# taz.de -- CDU-Regionalkonferenz in Berlin: Großes Finale ohne große Emotion… | |
> Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Marz und Jens Spahn wetteifern | |
> wieder. Es war die letzte Station der CDU-Regionalkonferenzen vor der | |
> Wahl. | |
Bild: Berlinale-Preisverdächtig? Merz, Kramp-Karrenbauer und Spahn in Berlin | |
BERLIN taz | Grande finale, großer Schluss, letzte Station. Mehrfach fallen | |
diese Begriffe im Berliner Hotel „Estrel“. Der Ort, neudeutsch: location, | |
passt gut dazu – das Hotel im Stadtteil Neukölln ist nicht nur eins der | |
größten in Deutschland, sondern auch Gastgeber einer gut laufenden | |
Gesangsshow. | |
An diesem Freitagabend aber steht vor rund 2.000 Zuschauern ein | |
Sonderprogramm an: die letzte der acht Regionalkonferenzen der CDU, das | |
Schaulaufen jener, die am 7. Dezember nach Angela Merkel [1][an die Spitze | |
der Partei wollen], Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Marz und Jens | |
Spahn. | |
Ein ein großes Finale, aber ohne operngemäße Melodramatik. Die | |
Konferenzserie schließt ohne große Emotionen, Tränen, meuchelnde | |
Konkurrenten oder Abgesänge und auch ohne klaren Sieg. Als nach drei | |
Stunden Schluss ist, gibt es stattdessen von Berlins CDU-Landeschefin | |
Monika Grütters als Gastgeberin Lob – „ihr wart großartig!“ – und ein… | |
goldenen Bären für alle drei Bewerber; [2][Berlin ist schließlich | |
Berlinale-Stadt] und Grütters auch noch Kultur-Staatsministerin. | |
15 Tage sind Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn zusammen durch Deutschland | |
gereist. Es war ein weiter Weg vom Auftakt in Lübeck bis zum Finale in | |
Berlin. Nicht nur, weil das Ambiente zum Finale in dem Hotel-Zweckbau weit | |
nüchterner ist als in der Backstein-Romantik der Gollan-Kulturwerft zum | |
Start. Auf der Reise lagen gegenseitige An- und Vorwürfe, Attacken und | |
Zurückrudern. | |
Da war Merz, der im thüringischen Seebach laut darüber nachdachte, [3][das | |
Asylrecht aus dem Grundgesetz zu streichen], nur um am nächsten Tag in | |
Halle zu sagen – „für alle Interessierten noch einmal zum Mitschreiben“ … | |
dass das so nicht gemeint war. Vergangenen Sonntag dann ein | |
Kramp-Karrenbauer-Interview in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung | |
unter der Überschrift „Merz ist naiv“. Ein Schlag ins Gesicht der CDU seien | |
Behauptungen wie die von Merz, die Partei habe den Aufstieg der AfD | |
„achselzuckend hingenommen“. | |
## „Vertragstreue CDU“ | |
Von diesen Anfeindungen ist an diesem Freitagabend zum Finale nur noch | |
wenig zu spüren. Innere Sicherheit, mit arabischen Clans als von allen drei | |
aufgegriffenem Berliner Lokalkolorit, Bundeswehr stärken, Grundwerte | |
(wieder) hochhalten – man lässt sich ausreden, attackiert sich nicht | |
gegenseitig, stimmt sich sogar oft zu. Es ist, als wollten die drei zum | |
Ende ihrer Tour einen Gang zurückschalten, bremsen, Emotionen raus nehmen. | |
„Retardierendes Moment“ heißt das im klassischen Drama, hier geht es ganz | |
offensichtlich darum, die Reihen zu schließen, damit nach dem eigentlichen | |
Finale, der Wahl des oder der neuen Vorsitzenden, nicht ein tiefer Riss in | |
der Partei bleibt. Wobei Merz nochmal all jene zu beruhigen versucht, die | |
sich fragen, ob das klappen könne mit ihm als Parteichef und | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Natürlich geht das gut“, sagt Merz, Merkel | |
sei gewählt, man habe einen Koalitionsvertrag mit der SPD, „wir als CDU | |
sind vertragstreu“. | |
Mit 48 Prozent Rückhalt in der jüngsten Umfrage unter CDU-Anhängern ist | |
Kramp-Karrenbauer in den Abend gegangen, 35 Prozent würden Merz wählen, nur | |
zwei Prozent Spahn. Zwar wählen am 7. Dezember beim Bundesparteitag in | |
Hamburg weder die CDU-Anhänger noch die rund 400.000 Mitglieder, sondern | |
Delegierte, deren Zahl – 1.001 – inzwischen so geläufig ist wie bislang nur | |
bei der Märchen aus angeblich eben so vielen Nächten. Doch gucken die | |
natürlich genau darauf, wer ihnen am meisten bringen könnte – und zwar | |
nicht nur in hehren Programmen, sondern ganz handfest in Sitzen und Ämtern. | |
## Das Spektrum erweitern | |
Dabei sei das doch Quatsch mit den 48 Prozent und der Umfrage, sagt der taz | |
am Rande ein lange führender Berliner Christdemokrat: Logisch, dass die | |
derzeitigen CDU-Wähler, von einst 40 Prozent auf 28 zusammengeschrumpft, | |
für Kramp-Karrenbauer als Vertraute von Kanzlerin Merkel seien – aber man | |
wolle das Spektrum ja wieder erweitern. Wobei Kramp-Karrenbauer auch in | |
einer Umfrage unter Anhängern aller Parteien vorne liegt. | |
Die beste Bühnenshow der drei im „Estrel“ liefert – wie um seine derzeit… | |
Chancenlosigkeit im Vorsitz-Wettkampf zu konterkarieren – Jens Spahn. | |
Während Kramp-Karrenbauer und Merz sich am Rednerpult vorstellen, wandert | |
Spahn bei seinen einführenden Worten frei über die Bühne. Dabei und in | |
seinen Antworten auf die Fragen aus dem Saal zeigt er noch mehr klare Kante | |
als der so oft als begnadeter Rhetoriker eingeordnete Merz. Und als zum | |
Ende des Abends – eine Frau aus Cottbus hat gerade gefragt, wer denn | |
Generalsekretär werden soll – Spahn davon spricht, man müsse nach der | |
Vorsitzwahl zusammenstehen und die Anhänger der Unterlegenen mitnehmen, | |
klingt es fast so, als ob er sich selbst für diese Job-Alternative | |
interessiere. | |
Wenn sich Beifall, sowieso immer abhängig von der eigenen Position im Saal, | |
überhaupt einordnen lässt, so liegt Merz leicht vorn, aber nicht deutlich. | |
Frauen klatschen besonders viel für Kramp-Karrenbauer. Die sagt – | |
eigentlich im Zusammenhang mit Quoren und Frauenanteil – einen Satz, den | |
vielleicht nächsten Freitag beim Bundesparteitag auch die schier | |
märchenhaften 1.001 Delegierten im Kopf haben werden: „Ohne Frauen ist kein | |
Staat zu machen und auch keine Wahl zu gewinnen.“ | |
1 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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