| # taz.de -- Verlagspreisverleihung in Frankfurt: Linksradikale unter sich | |
| > Bei der Verleihung zum Verlagspreis wurden am Mittwochabend in Frankfurt | |
| > Kleinverlage geehrt – trotz Schmähkampagne von Rechts war die Stimmung | |
| > gut. | |
| Bild: Lesen zwischen den Seiten des größten Buches der Frankfurter Buchmesse | |
| Gedichte in Dosen – das wäre doch mal was! Scherzhaft streifte | |
| Kulturstaatsminister [1][Wolfram Weimer] am Mittwochabend beim Festakt zur | |
| Verleihung des Deutschen Verlagspreises im Rahmen der Frankfurter Buchmesse | |
| die Geschichte seiner ersten Verlagsgründung. | |
| Ein klägliches Scheitern sei das gewesen, mit den Werken eines | |
| „Schmalspur-Rilkes“ (er selbst), die selbst für nur fünf Mark pro Stück | |
| niemand lesen wollte. Zum Glück ging Weimer nicht ausführlicher darauf ein, | |
| wie aus ihm später doch noch der erfolgreiche Cicero-Verleger wurde. Der | |
| Abend war auch so lang genug: 80 Verlage wurden beim Deutschen Verlagspreis | |
| ausgezeichnet, ein Marathon, der nur durch Effizienz zu bewältigen war: | |
| Name des Hauses verlesen, Logo einblenden, die Geehrten erheben sich kurz | |
| von den Stühlen, Applaus, und weiter. | |
| Monika Grütters hatte den Preis 2019 eingeführt, als Strukturförderung für | |
| kleine, unabhängige Verlage mit weniger als 3 Millionen Euro Jahresumsatz. | |
| Die je 18.000 Euro Preisgeld für das dotierte Gütesiegel und je 50.000 Euro | |
| für drei Spitzenpreise sind eine wichtige Finanzspritze für diejenigen, die | |
| [2][Weimer] als das „Rückgrat unserer Buch- und Debattenkultur“ würdigte. | |
| ## Hetzportal schäumt – schon wieder | |
| Dass sich der Minister auf der Bühne ausdrücklich zu Vielfalt, Buntheit und | |
| weit geöffneten Debattenräumen bekannte, war in diesem Jahr nicht ganz | |
| unerheblich – hatten rechte Medien doch im Vorfeld eine Kampagne gegen | |
| einige der nominierten Verlage gestartet: Da werde Steuergeld für | |
| linksradikale und „verfassungsfeindliche“ Verlage ausgegeben, schäumte das | |
| rechte Hetzportal Nius und raunte, ob bald der Verfassungsschutz beim | |
| Minister „klingeln“ werde. | |
| Konkret beanstandet wurde etwa der Reader „Gedenken abschaffen“ von 2013 | |
| aus dem Berliner [3][Verbrecher Verlag], in dem das Gedenken an die | |
| Bombardierung Dresdens 1945 kritisiert wurde (ein beteiligtes | |
| Autor:innenkollektiv wurde tatsächlich 2017 vom Sächsischen | |
| Verfassungsschutzbericht erwähnt); oder eine Antifabroschüre aus dem | |
| Münsteraner Unrast Verlag, die zu „Linksterrorismus“ aufrufe. | |
| Es wurde natürlich auch mit allerlei Unwahrheiten operiert (so war der | |
| Verbrecher Verlag selbst bislang gar nicht im Fokus des | |
| Verfassungsschutzes) und mit Schmutz geworfen; es wurden unerlaubt | |
| Privatfotos von Angehörigen verwendet und über das Äußere von | |
| Mitarbeiter:innen hergezogen. Die Verleger:innen nahmen die | |
| Anwürfe größtenteils mit Humor. Jörg Sundermeier vom Verbrecher Verlag | |
| stellte an seinem Stand demonstrativ das Grundgesetz aus – die spontane | |
| Solidaritätsgabe eines befreundeten Verlegers. | |
| ## Verkaufszahlen rasant in der Höhe | |
| Unrast-Verleger Martin Schüring berichtete, dass die Verkaufszahlen der | |
| alten Antifabroschüre sprunghaft angestiegen seien und verwies auf weitere | |
