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# taz.de -- Vor der Wahl der neuen CDU-ChefIn: Kandidatin Annegret Sowohl-als-a…
> Annegret Kramp-Karrenbauer ist Merkels Kandidatin. Die Saarländerin gilt
> als Vermittlerin. Das könnte sie um ihren Traumjob bringen.
Bild: Merkels Kandidatin – aber keine zweite Merkel: Annegret Kramp-Karrenbau…
Berlin taz | Die Neue machte gleich mal klar, wohin mit ihr die Reise gehen
wird. „Für mich ist wichtig, dass wir nicht in einen Wettbewerb eintreten,
wer die schrillsten und die schärfsten Forderungen aufstellt.“ Mit diesem
Satz stellte sich Annegret Kramp-Karrenbauer, Angela Merkels Kandidatin für
das Amt der CDU-Generalsekretärin, der Öffentlichkeit vor. Es war der 19.
Februar 2018.
Eine Woche später wählte ein Parteitag die Saarländerin mit fast schon
Honecker’schen 98,87 Prozent zur 14. Generalsekretärin der Christlich
Demokratischen Union Deutschlands. „Ich kann, ich will und ich werde“, rief
sie den Delegierten zu. Die waren dankbar, dass sich eine erfahrene
Ministerpräsidentin bereitfand, ihre Saarbrücker Staatskanzlei gegen das
Berliner Konrad-Adenauer-Haus zu tauschen. Die Partei und ihre
Dauervorsitzende Angela Merkel waren nach monatelangen nervenaufreibenden
Koalitionsverhandlungen und unionsinternen Reibereien einfach nur noch
erschöpft.
Mit Kramp-Karrenbauers Gang nach Berlin hatte sich bewahrheitet, was viele
vermutet hatten: Die Saarländerin ist Merkels Wunschnachfolgerin, und zwar
sowohl für die Parteizentrale als auch fürs Kanzleramt.
Dem immer etwas neben der Spur liegenden CDU-Humor hat Annegret
Kramp-Karrenbauer seither zu verdanken, dass ihr Name landauf, landab nicht
nur auf „AKK“ verkürzt wird, sondern dass sie auch noch „Annegreat“
scherzhaft genannt wird. Kaum ein Spitzname könnte falscher sein, wenn es
darum geht, diese zurückhaltende Fleißpolitikerin zu beschreiben.
## Keine Frau der schrillen Töne
Mittlerweile – ein Dreivierteljahr später und wenige Tage vor dem Parteitag
in Hamburg – ist Annegret Kramp-Karrenbauers Karriere als Generalsekretärin
schon wieder Geschichte; offiziell ist sie nur noch „amtierend“. Ihrem
anfänglichen Diktum, es gehe in der Tagespolitik nicht um die „schrillsten
und schärfsten Forderungen“, ist sie auch im zurückliegenden Schaulaufen
der KandidatInnen für den Parteivorsitz treu geblieben. Genau das könnte
für sie nun zum Problem werden.
Denn die Wählerinnen und Wähler mochten zwar den unaufgeregten und
entscheidendes Klein-Klein aussparenden Politikstil von Merkel. Aber
zugleich ist da der Wunsch, politisches Handeln endlich wieder besser
erklärt zu bekommen. In ihren 18 Jahren als Parteivorsitzende hat Merkel
ihre Beweggründe kaum dargelegt.
Solange es um Abstraktes wie den Stabilitätspakt oder Fernes wie
Auslandseinsätze der Bundeswehr ging, war man es zufrieden. Seit aber die
Rechtspopulisten immer selbstgewisser agieren, wünschen sich viele eine
deutliche Ansage der Demokratie. Fraglich, ob Kramp-Karrenbauer diese
Ansage zu geben in der Lage ist. Der schrille Ton ist ihre Sache jedenfalls
nicht.
Seit Angela Merkel am 29. Oktober angekündigt hat, beim Parteitag nicht
erneut für das Amt der Vorsitzenden zu kandidieren, ist Kramp-Karrenbauer
eine der drei aussichtsreichen NachfolgekandidatInnen. Gemeinsam mit dem
Partei-Youngster [1][Jens Spahn] und dem wiederauferstandenen früheren
Fraktionsvorsitzenden [2][Friedrich Merz] ist sie in den zurückliegenden
Wochen durch die Lande und die Medien getourt, um sich der Öffentlichkeit
vorzustellen. Das Dreiergespann hat für volle Hallen und
Küchentischgespräche im ganzen Land gesorgt.
## Auch Kramp-Karrenbauer gibt dem Affen Zucker
Während Merz das Versprechen auf ein gesellschaftliches Rollback
verkörpert, stellt Kramp-Karrenbauer ihre Vermittlerinnenrolle nach vorn.
Sie steht nicht für Entweder-oder, sondern für Sowohl-als-auch.
Flüchtlingspolitisch unterstützt sie zwar Angela Merkel, stellt aber beim
Kandidatenwettlauf den mit der SPD vereinbarten Doppelpass zur Disposition.
Frauenpolitisch verficht sie zwar die Quote, vergleicht aber für eine
flotte Pointe Schwangerschaftsabbrüche mit routinemäßigen
Blinddarmoperationen. Und ohne Not gibt das Präsidiumsmitglied der
Frauen-Union dem rechten Affen Zucker, wenn sie beim Auftritt in Berlin
flachst, ein neuer Feiertag am 8. März wäre zwar schön. „Aber ehrlich
gesagt: Die meisten Frauen würden sich viel lieber wünschen, dass sie
abends sicher durch die Straßen gehen können.“ Mit schönen Grüßen an die
AfD-Wähler.
