahren für nationale und internationale Konzerne unterwegs war, betont | |
seine Weltläufigkeit. Merz redet über Russland und die Ukraine, über den | |
Nahen Osten, den miserablen Zustand der Bundeswehr, und fordert eine | |
bessere betriebliche Altersvorsage und optimale Mobilfunkverbindungen auf | |
dem Land. | |
„Mein Favorit ist Merz“, sagt Oliver Allesch aus Essen. „Er ist der | |
Einzige, der strukturiert Probleme benennt, der Lösungen präsentiert“, | |
findet der 41-Jährige. „Frau Kramp-Karrenbauer möchte uns alle in einen | |
Stuhlkreis setzen und reden, reden, reden“, meint seine Begleiterin. „Und | |
Spahn versucht, Merz in Witzig zu sein.“ | |
„Merz muss es machen“, sagt auch der Chemiker Reinhard Odoj, der 30 Jahre | |
lang die CDU-Fraktion der Gemeinde Hürtgenwald geführt hat. „Merz ist | |
durchsetzungsstark“, findert Odoj. „Kramp-Karrenbauer ist mir einfach zu | |
merkelig und Spahn zu jung.“ | |
## Merz, der Grünen-Schreck | |
Merz bedient in Düsseldorf das Bild des schneidigen Machers: „Die Grünen | |
müssen ihr Verhältnis zur Gewalt klären“, donnert er. Merz redet [1][über | |
den 70 Kilometer entfernten Hambacher Forst]. Den hatte | |
Nordrhein-Westfalens CDU-Innenminister Herbert Reul für den | |
Braunkohleverstromer RWE im September räumen lassen. | |
Es gab Blockaden, die Grünen verlegten einen kleinen Landesparteitag an den | |
Rand des RWE-Tagesbaus Hambach. Und ja, vereinzelt kippten Waldbesetzer | |
Fäkalien aus großer Höhe in Richtung Polizei. Für getroffene Beamte ist das | |
sicher erniedrigend und eklig. Aber: Was haben die Grünen damit zu tun? | |
Merz, der versprochen hat, die AfD zu „halbieren“, scheint den politischen | |
Hauptgegner weniger in den Rechtsnationalisten als in den erstarkten Grünen | |
zu sehen. Die liegen in aktuellen Umfragen irgendwo zwischen 22 und 23 | |
Prozent – ziemlich nah an der Union. Die Grünen vor der CDU – ein Alptraum | |
für jeden Christdemokraten. | |
## Merz, der Emissions-Mathematiker | |
Klimaschutz und Kohleausstieg, so Merz in Düsseldorf, „das können wir nicht | |
so einfach machen wie die Grünen – wir haben eine größere soziale | |
Verantwortung“. Zwar bekennt er leicht widerstrebend, die „Verpflichtung | |
zum Klimaschutz“ und die Arbeitsplätze „miteinander verbinden“ zu wollen… | |
doch seine Vorstellung geht so: Jedes Jahr stiegen die Emissionen Chinas | |
stärker als die rund 900 Millionen Tonnen CO2, die Deutschland insgesamt | |
ausstoße. | |
Ein schnelles Ende der Braunkohle könne also „vielleicht unsere Seele | |
streicheln und unser Gemüt beruhigen“ – ändere aber am Klimawandel „rel… | |
wenig“. Ohne Grundlaststrom aus Braunkohle keine Aluminiumindustrie in | |
Nordrhein-Westfalen, erklärt der Kandidat dann. „Die können sich keine | |
Zehntelsekunde Stromunterbrechung leisten – dann sind die Anlagen | |
zerstört.“ Dass Aluminiumhütten, die so viel Strom verbrauchen wie eine | |
Großstadt, schon heute minutenweise abgeschaltet werden können, ist Merz | |
kein Wort wert. Details, die das griffige Bild stören, sind nicht so | |
wichtig. | |
Migrantinnen und Migranten, besonders Muslime, machen in Merz’ Reden | |
dagegen vor allem – Probleme: „Es gibt kein Scharia-Recht auf deutschem | |
Boden“, ruft er in Düsseldorf. Doch Merz’ flotte Behauptung, Deutschland | |
sei „das einzige Land der Welt mit einem Individualrecht auf Asyl“, ist | |
falsch. Das existiert in vielen Ländern. [2][Das deutsche Asylrecht muss | |
auch keineswegs beseitigt werden], wenn man eine gemeinsame europäische | |
