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# taz.de -- Treffen von Trump und Putin: Der neue Trump-Putin-Pakt
> Beim Treffen in Alaska beraten die Präsidenten der USA und Russlands über
> ein Kriegsende – durch Zugeständnisse der Ukraine. Selenskyj soll einem
> „Deal“ zustimmen.
Bild: Hat für Putin den roten Teppich ausgebreitet: US-Präsident Trump begrü…
[1][Nach dem Gipfeltreffen der Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin
in Alaska] sind die Umrisse der sich anbahnenden amerikanisch-russischen
Verständigung über die Ukraine klar geworden. Wie [2][die
Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag berichtete], soll die Ukraine
kampflos ihre wichtigsten Verteidigungslinien im Osten des Landes räumen.
Die Übergabe von Gebieten an Russland durch die Ukraine sei aus russischer
Sicht die Vorbedingung für eine „umfassende“ Friedensregelung, so soll es
Trump am Samstag in seinen Telefonaten mit europäischen Amtskollegen
dargestellt haben. „Trump sagte, er glaube, dass ein schneller Frieden
ausgehandelt werden kann, wenn Selenskyj zustimmt, Russland den Rest des
Donbass zu geben, auch die nicht russisch besetzten Teile“, [3][berichtet
die New York Times].
Konkret sieht der Plan vor, dass die Ukraine den letzten Teil des seit 2014
umkämpften Gebietes Donezk komplett an Russland übergibt – also die Region
von der belagerten Kleinstadt Pokrowsk bis zu den festungsartig ausgebauten
Stellungen rund um die Städte Kramatorsk und Slowjansk weiter nördlich, wo
sich momentan die intensivste Kämpfe abspielen und beide Seiten das Gros
ihrer Kampftruppen zusammengezogen haben. Im Gegenzug würde Russland den
Krieg im Süden des Landes entlang der bestehenden Frontlinie einfrieren,
die ohnehin größtenteils entlang des Dnipro verläuft und seit der
ukrainischen Befreiung der Stadt Cherson im November 2022 sowie den
begrenzten ukrainischen Vorstößen südlich von Saporischschja im Sommer 2023
weitgehend stabil ist. Insgesamt gesehen wäre dies weitgehend eine
ukrainische Kapitulation.
Für ein „umfassendes“ Friedensabkommen müssten außerdem, so wiederholte …
Präsident Putin am Samstag im Kreml, „die Wurzeln des Konflikts“ beseitigt
werden – das bedeutet, nimmt man vergangene Putin-Äußerungen zum Maßstab,
ein Ende der Unabhängigkeit und Bündnisfreiheit der Ukraine sowie insgesamt
der Nato-Militärpräsenz in ganz Osteuropa und damit ein russisches Veto
über die zukünftige Sicherheitsarchitektur in Europa. [4][Eigentlich
braucht man doch die Nato gar nicht, wenn wir beide uns so gut verstehen,
soll Putin Trump beim Gipfel von Alaska ins Ohr gesäuselt haben, neben
vielen anderen Schmeicheleien].
## Ein Handschlag auf dem roten Teppich
Das Treffen hatte mit einem Handschlag auf dem roten Teppich begonnen, auf
der Landebahn des US-Militärstützpunkts bei Anchorage [5][im US-Bundesstaat
Alaska]. Das US-Militär erwies dem vom Internationalen Strafgerichtshof mit
Haftbefehl gesuchten russischen Staatschef mit einem Überflug von Kampfjets
die Ehre, zum Gipfelort fuhr Putin mit Trump zusammen in dessen Limousine.
Man habe produktive Gespräche geführt, hieß es nach etwa drei Stunden
hinter verschlossenen Türen.
„Wir sind noch nicht dort, wo wir hinwollen, aber wir haben eine sehr gute
Chance, dorthin zu gelangen“, sagte Trump auf seiner gemeinsamen
[6][Pressekonferenz mit Putin] im Anschluss. Zum ersten Mal seit 2018
standen die beiden Männer wieder gemeinsam auf einer Bühne. Im Hintergrund
waren groß die Worte „Pursuing Peace“, also „Streben nach Frieden“ zu
lesen. Bei diesem Streben bleibt es vorerst, denn auch Putin machte keine
konkreten Zusagen. Laut ihm markierte das Treffen in Alaska allerdings
„einen Schritt Richtung Frieden“.