Ein Dreivierteljahr im Konrad-Adenauer-Haus, eine aufwendige Zuhör-Tour der
Generalsekretärin und die Roadshow als Kandidatin für das höchste Parteiamt
haben nicht gereicht, um für ein wirklich klares Profil zu sorgen. Das ist
um so erstaunlicher, als die 56-Jährige seit Ewigkeiten im harten
Politikgeschäft ist.
Bevor Annegret Kramp-Karrenbauer von Angela Merkel nach Berlin gebeten
wurde, war sie sieben Jahre lang Ministerpräsidentin des klammen Saarlands
und dort auch CDU-Landesvorsitzende. Zuvor war sie unter Ministerpräsident
Peter Müller elf Jahre lang Ministerin gewesen. Inneres, Bildung, Soziales
– „das Annegret“, wie sie im Saarland sagen, konnte scheinbar alles. 2012,
da war sie erst wenige Monate Regierungschefin, zerlegte sie dann die
nervige Koalition mit der FDP. Angela Merkel, die mit den Liberalen in
Berlin zur selben Zeit ein regierungspolitisches Jammertal durchschritt,
soll sie deshalb am Telefon angeschrien haben.
## Eine Karriere im Saarland
Aber die SaarländerInnen mochten Kramp-Karrenbauers Politik. Sie sanierte
dann lieber zusammen mit der SPD den Landeshaushalt und handelte pünktlich
zum Landtagswahlkampf beim damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble
eine Sonderzahlung fürs Saarland aus: jährlich 500 Millionen ab 2020. Als
schließlich Ende März 2017 der Landtag gewählt wurde, legte sie mitten im
gerade hochkochenden Martin-Schulz-Hype einen Sieg gegen ihre
SPD-Mitbewerberin Anke Rehlinger hin. Im Konrad-Adenauer-Haus waren sie
platt vor Glück.
Begleitet man Annegret Kramp-Karrenbauer im Saarland, erlebt man eine trotz
der hitzigen Zeiten überraschend beliebte Politikerin. Das mag auch daher
rühren, dass sie in dem kleinen Bundesland fest verwurzelt ist und nahbar
auftritt. Geboren 1962 in Völklingen und aufgewachsen im nahen Püttlingen,
hat die Lehrerstochter den Niedergang der Stahlindustrie an der Saar
hautnah miterlebt. Obwohl sie zuerst Hebamme werden wollte, studierte sie
in Saarbrücken und Trier Jura und Politik. 2000 holte Peter Müller sie in
sein Kabinett. Ihr Mann, ein Bergbauingenieur, hat für ihre Politikkarriere
seinen Job reduziert; die beiden hatten schon früh vereinbart, dass für die
drei gemeinsamen Kinder kürzer tritt, wer weniger verdient. Das ist nun
seit Langem Herr Karrenbauer.
Ginge es nach den Wünschen der Mehrheit im Lande, hieße Angela Merkels
Nachfolgerin als Parteivorsitzende AKK. Geht es um Sympathie,
Glaubwürdigkeit und Bodenständigkeit, liegt sie sehr weit vor Friedrich
Merz. Dem Sauerländer mit der Bescheidwisser-Attitüde trauen laut einer
aktuellen Forsa-Umfrage viel weniger Menschen zu, etwas davon zu verstehen,
wo den BürgerInnen der Schuh drückt, sie halten ihn jedoch für
führungsstärker und weitaus wirtschaftskompetenter als AKK. Sagenhafte 31
Prozent empfinden den 64-jährigen Lobbyisten gar als „unangenehm“. Das muss
man erst mal hinbekommen als auferstandener Messias der Konservativen.
Kramp-Karrenbauer hingegen mögen nur acht Prozent der Befragten nicht.
## Die Delegierten-Auswahl macht Sorgen
Egal, wie beliebt oder unbeliebt die KandidatInnen sind, ein CDU-Parteitag
ist kein Wunschkonzert. Am Freitag geht es in Hamburg vor allem um die
Interessen der 1.001 Delegierten. Und das sind eben keine arbeitslosen
Ostdeutschen oder alleinerziehenden Mütter, sondern – überwiegend männliche
– Minister, Bundestagsabgeordnete und Bürgermeister. Die haben zwar wenig
Lust auf grundstürzende Veränderungen in ihrer Partei; aber ein bisschen
was ändern sollte sich schon.
Annegret Kramp-Karrenbauer stünde als neue Vorsitzende in der
Merkel-Tradition. Das muss kein Nachteil sein, denn ein Vorsitzender Merz
brächte die parteiinterne Tektonik derart ins Rutschen, dass die
MandatsträgerInnen um Einfluss und Posten fürchten müssten. Beim
KandidatInnen-Auftritt letzte Woche in Düsseldorf standen Tausende
ZuhörerInnen quasi kopf wegen Merz.
Für Kramp-Karrenbauer war im Landesverband Nordrhein-Westfalen kein
Blumentopf zu holen. Sie schlug sich dennoch wacker. Im Rausgehen sagte ein
älterer Mann dann: „Sie is’ ’ne gude Generalsekretärin, das sollde sie …
bleiben.“ Für Annegret Kramp-Karrenbauer ist das keine Option. Selbst wenn
sie in Hamburg den Parteivorsitz verpasst – eine Generalsekretärin von
Merz’ Gnaden ist nicht vorstellbar.
5 Dec 2018
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## AUTOREN
Anja Maier
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