# taz.de -- Michel Abdollahi über den Rechtsruck: „Die demokratischen Partei… | |
> NDR-Moderator Michel Abdollahi will Deutschland den Rechten streitig | |
> machen. Sein neues Buch „Es ist unser Land“ kämpft für Demokratie und | |
> Vielfalt. | |
Bild: Rechtsextremismus im Bundestag: AfD-Chefin Alice Weidel bei der Generalde… | |
taz: Herr Abdollahi, was wollen Sie im Titel Ihres Buches mit „Unser Land“ | |
ausdrücken? | |
Abdollahi: Das ist ein ganz besonderes Framing der Rechten. Die bestimmen | |
gerne, was ihnen gehört und anderen nicht gehören darf. Dem wollte ich | |
einen Riegel vorschieben und deutlich machen, dass Deutschland den | |
Demokraten gehört. | |
taz: Also sind die das „Wir“? | |
Abdollahi: Mit „Wir“ sind die Menschen gemeint, die an ein Gelingen dieses | |
Landes glauben. An die demokratische Grundordnung, Diversität, Vielfalt und | |
ein friedliches Deutschland, in dem alle zusammen leben möchten. | |
taz: Was hat sich seit Ihrem Buch „Deutschland schafft mich“ verändert? | |
Abdollahi: Alles. Was wir früher schrittweise Untergrabung der Demokratie | |
genannt haben, ist mittlerweile eine deutlich nach rechts gezogene | |
Grundordnung. Die demokratischen Parteien haben komplett [1][ihr Profil | |
aufgegeben] und sind auf Stimmenjagd, indem sie versuchen, es der [2][AfD | |
nachzumachen] und auch immer radikalere Position einzunehmen. | |
Demokratieförderprogramme werden abgesagt und wir reden plötzlich über | |
Wehrpflicht und Milliardenpakete zur Rettung der Bundeswehr. | |
taz: Sind Sie von den Deutschen enttäuscht? | |
Abdollahi: Nein, dafür hätte ich ja Erwartungen haben müssen. Aber es ist | |
frustrierend, dass die Leute so müde sind, für ihre Werte und ihre Zukunft | |
zu kämpfen. Wir sehen immer weniger [3][Demonstrationen], weniger | |
gesellschaftliche Bewegungen, weniger [4][vernünftige Stimmen im | |
öffentlichen Diskurs]. | |
taz: Warum schafft die AfD es besser als andere, Anhänger:innen zu | |
bekommen? | |
Abdollahi: Weil sie Dinge vereinfachen. Den Menschen geht es immer um ihr | |
Gefühl, weniger um Inhalte. Die rechten Parteien spielen mit Gefühlen. Ich | |
frage mich, warum sich die demokratischen Parteien nicht ernsthaft mit den | |
Menschen auseinandersetzen. Die rechten Parteien haben es dadurch sehr | |
einfach. Sie gucken sich an, was die anderen falsch machen, und dann sagen | |
sie, sie machen es besser. | |
taz: Welche Rolle spielen die Medien dabei? | |
Abdollahi: Die Medien haben es im Laufe der letzten Jahre vergeigt. Es | |
wurden bescheuerte Überschriften gewählt und furchtbare Cover benutzt. Das | |
wichtigste war Geld und Aufmerksamkeit. Die Rechten wurden eingeladen, als | |
wären das ganz normale Menschen, die am gesellschaftlichen Diskurs | |
teilnehmen möchten. Ihnen überall Plattformen zu geben, war nicht das | |
Richtige. Die taz hat da nicht mitgemacht, dass möchte ich herausheben. | |
taz: Was hätte es gebraucht? | |
Abdollahi: Ich hätte mir gewünscht, dass sich Medienhäuser zusammentun und | |
einen gemeinsamen Plan entwickeln, um gegen die Gefahr anzukommen. | |
taz: Ist das Grundproblem Rassismus? | |
Abdollahi: Ja, da hat sich leider überhaupt gar nichts verändert und wir | |
können auch nichts dagegen tun. Man muss akzeptieren, dass es in jeder | |
Gesellschaft Ablehnung gegen Menschen gibt, die anders aussehen oder | |
anderer Herkunft sind. Aber es muss Stellen geben, an die man sich wenden | |
kann, bei denen man wirklich Gehör findet, wenn einem so was passiert. Und | |
es muss am Ende auch Konsequenzen geben. | |
taz: Was sagt die spaltende Debatte in Deutschland über unsere Gesellschaft | |
aus? | |
Abdollahi: Dass wir ganz normale Menschen sind. Wir sind gar nicht die ganz | |
große, grandiose Gesellschaft. Uns fehlt es nach wie vor an Bildung. Wir | |
sind nach wie vor sehr bequem. Wir glauben gern das Einfachste. | |
taz: Wie kann denn nun verhindert werden, dass die Rechten das Land | |
übernehmen? | |
Abdollahi: Wir müssen für die Demokratie kämpfen, jeden Tag. Sie ist nicht | |
selbstverständlich. Wenn ich demonstrieren kann, muss ich es machen. Wenn | |
ich mich beschweren kann, muss ich mich beschweren. Wenn ich Nein sagen | |
kann, muss ich Nein sagen. Ich muss wählen gehen. Ich muss. Ich darf mich | |
keine Sekunde ausruhen. Müßiggang und Demokratie gehen nicht zusammen. Wenn | |
wir in Ruhe gelassen werden wollen, dann haben wir Deutschland den Rechten | |
überlassen. | |
3 Sep 2025 | |
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## AUTOREN | |
Leo Schurbohm | |
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