Der russische Präsident kann zufrieden sein. Von einem Waffenstillstand
zwischen Russland und der Ukraine vor Beginn von Friedensgesprächen, wie
ihn Trump bis dahin gefordert hatte, ist ausdrücklich keine Rede mehr – der
Krieg darf weitergehen, bis ein für Russland akzeptabler Friedensvertrag
steht. Von neuen US-Sanktionen gegen Russland, falls die russischen
Angriffe nicht enden, ist ebenfalls keine Rede mehr, auch nicht von
„Sekundärsanktionen“ gegen Staaten, die russisches Öl kaufen und damit
Russlands Krieg finanzieren.
Was genau Trump und Putin miteinander alles besprochen haben, blieb offen.
Das angesetzte erweiterte Treffen zwischen den Regierungsdelegationen
beider Länder fiel aus, ebenso das gemeinsame Mittagessen. Sicher lief
nicht alles in Putins Sinne. So wurde ihm ein [7][Brief der First Lady
Melania Trump] übergeben, worin er aufgefordert wird, „die Unschuld der
Kinder zu schützen“ und „ihr Lachen wiederherzustellen“ – der Den Haag…
Haftbefehl gegen Putin bezieht sich auf seine Rolle bei der Verschleppung
Tausender ukrainischer Kinder nach Russland.
## Vor allem für Putin ein Erfolg
Aber am Ende war das Treffen an sich vor allem für Putin ein Erfolg, da
waren sich alle Beobachter einig. „Zum Kotzen“ sei das, [8][schrieb in
gewohnter Klarheit der britische Ex-Premierminister Boris Johnson],
eigentlich ein Freund Trumps, aber ein noch engerer Freund Selenskyjs.
„Putin wird mit einem Lächeln im Gesicht nach Moskau zurückkehren“,
bilanzierte der ehemalige US-Botschafter in Russland, John Herbst. Trump
benotete hinterher das Treffen mit „zehn von zehn“ möglichen Punkten, im
russischen Fernsehen hieß es sogar „fünfzehn von zehn“.
Putin brachte auf der Pressekonferenz Moskau als möglichen Ort für ein
zweites Treffen ins Spiel. „Das wäre interessant“, sagte Trump mit einem
Lächeln auf den Lippen. Dabei lief Putins Moskau-Angebot seinem eigenen
Vorschlag zuwider, als Nächstes ein Dreiertreffen mit dem Präsidenten der
Ukraine abzuhalten – nach US-Berichten ist dafür Freitag, der 22. August
im Gespräch.
Zunächst will Trump am Montag Selenskyj im Weißen Haus empfangen – genau
dort, wo er ihn am 28. Februar gemeinsam mit seinem Vize J. D. Vance
[9][vor laufender Kamera zusammengeschissen] hatte. Voraussichtlich wird
Trump diesmal Putins Vorstellung eines Friedensplans unterbreiten und
Selenskyj dringend die Zustimmung empfehlen. „Mach einen Deal“, hatte Trump
in einem [10][Interview mit Fox News] direkt nach dem Treffen mit Putin auf
die Frage geantwortet, was er Selenskyj sagen wolle, und hinzugefügt:
„Jetzt liegt es wirklich an Präsident Selenskyj, die Dinge in die Tat
umzusetzen.“ Mit den „Dingen“ ist wohl Putins neuer Friedensplan gemeint.
Ein Telefonat zwischen Trump und Selenskyj am Samstag soll „schwierig“
verlaufen sein. Der ukrainische Präsident lehnt eine Übergabe des gesamten
Donbass an Russland rundheraus ab – das wäre bloß ein „Sprungbrett für d…
nächste Offensive“ Russlands, sagte er. Am Samstagabend [11][erklärte] der
ukrainische Präsident: „Wir sehen, dass Russland zahlreiche Rufe nach einem
Waffenstillstand zurückweist und noch nicht geklärt hat, wann es mit dem
Töten aufhört. Das verkompliziert die Lage.“
Wenn Russland nicht einmal zu einer einfachen Feuerpause bereit sei,
könnten weitergehende Verpflichtungen sehr schwer sein, fügte er hinzu. Er
verwies auf die Staaten Skandinaviens und des Baltikums, traditionell die
engsten Verbündeten der Ukraine in Europa, die in ihrer [12][gemeinsamen
Stellungnahme zum Alaska-Gipfel] auch die klarsten Worte wählten: „Die
Erfahrung lehrt, dass man Putin nicht trauen kann […] Die Wurzeln dieses
Krieges sind Russlands Aggression und imperialistische Ambition.“
## Europa zu deutlich mehr Zugeständnissen bereit
Das Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus am Montag wird nun mit Spannung
erwartet. Am Sonntag meldeten sich immer mehr Mitreisende – bis zum
Nachmittag EU-Kommissionspräsidentin [13][Ursula von der Leyen,
Nato-Generalsekretär Mark Rutte sowie die Staats- beziehungsweise
Regierungschefs von Deutschland], Finnland, Frankreich, Großbritannien und
Italien.
