# taz.de -- Anerkennung eines Staates Palästina: Viel mehr als reine Symbolpol… | |
> Das Recht der Palästinenser auf einen Staat erhält immer mehr | |
> Legitimität. Die Anerkennung beinhaltet die Forderung nach einem Ende der | |
> Besatzung. | |
Bild: Das Redner:innenpult blieb leer, als der palästinensische Präsident Abb… | |
Abgesehen von stehenden Rolltreppen, einem nicht funktionierenden | |
Teleprompter und einer narzisstischen Rede des US-Präsidenten Donald Trump | |
gab es auf der diesjährigen UN-Generalversammlung ein [1][hervorstechendes | |
Thema: die Anerkennung eines palästinensischen Staats] durch über 80 | |
Prozent der UN-Mitgliedstaaten, darunter die Mehrheit der EU-Staaten. | |
Interessanterweise gibt es Kritik an dieser Anerkennungspolitik von zwei | |
höchst unterschiedlichen Seiten. Der israelische Ministerpräsident Benjamin | |
Netanjahu bezeichnet das Ganze als einen „Zirkus“. Von palästinensischer | |
Seite wird es zwar als ein wichtiger Schritt in Richtung internationaler | |
Legitimität gefeiert, aber trotzdem kommt auch von hier Kritik. | |
Die Palästinenser bemängeln, dass diese Anerkennung nicht über | |
Symbolpolitik hinausgehe. Sie zeige die wachsende Kluft zwischen gelebter | |
Realität und internationaler Inszenierung. | |
Jeden Tag sterben mehr Menschen bei israelischen Angriffen im Gazastreifen. | |
Jede Minute werden mehr Menschen aus Gaza-Stadt vertrieben. Ein Grund, | |
warum die Palästinenser neben der symbolischen Anerkennung praktische und | |
wirksame Sanktionen wie ein Waffenembargo gegen Israel fordern. | |
## Die USA blockieren Palästinas volle UN-Mitgliedschaft | |
Also richtig recht machen es diese Anerkennungen ganz offensichtlich | |
niemandem. Trotz der Kritik sollte man die Anerkennung als das bewerten, | |
was sie ist: Das Recht der Palästinenser auf einen Staat erhält eine | |
wachsende Legitimität. Das Ende der Besatzung hängt nicht vom Gutdünken der | |
Besatzer ab, lautet die Botschaft. Die Anerkennung beinhaltet automatisch | |
die Forderung nach einem Ende der Besatzung. Diese Forderung bekommt immer | |
mehr Auftrieb. | |
Nun ist es kein Geheimnis, dass ausgerechnet der auf der UN-Rolltreppe | |
stecken gebliebene Donald Trump und nicht 80 Prozent der UN-Mitglieder hier | |
am Ende das Sagen hat. Denn ob Palästina ein vollwertiges Mitglied der | |
UN-Generalversammlung und das neueste UN-Mitglied wird, dazu braucht es die | |
Zustimmung des UN-Sicherheitsrats. Und das Veto der USA hat bisher jegliche | |
Bewegung verhindert. | |
Die US-Regierung hat die Anerkennung eines palästinensischen Staats als | |
eine Belohnung der Hamas bezeichnet. Die Position Netanjahus und des | |
US-Präsidenten Trump ist hier also hundertprozentig deckungsgleich. Hier | |
ist außer gelegentlichen Nebelkerzen keinerlei Bewegung zu erwarten. | |
Nun könnte man natürlich argumentieren, dass die Perspektive auf einen | |
eigenen Staat der Hamas und anderen Palästinensern, die nach militanten | |
Lösungen rufen, das Wasser abgraben würde. Die israelische Besatzung mit | |
einem palästinensischen Staat zu beenden, wäre wahrscheinlich die einzige | |
wirksame Möglichkeit, der Hamas das Wasser abzugraben. | |
## Die Bundesrregierung macht sich einen schlanken Fuß | |
Doch die Bundesregierung hat sich in dieser Frage vornehm aus der Affäre | |
gezogen. Außenminister Johann Wadephul (CDU) betonte, dass eine Anerkennung | |
Palästinas nur der abschließende Schritt in einem Verhandlungsprozess zur | |
Zweistaatenlösung sein könne. Von welchen Verhandlungen er eigentlich | |
träumt, möchte man den obersten deutschen Diplomaten fragen. | |
[2][Netanjahu hat immer wieder erklärt, dass er eine Zweistaatenlösung | |
strikt ablehnt.] De facto ist Berlin also nicht bereit, irgendein | |
politisches Kapital einzusetzen, um am Status quo zu rütteln. Das deutsche | |
Lippenbekenntnis zur Zweistaatenlösung ist nichts wert. | |
Das Handeln beziehungsweise Nichthandeln der Bundesregierung bedeutet | |
derzeit: keine symbolische Anerkennung Palästinas, keine Suspendierung des | |
EU-Assoziierungsabkommens mit Israel und erst recht keine Sanktionen. | |
[3][Deutschland steht einer schwindenden Minderheit in der EU vor]. | |
Ach ja, eines macht die Bundesregierung schon: Sie ruft Israel dazu auf, | |
keine einseitigen Schritte zu unternehmen, die einer Zweistaatenlösung | |
entgegenstehen. Netanjahu zu etwas aufzurufen, kostet nichts. | |
## Deutsche Nahost-Starre | |
Indes macht die israelische Regierung derzeit nichts anderes, als | |
einseitige Schritte zu unternehmen, die darauf hinauslaufen, dass es bald | |
nichts mehr anzuerkennen gibt. Die Menschen werden vom Norden in den Süden | |
des Gazastreifens getrieben, ihre Städte werden unbewohnbar gemacht. Und | |
nach der Zerstörung ihrer Lebensgrundlage folgt der Aufruf zur | |
„freiwilligen Ausreise“. | |
Im Westjordanland werden mehr Siedlungen gebaut, die ein palästinensisches | |
Staatsgebiet im Westjordanland in zwei Teile teilen. Und die | |
Bundesregierung steht da – eingefroren. Nur wenn man genau hinsieht, | |
bemerkt man ein leichtes Zucken ihrer Lippen. „Zweistaatenlösung“, haucht | |
sie, um dann erneut in ihre nahostpolitische Starre zu verfallen. | |
27 Sep 2025 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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