| # taz.de -- Abgeordnete besuchen Maja T.: „Ein rechtsstaatlicher Skandal“ | |
| > Mehrere Bundestagsabgeordnete besuchen Maja T. in ungarischer Haft – und | |
| > fordern die Rückholung nach Deutschland. Dort gibt es neue Vorwürfe gegen | |
| > T. | |
| Bild: Fordern eine Rückholung von Maja T. nach Deutschland: Luke Hoß (Linke),… | |
| Berlin taz | Zwei Stunden sprachen die Bundestagsabgeordneten Sebastian | |
| Roloff (SPD), Helge Limburg (Grüne) und Luke Hoß (Linke) am Montag mit Maja | |
| T. in Ungarn, im Haftkrankenhaus an der rumänischen Grenze. Die nonbinäre | |
| Thüringer*in war [1][während eines 40-tägigen Hungerstreiks dorthin | |
| verlegt worden], befindet sich auch nach dem Ende des Protests vorerst | |
| weiter dort. Erst langsam stabilisiert sich der Gesundheitszustand wieder. | |
| Sie alle verbinde die Sorge um die Situation von Maja T., sagte der | |
| SPD-Mann Roloff am Dienstag bei einem Pressegespräch im Bundestag in | |
| Berlin. Deshalb seien sie zu dritt nach Ungarn gereist. | |
| Hoß berichtete, dass das Herz von Maja T. immer noch schwach sei. Sich | |
| lange zu konzentrieren falle T. schwer. Bei dem Gespräch seien Wärter mit | |
| im Raum gewesen und es sei klar geworden, dass ungarische Behörden kein | |
| Interesse an einer Verbesserung der Haftsituation von Maja T. hätten, so | |
| Hoß. Die Isolationshaft bestehe fort. Maja T. habe daher klargemacht, dass | |
| der Hungerstreik wieder aufgenommen werden könne. | |
| ## Bundesregierung habe „Ernst der Lage erkannt“ | |
| Die drei Bundestagsabgeordneten erneuerten am Dienstag die Forderung, Maja | |
| T. wieder nach Deutschland zu holen und hierzulande ein rechtsstaatliches | |
| Verfahren durchzuführen. Es müsse das Ziel sein, Maja T. „möglichst schnell | |
| aus der Isolationshaft rauszuholen“, sagte Roloff. Die Haftbedingungen in | |
| Ungarn seien „inakzeptabel“. Laut Roloff habe die Bundesregierung den | |
| „Ernst der Lage“ von Maja T. erkannt. Nun gelte es, weiter Druck auf Ungarn | |
| zu machen. | |
| Der Grünen-Abgeordnete Helge Limburg nannte es einen „rechtsstaatlichen | |
| Skandal“, dass Maja T. [2][vor einem Jahr rechtswidrig in einer nächtlichen | |
| Blitzaktion nach Ungarn ausgeliefert wurde]. „Mir ist kein Fall bekannt, wo | |
| eine Überstellung so schnell erfolgt ist“, so Limburg. Es sei die | |
| Verantwortung der deutschen Regierung und Behörden, diesen Rechtsbruch | |
| rückgängig zu machen und Maja T. wieder nach Deutschland zu holen. | |
| Der 24-jährigen Person wird vorgeworfen, mit anderen Linken im Februar 2023 | |
| in Budapest an mehreren schweren Angriffen auf Rechtsextreme beteiligt | |
| gewesen zu sein, die sich dort damals zum „Tag der Ehre“ versammelt hatten, | |
| einem europaweiten Szeneaufmarsch. [3][Maja T. wurde im Dezember in Berlin | |
| festgenommen] und im Juni 2024 nach Ungarn ausgeliefert. Seit Februar läuft | |
| in Budapest ein Prozess gegen T., in dem bis zu 24 Jahre Haft drohen. | |
| ## War Maja T. an Angriff auf Thor Steinar Laden beteiligt? | |
| Inzwischen gibt es auch in Deutschland einen weiteren Vorwurf gegen Maja T. | |
| Nach taz-Informationen ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen T. auch wegen | |
| des Verdachts, an einem Angriff auf ein Geschäft der rechtsextremen | |
| Kleidermarke Thor Steinar in Erfurt beteiligt gewesen zu sein, am 23. April | |
| 2022. Vermummte hatten damals parallel in Magdeburg, Halle, Schwerin und | |
| Erfurt Läden der Szenemarke überfallen. In Erfurt sollen es fünf Angreifer | |
| gewesen sein, die auch eine Verkäuferin mit Faustschlägen, einem | |
| Schlagstock und Pfefferspray attackierten, im Laden wurde Buttersäure | |
