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# taz.de -- Netanjahu bei den Vereinten Nationen: Wutrede vor leeren Rängen
> Israels Premierminister Benjamin Netanjahu beschwört Israels militärische
> Macht – und beschimpft alle Staaten, die Palästina offiziell anerkannt
> haben.
Bild: Benjamin Netanjahu bei seiner Rede in der UN-Vollversammling am Freitag
Berlin taz | Es waren ziemlich leere Ränge, vor denen der israelische
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seine [1][Rede bei der diesjährigen
UN-Vollversammlung] hielt. Zahlreiche Delegationen betraten erst den Saal,
um ihn dann unmittelbar und demonstrativ wieder zu verlassen. Wer blieb,
das waren unter anderem die US-Delegation, die Netanjahu in seinem Kampf
gegen die Hamas unterstützt, und Großbritannien. Doch auch sie entsendeten
nicht ihre ranghöchsten Vertreter oder ihre UN-Botschafter, sondern
überwiegend rangniedrigere Diplomaten.
Israel steht weltweit immer isolierter da. Netanjahus Rede dürfte diese
Bewegung kaum umkehren. Das kleine Land Israel gegen den Rest der Welt –
das war die Botschaft, die er vermittelte. Teilen der UN-Generalversammlung
warf er mangelnde Unterstützung vor. Zwar hätten viele Staats- und
Regierungschefs sein Land nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober
2023 auf Israel unterstützt.
„Aber diese Unterstützung verflüchtigte sich schnell, als Israel das tat,
was jede Nation mit Selbstachtung nach einem solch brutalen Angriff tun
würde: Wir haben dagegen gekämpft.“
Passend dazu zog Netanjahu, wie schon so oft, wenn er vor der
UN-Vollversammlung spricht, eine Karte hervor. Die Überschrift: „Der
Fluch“. Darunter abgebildet die Proxies des Iran: Die Hamas in Gaza, die
[2][Hisbollah im Libanon], die [3][Houthis im Jemen]. Einer nach dem
anderen hakt er die Akteure ab: „Erledigt“, sagt Netanjahu: „Erledigt und
auch erledigt.“
## Lautsprecher im Gazastreifen
Seine Rede war ein Versuch, Macht zu demonstrieren und klarzustellen:
Israel hat keine Angst vor Isolation. Doch längst nicht alle Israelis sind
da mit ihm einer Meinung. Gerade erst hatte er in Israel mit einer Aussage
für Furore gesorgt: Israel, hatte Netanjahu gesagt, müsse angesichts seiner
Isolation zu einem [4][„Super-Sparta“] werden, wirtschaftlich unabhängig
von allen, stark, aller Isolation zum Trotz. Unter Israelis sorgte er damit
für heftige Kritik, Netanjahu ruderte zurück, veröffentlichte mehrere
Klarstellungen.
Nach innen versuchte Netanjahu mit der Rede, verlorenes Vertrauen
zurückzugewinnen – oder, wie Kritiker*innen sagen, Wahlkampf zu
betreiben. Demonstrativ trug er einen QR-Code am Revers, in der Mitte die
gelbe Schleife, das Symbol für den Kampf um das Leben der israelischen
Geiseln. Der QR-Code führte zu Videos über die Taten der Hamas am 7.
Oktober. Doch auf viele Familien von Geiseln wirkte dies vielmehr wie eine
billige Inszenierung, für die er die Geiseln instrumentalisierte.
Ähnlich wurde Netanjahus Anordnung aufgenommen, vor der Rede Lautsprecher
in Gaza aufzustellen, um die Geiseln direkt anzusprechen. Laut dem Büro des
Premiers seien diese nur entlang der Grenze aufgestellt worden, doch das
israelische Militär erklärte, sie seien auch innerhalb des Gazastreifens
aufgestellt worden. Laut einem früheren Bericht des israelischen
Fernsehsenders Channel 12 hatte sich die Armee ursprünglich gegen den
Befehl ausgesprochen, da er das Leben von Soldaten riskierte.
In der Mitte der Rede richtete Netanjahu dann das Wort an die Geiseln
direkt. Auf Hebräisch sagte er: „Wir haben euch nicht vergessen“, sagt er,
„nicht eine Sekunde.“
## Netanjahu: Palästinensischer Staat wäre „purer Wahnsinn“
Ob er mit diesem Schritt tatsächlich Vertrauen zurückgewinnen wird, ist
fraglich. Geiselangehörige werfen ihm Propaganda auf dem Rücken ihrer
Liebsten vor. Seit fast zwei Jahren protestieren sie, wie Tausende
Israelis, und fordern von Netanjahu den Krieg in Gaza zu beenden, um die
Geiseln zu befreien. Stattdessen aber, so der Vorwurf, führe er den Krieg
weiter, um sich an der Macht zu halten.
Die Mutter einer Geisel, Einav Zangauker, kritisierte den Premier scharf
dafür, dass er ihren Sohn als politisches Mittel benutze. „Das ist das
letzte Mal, dass Sie Matans Namen erwähnen“, warnte sie. „Er sagte Matan,
dass er ihn nicht vergessen habe, aber er erwähnte nicht, dass er seinen
Tod durch einen Luftangriff angeordnet hat.“ Noch lebt Matan, offiziellen
Angaben zufolge, so wie rund 20 weitere Geiseln, die neben bereits
getöteten Geiseln noch im Gazastreifen festgehalten werden.
Nachdem in der vergangenen Woche zahlreiche Länder [5][einen
palästinensischen Staat anerkannt] haben, erklärte Netanjahu ein weiteres
Mal der Gründung eines palästinensischen Staates eine Absage. Sie wäre
„purer Wahnsinn“. Dies nach dem 7. Oktober zu tun, sei so, als würde man
Al-Kaida nach dem 11. September einen Staat in der Nähe von New York City
geben, sagt er vor der UN-Vollversammlung. „Wir werden das nicht tun.“
Israel werde nicht zulassen, dass westliche Staaten ihm einen „Terrorstaat“
aufzwängen.
In Richtung Syrien und Libanon hingegen richtete er etwas anders gelagerte
Worte. Ein Abkommen mit Syrien sei erreichbar, sagt er vor der
UN-Vollversammlung. Den Libanon rief er zu direkten Verhandlungen auf. Ein
Sieg über die Hamas werde den Frieden mit Nationen in der gesamten
arabischen und muslimischen Welt ermöglichen. Auch ein friedliches
Zusammenleben mit der Bevölkerung des Iran sei möglich.
26 Sep 2025
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=OM2k01M-mck
[2] /Historische-Entscheidung-im-Libanon/!6105775
[3] /Israelische-Angriffe-auf-den-Jemen/!6114028
[4] /Anerkennung-Palaestinas-als-Staat/!6112545
[5] /Nahostkonflikt/!6114861
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
Benjamin Netanjahu
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Vereinte Nationen
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Gaza
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