Lösung will. All das kann man auch wissen, wenn man kein Jurist ist, so wie | |
Merz. | |
## Ein Zuspitzer, der in Schlagzeilen spricht | |
[3][Merz konnte schon immer zuspitzen], und hatte stets knallige Formeln | |
zur Hand. Er forderte eine allgemein akzeptierte deutsche Leitkultur, | |
skizzierte eine Steuererklärung, die auf einen Bierdeckel passt. Doch | |
welche Ausnahmen im Steuerrecht fallen, welche bleiben sollten, blieb | |
unklar. | |
Den Widerstand gegen Stuttgart21 verglich er mal mit der reaktionären | |
Tea-Party-Bewegung. Er ist ein Mann der Überschriften. Die Details, eine | |
Stärke der Kanzlerin, sind nicht das Feld, auf dem er glänzt. Was Merkel | |
oft im Übermaß hat – das Abwägende, Abwartende, Taktierende –, hat Merz … | |
wenig. Merz, so ein Weggefährte, „kann zuhören, aber er hört meist nur das, | |
was er schon weiß“. | |
Sein Image blieb trotzdem stark: Forsch, eloquent, durchsetzungsstark, | |
effektiv. Und es ist erstaunlich haltbar. Vor fast fünfzehn Jahren verlor | |
er seinen Job als Chef der Unionsfraktion, den er nur zweieinhalb Jahre | |
innehatte. Doch diese knappe Zeit begründete den wetterfesten Ruf, ein | |
entschlossener Macher zu sein, der nun die kriselnde Partei retten kann. | |
Was war damals so besonders herausragend an Merz? War er eine Leuchtfigur? | |
Oder ist da viel milde, weichgezeichnete, retrospektive Verklärung im | |
Spiel? | |
Friedrich Merz war als Oppositionsführer im Bundestag. Er gab damals | |
Schröder & Fischer Kontra, als Redner begabt, in Talkshows schlagfertig. | |
Doch der Blick von innen auf den Fraktionschef, der im Februar 2000 | |
Wolfgang Schäuble abgelöst hatte, fällt etwas anders aus. Einer Studie von | |
2005 zufolge, die auf Interviews mit Unionspolitikern basiert, galt Merz | |
vielen als stur, dogmatisch und eitel. | |
## Merz, der Mann mit früher Karriere | |
Vor 18 Jahren war Merz ein Senkrechtstarter. Fraktionschef, erst 44, knappe | |
sechs Jahre im Bundestag. Seine Blitzkarriere war nur in diesem Moment | |
möglich: Die Union hatte nach 16 Jahren die Macht verloren, die | |
Spendenaffäre erzeugte einen Sog, in dem fast alle verschwanden, die sich | |
als Kohl-Nachfolger sahen. Plötzlich öffnete sich die Tür für zwei | |
unbelastete Jüngere: Angela Merkel und Friedrich Merz. | |
Unionspolitiker erinnern sich zwar noch an Merz als Fraktionschef, möchten | |
aber nicht namentlich zitiert werden. Im Nachhinein recht zu haben oder | |
alte Rechnungen zu begleichen wirkt schnell wie ein Nachtreten. | |
Als ganz so finster wie in der Studie beschrieben galt der damalige | |
Fraktionsvorsitzende wohl doch nicht. Der ehrgeizige Chef war, so ein | |
langjähriger Parteifreund, immer geradeheraus und nie hintenherum – in der | |
Union keine Selbstverständlichkeit. Auch Merz’ Freundlichkeit wird lobend | |
erwähnt. | |
Mit seinen Führungsqualitäten war es allerdings nicht zum Besten bestellt: | |
Der schneidige CDU-Mann gebe zwar immer gern und klar die Richtung vor. Er | |
führe selbstverständlich, so ein Altchristdemokrat, aber er schaue nicht | |
immer, ob der Tross auch noch folgt. | |
## Legende der kaltblütigen Merkel-Intrige | |
Diese flotte Art bescherte dem ambitionierten Fraktionschef einen | |
rabenschwarzen Freitag. Der 14. Juli 2000 sollte Merz’ ersten Sieg gegen | |
die angeschlagene rot-grüne Regierung markieren. Oskar Lafontaine war als | |
Finanzminister zurückgetreten, der Kosovokrieg hatte die Grünen derangiert, | |
die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat war auch weg. Die SPD setzte auf | |