| potenzielle „Aufreger“ im Programm wie „Feministisch morden“. Annette | |
| Wassermann, Pressesprecherin des ebenfalls geschmähten Wagenbach-Verlags | |
| ließ gut gelaunt wissen, man sei „mindestens so linksradikal wie die taz“. | |
| Pink leuchtete hinter ihr aus den Regalen Michela Murgias Büchlein | |
| „Faschist werden. Eine Anleitung (Mit Faschistometer)“. | |
| Auch die fünfköpfige Jury war im Vorfeld der Preisverleihung unter Beschuss | |
| geraten: Mit Buchhändler Linus Giehse ist ein trans Mann dabei, der für | |
| geschlechtliche Vielfalt eintritt; mit einem Foto von Katharina Holzmann | |
| vor einem „Deutschland muss sterben“-Schriftzug wollte die Junge Freiheit | |
| Stimmung gegen die Lektorin machen. Trotz aller Bemühungen, der Kulturkampf | |
| kam nicht in Fahrt – im Gegenteil. | |
| Der Nachhaltigkeitspreis ging an den veganen Tierbuchverlag Calme Mara, mit | |
| Ehrenpreisen wurde Queer-Multisexuelles (Konkursbuchverlag), | |
| Kapitalismuskritisches (März Verlag) und Ungehorsames (Unrast Verlag) | |
| prämiert. | |
| 16 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Eroeffnung-der-Frankfurter-Buchmesse/!6116848 | |
| [2] /Boehmermanns-Pleite-im-Berliner-HKW/!6117007 | |
| [3] /Brief-einer-KZ-Ueberlebenden/!6086335 | |
| ## AUTOREN | |
| Nina Apin | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse | |
| Nius | |
| Kampagne | |
| Schwerpunkt Verbrecher Verlag | |
| Verleger | |
| Plagiat | |
| Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse | |
| Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse | |
| Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse | |
| Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse | |
| Haus der Kulturen der Welt | |
| Knapp überm Boulevard | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Vorwürfe gegen Wolfram Weimer: Druck von rechts | |
| Weimers Magazin „The European“ soll Reden von Politiker*innen ohne | |
| deren Zustimmung abgedruckt haben. Rechte werfen ihm | |
| Urheberrechtsverletzungen vor. | |
| Bericht von der Frankfurter Buchmesse: Woher der Wind weht | |
| Viel gesprochen wurde über links und rechts, Caroline Wahl, Romance und ein | |
| bisschen über Literaturkritik. Außerdem gab es einen Schnitzelskandal. | |
| Suhrkamp-Empfang auf der Buchmesse: Das Unglück zurückschlagen | |
| Bangemachen gilt auf der Frankfurter Buchmesse nicht – auch nicht beim | |
| neuen Suhrkamp-Kritikerempfang. | |
| Ukraine auf der Frankfurter Buchmessse: Mit der Geige an die Front | |
| Am Stand der Ukraine wird die Klassik entdeckt und Frauen erzählen über den | |
| Krieg. Klebezettel auf der Buchmesse erinnern an die Toten. | |
| Eröffnung der Frankfurter Buchmesse: Die Welt in Fetzen | |
| Loren Legarda, José Rizal, Wolfram Weimer und Rilke, nein Adorno: | |
| philippinische wie deutsche Politiker boten zur Buchmesseneröffnung manch | |
| Einblicke. | |
| Böhmermanns Pleite im Berliner HKW: Und alles für die Quote | |
| Weil das Konzert von Rapper Chefket abgesagt wurde, will nun niemand mehr | |
| bei Jan Böhmermann im HKW auftreten. Das beschädigt die Kulturinstitution. | |
| Rechte Kampagnen: Angriff auf NGOs | |
| Rechte und Konservative schießen sich neuerdings auf Organisationen der | |
| Zivilgesellschaft ein. NGOs werden dabei als parteiisch diffamiert. |