Noch am Sonntagnachmittag wollte diese europäische „Koalition der Willigen“
per Videoschalte ihre gemeinsame Position dazu festlegen. Das hatte sie
schon am vergangenen Mittwoch im Hinblick auf den Trump-Putin-Gipfel getan
und von Trump als Reaktion den Satz geerntet: „Europa sagt mir nicht, was
ich tun soll.“ Selenskyj traf am Sonntagnachmittag im Gebäude der
EU-Kommission in Brüssel ein.
Europas schon fast körperliche Solidaritätsbekundung mit Selenskyj kann
nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Europäer gegenüber Trump – und dam…
gegenüber Putin – zu deutlich mehr Zugeständnissen bereit zu sein scheinen
als die Ukraine.
So bekennen sich die europäischen Länder schon seit einer Weile nicht mehr
ausdrücklich zu den völkerrechtlich geltenden Grenzen der Ukraine. Schon
vor einer Woche erklärten sie stattdessen die aktuelle Frontlinie zum
„Ausgangspunkt“ von Friedensgesprächen, und zu Grenzveränderungen sagen
sie, diese dürften nicht „mit Gewalt“ geschehen – am Verhandlungstisch a…
schon, das wird impliziert. Die lange Zeit von europäischen Ländern
geforderten „Sicherheitsgarantien“ für die Ukraine verwässern immer mehr.
Von einer Nato-Mitgliedschaft ist schon länger keine Rede mehr; die noch
vor wenigen Monaten von Großbritannien und Frankreich in Aussicht gestellte
Friedenstruppe entlang einer Waffenstillstandslinie wird mangels
Kapazitäten und US-Beteiligung nicht mehr weiterverfolgt.
In der letzten gemeinsamen europäischen Erklärung von vergangenem
Donnerstag war von „eisernen Sicherheitsgarantien“ die Rede, der britische
Premierminister Keir Starmer sprach am Samstag von „robusten
Sicherheitsgarantien“, Bundeskanzler Merz nur noch von einer „Absicherung“
eines Friedensschlusses mit Russland. Auch Trumps Abkehr von einer
Waffenruhe als Voraussetzung für Friedensgespräche mit Putin trägt Merz
mit.
Unabhängig von allen diplomatischen Manövern geht der Krieg weiter. Den
jüngsten russischen Vorstoß im Donbass hat die Ukraine nach eigenen Angaben
weitgehend zurückgeschlagen – genau in dem Gebiet, das sie nach Putins und
Trumps Vorstellungen jetzt der russischen Armee freiwillig überlassen soll.
17 Aug 2025
## LINKS
[1] /Treffen-von-Trump-und-Putin/!6107287
[2] https://www.reuters.com/world/china/outline-emerges-putins-offer-end-his-wa…
[3] https://www.nytimes.com/2025/08/16/world/europe/trump-putin-ukraine-ceasefi…
[4] /Trump-Putin-Gipfel-in-Alaska-/!6107289
[5] /Trump-trifft-Putin/!6103398
[6] https://www.youtube.com/watch?v=luzCKDJGq6Q
[7] https://x.com/spectatorindex/status/1956816125196661233
[8] https://www.dailymail.co.uk/debate/article-15006137/BORIS-JOHNSON-Alaska-Uk…
[9] /Ukraines-Praesident-in-Washington/!6072965
[10] https://x.com/eshaniverma809/status/1956592911048491072
[11] https://www.kyivpost.com/post/58341
[12] https://www.regjeringen.no/en/aktuelt/joint-statement-of-the-leaders-of-th…
[13] /Europa-nach-dem-Putin-Trump-Treffen/!6104868
## AUTOREN
Dominic Johnson
Hansjürgen Mai
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