Steuersenkungen für Reiche und Unternehmen. Der Spitzensteuersatz sollte | |
auf 42 Prozent sinken. | |
Der Union, angeführt von dem Wirtschaftsliberalen Friedrich Merz, ging das | |
längst nicht weit genug. Vor allem aber sollte das Nein der Unions-Mehrheit | |
im Bundesrat zeigen, dass Rot-Grün am Ende war, abhängig vom Wohlwollen der | |
Union. Auch Merkel, gerade ein paar Monate CDU-Chefin, sah diese Chance, | |
trat intern aber auf die Bremse. Merz nicht. Am Freitag war das Debakel für | |
ihn perfekt: Finanzielle Angebote von Kanzler Schröder stimmten fünf | |
Nein-Länder mit CDU-Regierungsbeteiligung um – sie sprengten die | |
Ablehnungsfront.Eine Blamage. | |
Auch die von Merz oft kolportierte Legende, dass er 2002 das Opfer einer | |
kaltblütigen Intrige von Merkel wurde, stimmt so nicht. Beide rangelten von | |
Beginn um die Führungsposition – und nahmen sich in diesem Machtkampf | |
nichts. Beim Kampf um die Kanzlerkandidatur unterstützte Merz Stoiber – | |
gegen Merkel. Die fügte sich geschickt in ihre Niederlage und arbeitete | |
geduldig daran, Merz wenigstens den Job als Fraktionschef abzunehmen. | |
Allerdings: Vor der Wahl 2002 gingen sowieso fast alle davon aus, dass | |
Stoiber Kanzler und Merz Finanzminister werden würde – und Merkel als | |
Fraktionschefin machtpolitisch in der zweiten Reihe landen würde. | |
Es kam bekanntlich anders. Schwarz-Gelb fehlten 500.000 Stimmen. Merkel | |
wurde als Partei- und Fraktionschefin das neue Machtzentrum. Merz nahm das | |
sehr übel. | |
## Merz und die Kanzlerin | |
Man wird sehen, was sein treuherziges Bekenntnis, als CDU-Chef harmonisch | |
mit der Kanzlerin zusammenzuarbeiten, heute wert ist, falls Merz | |
tatsächlich auf dem CDU-Parteitag am nächsten Wochenende zum neuen | |
Parteichef gewählt wird. | |
Michael Spreng, damals Stoiber-Berater, urteilte schon vor zehn Jahren | |
kühl: Merz’ schlecht verheilte Niederlage sei die „exemplarische Geschichte | |
eines talentierten, aber überheblichen und eitlen Mannes, der eine listige, | |
zielstrebige und uneitle Frau unterschätzte“. Und CSU-Chef Horst Seehofer, | |
der sich auf diesem Gebiet auskennt, bescheinigte Merz damals schlicht | |
„eine schwierige Persönlichkeitsstruktur“. | |
Merz weiß, dass er diesen Ruf hat. Der 62-Jährige versucht jetzt, sich als | |
gereift zu präsentieren. „Ich war damals impulsiver als heute und, wenn ich | |
ganz ehrlich zu mir bin, manchmal auch rechthaberisch“, gab er in einem | |
Interview zu Protokoll. Dieser zarte und seltene Anflug von Selbstkritik | |
soll sein Image aufmöbeln. | |
Das ist nötig. Ob die CDU-Delegierten in Hamburg Merz zutrauen, wirklich | |
konstruktiv mit Merkel zusammenzuarbeiten, kann entscheidend für seine | |
Chancen sein. Falls es zwischen Merkel und Merz so knallt wie früher, | |
rücken Neuwahlen näher. Und darauf haben die Delegierten, mit Blick auf die | |
bescheidenen Umfragen, eher keine Lust. | |
## Merz und das Geld | |
Forsch, eloquent, angriffslustig ist Merz, wenn es um andere, um seine | |
Gegner geht. Als er am 7. November vor einer Sitzung des Landesvorstands | |
der NRW-CDU auf die Durchsuchung des Finanz-Großinvestors Blackrock wegen | |
des Verdachts auf Kapitalertragsteuer-Betrug angesprochen wird, verspannt | |
er sich sichtbar: Merz ist Aufsichtsratsvorsitzender des deutschen Ablegers | |
dieser größten Fondsgesellschaft der Welt. | |
Blackrock verwaltet 6,4 Billionen Dollar. Die Firma hält Anteile an allen | |
Dax-Konzernen, hat allein so 59 Milliarden Euro investiert. Erst im Juli | |
