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# taz.de -- CDU-Regionalkonferenz in Düsseldorf: Kein Heimspiel für Merz
> Beim CDU-Bundesparteitag hat kein Landesverband mehr Stimmen als NRW.
> Deshalb geben die drei Vorsitz-Kandidaten in Düsseldorf alles.
Bild: Friedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn in Düsseldorf
Düsseldorf taz | „Demokratie erleben. Zukunft gestalten“ – das ist das
Motto der Regionalkonferenzen, mit denen die CDU ihrer Basis gerade die
drei wichtigsten KandidatInnen für die Nachfolge Angela Merkels als
Parteichefin nahebringen will. Doch die acht über ganz Deutschland
verteilten Vorstellungsrunden bleiben ein merkwürdiges Format: Zwar sind
alle Parteimitglieder eingeladen. Wirklich entscheiden aber können sie
nichts: Gewählt wird die oder der neue Bundesvorsitzende der
Christdemokraten am 7. Dezember in Hamburg auf einem Bundesparteitag von
1001 Delegierten.
Trotzdem sind zur sechsten und wichtigsten Regionalkonferenz in
Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt Düsseldorf fast 4.000
ChristdemokratInnen gekommen – mehr als auf den ersten vier vorhergehenden
Runden [1][in Lübeck] in Schleswig-Holstein, in Idar-Oberstein in
Rheinland-Pfalz, [2][im thüringischen Seebach] und [3][in Halle] in
Sachsen-Anhalt zusammen. Die Resonanz war so groß, dass die Partei das
Treffen von einem Hotel am Flughafen in die Halle 9 des riesigen
Messegeländes am Rhein verlegt hat.
Knapp 18 Millionen Menschen leben in Nordrhein-Westfalen, mehr als 120.000
ChristdemokratInnen zählt der NRW-Landesverband der Partei. Von den 1001
Delegierten des Hamburger Bundesparteitags stellt NRW allein deshalb 296 –
mehr als die sechs östlichen Bundesländer (133), Hessen (88) und
Schleswig-Holstein (47) zusammen. Und zumindest gemessen am Applaus
erscheint der Abend erst einmal als ein Heimspiel für den Wirtschaftsanwalt
und Millionär Friedrich Merz.
Dabei gibt sich der einstige Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion, der
2002 nach einem Machtkampf mit Merkel hinwarf, betont konziliant. Die Lage
der Partei sei „nicht einfach“, erklärt der 63-Jährige, der nach
Losentscheid als Erster reden darf: Mit 32,9 Prozent habe die CDU bei der
Bundestagswahl 2017 „das schlechteste Ergebnis seit 1949“ eingefahren,
liege aktuell „unter 30 Prozent“.
## Merz hat noch keine Wahl gewonnen
Die CDU habe sich schlicht „unbequemen Fragen nicht gestellt“, ruft Merz in
die Halle. Als Beispiele nennt der Wirtschaftsmann im blau-grauen
Business-Anzug dann aber ausgerechnet die Bereiche „Wohnen“ und
„Altersvorsorge“ – in NRW können Wahlen nicht gegen den Arbeitnehmerflü…
der Partei gewonnen werden.
Doch danach spart der Herausforderer nicht an zumindest indirekter Kritik
an Merkels Kurs. Der Zustand der Bundeswehr: miserabel. Merz attackiert
damit die einstige Merkel-Vertraute Ursula von der Leyen – die
Verteidigungsministerin galt vielen lange als designierte Nachfolgerin der
Kanzlerin. Und die ländlichen Räume verdienten beste Infrastruktur – ein
versteckter Seitenhieb auf Merkels glücklose Forschungsministerin Anja
Karliczek, die meinte, der neue Mobilfunkstandard [4][5G müsse nicht „bis
an jede Milchkanne“ reichen]. „Man muss nicht jeden Standpunkt der SPD
übernehmen“, ruft Merz in die Halle – und bekommt heftigen Applaus.
Über Bande spielt auch Merkels Favoritin Annegret Kramp-Karrenbauer. Immer
wieder deutet sie an, durch ihren Sieg bei den Landtagswahlen im Saarland
im vergangenen Jahr den „Schulz-Zug“, den Höhenflug der SPD, gestoppt zu
haben. „Ich weiß, wie gut sich 40 Prozent anfühlen“, betont die
CDU-Generalsekretärin – und will der Basis damit in Erinnerung rufen, dass
Merz noch keine Wahl gewonnen hat.