| versprüht. Laut Bundesanwaltschaft entstand ein Sachschaden von mehr als | |
| 60.000 Euro. | |
| Die Tat ist auf einem Video einer Überwachungskamera dokumentiert. [4][Für | |
| den Angriff wurde zuletzt bereits die Thüringerin Emilie D. von der | |
| Bundesanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf angeklagt]. Der | |
| 23-Jährigen wird ebenfalls eine Beteiligung an den Attacken von Budapest | |
| vorgeworfen. Der Prozess in Düsseldorf wird sich hauptsächlich darum drehen | |
| – denn wegen dieses Vorwurfs sind dort [5][fünf weitere Linke angeklagt]. | |
| In ihren Fällen hatte sich die Bundesanwaltschaft, anders als bei Maja T., | |
| gegen eine Auslieferung nach Ungarn ausgesprochen. | |
| Dass wegen des Erfurt-Angriffs auch Maja T. beschuldigt ist, hatten zuerst | |
| das [6][rechtsextreme Compact-Magazin] und die [7][rechtsextreme | |
| Kleinpartei „Freie Sachsen“] berichtet. Compact hatte bereits im Verfahren | |
| gegen die [8][Leipzigerin Lina E.] wegen Angriffen auf Neonazis aus | |
| Ermittlungsakten berichtet. In diese Akten haben neben den Beschuldigten | |
| auch die Opfer der Gewalttaten ein Recht auf Einsicht. | |
| Die Bundesanwaltschaft wollte sich zu dem Vorwurf gegen Maja T. nicht | |
| äußern. Verteidiger Sven Richwin sagte der taz, die Ermittler würden Maja | |
| T. „allein aufgrund der Statur einer Person auf dem Video verdächtigen“. | |
| Maja T. sei dafür aber bisher nicht angeklagt und der Tatverdacht sei auch | |
| nicht so stark, dass er der Auslieferung nach Ungarn im Wege gestanden | |
| habe. | |
| „Im Zweifel würden wir auch diesen Vorwurf gerne vor einem deutschen | |
| Gericht diskutieren, wenn deswegen diesmal Deutschland einen | |
| Auslieferungsantrag stellen würde“, sagte Richwin. „Aus gutem Grund erfolgt | |
| Rechtsprechung hierzulande nämlich nicht in den Kommentarspalten | |
| rechtsextremer Blätter, sondern in einem geordneten Verfahren.“ Zudem könne | |
| sich Maja T. „naturgemäß gerade gegen eine Vorverurteilung nicht wehren“. | |
| ## Zuletzt erneut Antrag auf Hausarrest abgelehnt | |
| Der Grünen-Abgeordnete Limburg sagte, ob die Vorwürfe gegen Maja T. | |
| zuträfen, müssten Gerichte klären. Aber jede Person habe ein Anrecht auf | |
| ein rechtsstaatliches Verfahren – und das sei in Ungarn derzeit nicht | |
| gegeben. Limburg und Hoß forderten deshalb, generell Auslieferungen nach | |
| Ungarn auszusetzen. Dies müsse auch für [9][den Deutschsyrer Zaid A. | |
| gelten, dem ebenfalls die Angriffe in Budapest vorgeworfen werden und dem | |
| weiterhin eine Auslieferung droht]. Der Fall Maja T. habe gezeigt, dass | |
| Zusicherungen von Ungarn auf eine rechtsstaatliche Behandlung „nichts wert | |
| seien“, so Hoß. | |
| Der Vater von Maja T., Wolfram Jarosch, setzte derweil s[10][einen | |
| Protest-Hungermarsch von Dresden nach Budapest] fort. Am Dienstag wollte er | |
| das tschechische Znaim erreichen, am Donnerstag Wien. Er werde langsam | |
| schwächer, werde aber den Marsch bis Budapest fortsetzen, erklärte Jarosch. | |
| Mit dem Protest fordert er bessere Haftbedingungen für sein Kind und eine | |
| Rücküberführung nach Deutschland. | |
| Zuletzt hatte ein ungarisches Berufungsgericht [11][erneut einen Antrag auf | |
| Hausarrest für Maja T. abgelehnt]. Wegen fortdauernder Fluchtgefahr, aber | |
| auch weil T. unter anderem mit dem Hungerstreik Druck auf das Gericht | |
| aufgebaut habe und im Verfahren „nicht das geringste Anzeichen einer | |
| freiwilligen Unterwerfung“ zeige. | |
| 22 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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