hat Blackrock seinen Anteil an RWE leicht aufgestockt – an dem | |
Braunkohleverstromer, dessen Interessen Merz so wortreich verteidigt. | |
Mit Blackrocks möglichem Steuerbetrug aber könne er gar nichts zu tun | |
haben, versichert der Wirtschaftsanwalt. Die Vorwürfe der | |
Staatsanwaltschaft beträfen „den Zeitraum 2007 bis 2011“, und oberster | |
Kontrolleur von Blackrock Deutschland sei er erst seit 2016. | |
Im Thema ist Merz allerdings auf jeden Fall: Er sitzt auch im Aufsichtsrat | |
der Düsseldorfer Privatbank HSBC Trinkaus, die laut Abschlussbericht eines | |
Bundestagsuntersuchungsausschusses in sogenannte Cum-Ex-Geschäfte um | |
[4][Kapitalertragsteuer-Betrug] verwickelt ist. Und die Anwaltskanzlei | |
Mayer Brown, für die er ebenfalls arbeitet, wirbt auf ihrer [5][Website] um | |
Kunden, die „wachsende Rechtsrisiken aus Cum-Ex-Geschäften“ fürchten. | |
## Seine Heimat repräsentiert soliden Mittelstand | |
Kabarettreif war das Kunststück des Vermögensmillionärs, sich im | |
Bild-Interview zur „gehobenen Mittelschicht“ zu zählen. Allein seine beiden | |
Flugzeuge, deren Kennzeichen beide auf FM wie Friedrich Merz enden, haben | |
einen Neupreis von zusammen etwa 4 Millionen Euro. Das Median-Vermögen, | |
also die exakte Mitte zwischen Überschuldeten und den zusammen etwa 30 | |
Milliarden schweren Erben der Familie Albrecht und anderen, liegt in | |
Deutschland bei 31.000 Euro, so das Forschungsinstitut der Schweizer Bank | |
[6][Credit Suisse]. | |
Wer Merz’ Ideenwelt verstehen will, muss ins sauerländische Arnsberg | |
fahren. Hier ist seine Frau Charlotte Amtsgerichtsdirektorin, hier lebt er | |
im Ortsteil Niedereimer, hier hält er beim Ausfall des Bürgermeisters beim | |
Schützenfest auch schon mal spontan das Grußwort. | |
Ein Villenviertel ist Niedereimer nicht: Manche Häuser repräsentieren | |
tatsächlich soliden Mittelstand, andere wirken kleinbürgerlich. Am Ortsrand | |
bietet der Gasthof „Zum grünen Haus“ Bratkartoffeln für 6 Euro oder | |
Wildschweingulasch für 18 Euro 50. | |
Das knapp 1.900 Einwohner zählende Niedereimer ist typisch für Arnsberg: | |
Insgesamt leben hier knapp 74.000 Menschen – doch die 15 oft dörflich | |
wirkenden Stadtteile ziehen sich wie an einer Kette kilometerlang durch das | |
obere Ruhrtal. Über der Altstadt thront das Gebäude der Bezirksregierung, | |
in Neheim dominierte dagegen lange die Leuchtenindustrie. Deshalb ist das | |
katholische Arnsberg auch nicht tiefschwarz: Der im Februar gewählte neue | |
Bürgermeister Ralf Paul Bittner ist SPD-Mitglied. | |
## Merz, der Mann aus Niedereimer | |
Bittners Stellvertreter Peter Blume ist einer der wenigen Christdemokraten, | |
der über Friedrich Merz redet und sich danach zitieren lässt. Er sei | |
„Anhänger von Angela Merkel“, sagt der Vorsitzende des Arnsberger | |
CDU-Stadtverbands. Deshalb sei ihm „Frau Kramp-Karrenbauer ausgesprochen | |
sympathisch“, sagt der Bauingenieur, der in seiner 17 Mann starken Baufirma | |
einen Geflüchteten aus Eritrea beschäftigt. | |
Andererseits: Angesichts des Niedergangs der Volksparteien würde ein Mann | |
mit „Konturen“ wie Friedrich Merz für Profilierung sorgen – und so nicht | |
nur der CDU, sondern auch der SPD guttun, glaubt der 56-Jährige. „Die AfD | |
dagegen wird Schwierigkeiten bekommen, und die FDP natürlich“, hofft Blume. | |
Und natürlich ist der Arnsberger CDU-Chef stolz, einen solchen Mann mit | |
„wahnsinnig schneller Auffassungsgabe“ an Bord zu haben: Im Hochsauerland | |