Geschadet habe der Union vor allem der von der CSU befeuerte Dauer-Streit
um „die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört“, beschwört
Kramp-Karrenbauer die Parteimitglieder: „Ohne die würden wir nicht bei 26,
sondern bei über 30 Prozent stehen“, findet die 56-Jährige – ein Angriff
auch auf [5][Merz, der in der vergangenen Woche das Grundrecht auf Asyl in
Frage stellte], dann aber zurückruderte.
## Spahn will mit seiner Jugend punkten
Doch Kramp-Karrenbauer war vor Tagen noch deutlicher: Merz' Spruch, die
Christdemokraten habe den Aufstieg der AfD „achselzuckend“ hingenommen, sei
ein „Schlag ins Gesicht“ der CDU-Mitglieder. Und Merz‘ Versprechen, die C…
zu alter Stärke zurückführen zu wollen, konterte sie mit diesem Satz: „Der
eine traut's sich zu, die andere hat's bewiesen.“ Vertreter des
Wirtschaftsflügels sahen danach bereits die Einheit der Partei gefährdet –
daher die Zurückhaltung.
Der dritte Kandidat im Rennen, Gesundheitsminister Jens Spahn, ist von
Merz' Kandidatur kalt erwischt worden. In Düsseldorf versucht der
38-Jährige deshalb, mit seiner Jugend zu punkten. „Ich möchte 2040 in einem
Land leben, in dem…“: So lässt er seine Sätze beginnen. Doch der
Konservative macht schnell deutlich, dass er im Gegensatz zu
Kramp-Karrenbauer eben kein flügelübergreifender Kandidat ist: Spahn
plädiert für einen „Patriotismus, der einlädt“, fordert öffentliche
Gelöbnisse der Bundeswehr vor dem Reichstag. Antisemitismus, Rassismus,
Homophobie erteilt er Absagen – und bekommt keinen Applaus. Geklatscht wird
dagegen, wenn sich der Münsterländer gegen „Vollverschleierung und
Machotum“ wendet.
Den Grünen wirft er wie zuvor schon Merz „Doppelmoral“ in der Klimapolitik
vor. Die Ökopartei habe doch die Rodung des Hambacher Forsts mitbeschlossen
– „und jetzt ketten sie sich an die Bäume.“ Was folgt, ist noch einmal d…
Verweis auf seine Jugend: Er sei mit 38 doch noch „blutjung“, sei ihm
gesagt worden, klagt Spahn wie schon auf Regionalkonferenzen zuvor – und
genau das sei das Problem der CDU. Denn deren Parteimitglieder sind im
Schnitt etwa 60 Jahre alt. Ob die Warnung in Düsseldorf aber ankommt,
bleibt fraglich: Die überwiegende Haarfarbe der angereisten
ChristdemokratInnen ist grau.
Nach mehr als zwei Stunden Frage- und Antwortspiel zwischen KandidatInnen
und Basis ist das Stimmungsbild uneinheitlich: Manche fanden Merz, andere
Kramp-Karrenbauer überzeugender. Auch nicht wenige Spahn-Anhänger sind nach
Düsseldorf gereist. Trotzdem wirken viele Parteimitglieder allein durch die
Diskussion euphorisiert: Nein, es sei nicht frustrierend, zwar fragen, aber
auf dem Parteitag nicht mitentscheiden zu dürfen, sagt etwa der 41 Jahre
alte Oliver Allesch aus Essen – vor 20 Jahren seien wichtige Entscheidungen
noch in kleinen Hintergrund-Runden ausgeklüngelt worden. „Heute geht das
nicht mehr“, freut sich der Merz-Anhänger: „Heute bekommt man alles mit.“
29 Nov 2018
## LINKS
[1] /Kandidaten-fuer-den-CDU-Parteivorsitz/!5551162
[2] /CDU-Regionalkonferenz-in-Thueringen/!5552341
[3] /CDU-Regionalkonferenz-in-Halle/!5552534
[4] /Mobilfunkausbau-in-Deutschland/!5552538
[5] /Diskussion-um-Merkels-Nachfolge/!5549995
## AUTOREN
Andreas Wyputta
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