hat ein CDU-Kreisparteitag Merz nicht nur einstimmig als Kandidat für den | |
Bundesvorsitz nominiert. Merz darf auch als Delegierter zum Hamburger | |
Bundesparteitag reisen und sich also selbst wählen. | |
## Blackrock, kein Thema bei der Basis | |
Zu Blackrock und Merz’ Aufsichtsratsmandaten sagt Blume dagegen: „Hier vor | |
Ort ist das kein Thema.“ Im Sauerland, wo der Spruch „Glaube, Sitte, | |
Heimat“ in jeder Schützenhalle prangt, ist Loyalität extrem wichtig. Auch | |
bei den Regionalkonferenzen spielte Merz’ Verquickung mit der | |
Finanzindustrie erstaunlicherweise keine Rolle. | |
Für linke Politologen und Publizisten wie Peter Grottian und Werner Rügemer | |
ist Blackrock dagegen das Herz der Finsternis des internationalen | |
Finanzkapitalismus. Laut Rügemer verfügt der Konzern über ein dichtes Netz | |
von Briefkastenfirmen, handelt munter auf unregulierten Märkten. Riskante | |
Blackrock-Finanzdeals waren eine Ursache der Finanzkrise 2008. | |
Und natürlich ist die Firma an deutschen Immobilienkonzernen beteiligt. | |
Blackrock hat enormen Einfluss. Ein führender Ex-Blackrock-Mann als | |
Bundeskanzler – das hätte mehr als nur einen Beigeschmack. Auch wenn Merz | |
seine mannigfachen Wirtschaftsjobs natürlich als CDU-Chef aufgeben will. | |
Dabei wäre ein CDU-Vorsitzender Merz nicht der Erste, der von der | |
Wirtschaft in die Politik gewechselt ist. Kurt Biedenkopf verließ 1973 den | |
Vorstand des Henkel-Konzerns und wurde CDU-Generalsekretär. Jetzt hat | |
Biedenkopf Merz aufgefordert, seine Aufsichtsratsposten schon vor dem | |
Parteitag ruhen zu lassen. Merz sieht dazu keine Veranlassung. | |
Aber wie wahrscheinlich ist es, dass Merz seine Rollen als | |
Wirtschaftslobbyist und Spitzenpolitiker wirklich nicht trennscharf | |
auseinanderhalten könnte? Ist das nicht bloß linke Verdachtsrhetorik? Nicht | |
ganz. | |
## „Studienabbrecher-Parlament“ | |
Merz will, so erklärte er in der Welt am Sonntag, mit steuerlichen Anreizen | |
dafür sorgen, dass mehr Aktien für die Rente gekauft werden. „Arbeitnehmer | |
müssen stärker an den Kapitalmärkten beteiligt werden“, sagte er. In der | |
Finanzindustrie dürften Merz’ Idee, Aktienkäufe attraktiver zu machen, auf | |
Beifall stoßen. | |
Als Bundestagsabgeordneter saß Merz schon 2006 in acht Aufsichts- und | |
Verwaltungsräten und arbeitete zusätzlich als Anwalt. Das Manager Magazin | |
schätzte seine Nebeneinkünfte damals auf 250.000 Euro im Jahr. | |
Parlamentarier müssen angeben, für welche Unternehmen sie arbeiten und wie | |
viel Geld sie dort in etwa verdienen. Für Merz war das entschieden zu viel | |
Transparenz. Er klagte dagegen in Karlsruhe und schoss einmal mehr scharf: | |
Wenn Abgeordnete offenlegen müssten, für welche Unternehmen sie arbeiten, | |
werde der Bundestag zum „Studienabbrecher-Parlament“. | |
Dass die Vermischung von Wirtschaftsinteressen und Politik problematisch | |
sein könnte, das kommt in Merz’ Weltbild nicht vor. Oder nur als Einbildung | |
von linken Studienabbrechern, die von Geld keine Ahnung haben. | |
3 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Raeumung-im-Hambacher-Forst-geht-weiter/!5552409 | |
[2] /Diskussion-um-Merkels-Nachfolge/!5549995 | |
[3] /Kolumne-Macht/!5550485 | |
[4] /!5545444/ | |
[5] http://www.mayerbrown.com/Cum-Ex-Trade--Investigate-and-Counter-the-Risks/ | |
[6] http://publications.credit-suisse.com/tasks/render/file/index.cfm?fileid=B4… | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
Andreas Wyputta | |
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