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# taz.de -- Russland und Ukraine: Ukrainische Gebietsabtretungen im Tausch für…
> Darüber, ob man verhandelte Gebietsabtretungen in Kauf nehmen muss, um
> den Krieg zu beenden, gibt es in der taz-Redaktion Dissens. Ein Pro und
> Contra.
Bild: Quo vadis Ukraine
Sollte die Ukraine Gebiete abtreten müssen, um dadurch für Frieden zu
sorgen?
## Pro
Von Gereon Asmuth
Zwar wären Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland ein Gewinn für Putin
und eine schwer erträgliche Niederlage für die Ukraine. Doch es ist der
einzige Weg, den ebenso unerträglichen Krieg zu beenden.
Denn wie enden Kriege? Möglichkeit 1: durch einen militärischen Sieg,
sodass der Gegner kapitulieren muss – wie 1945. Aber das ist im
Ukrainekrieg ausgeschlossen. Ein militärischer Sieg über Russland ist ohne
weltweite Eskalation undenkbar. Umgekehrt bleibt ein Triumph Putins in
Kyjiw leider möglich, wenn der Ukraine die Luft ausgeht, [1][worauf die
aktuelle russische Offensive] an der Front hindeutet. Das aber kann niemand
wollen.
Möglichkeit 2: Der Krieg fährt sich fest. Ohne Absprache. Mit der ständigen
Gefahr, dass er wieder ausbricht. Sicherheit, Stabilität, Frieden sogar
wird somit ein Ding der Unmöglichkeit.
Bleiben noch zwei Optionen: Der Krieg endet eben nicht – mit allen fatalen
Konsequenzen. Oder die Verhandlungslösung. Natürlich wäre es traumhaft,
wenn Putin den Rückzug seiner Truppen aus der Ukraine verfügte. Aber das
wird nicht passieren.
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in den vergangenen Tagen zwei
Punkte betont. Die Ukraine werde ihr Land dem Besatzer nicht schenken. Und
über territoriale Veränderungen müsse ein Referendum entscheiden. Beides
lässt sich als klare Absage an den Trump-Putin-Deal lesen. Oder eben als
Einstieg in die Verhandlungen. Etwa weil Land nicht verschenkt wird,
sondern weil die Abtretung der hohe Preis ist, den man bereit ist zu
zahlen, wenn die Ukraine dafür etwas bekommt. Dauerhafter Krieg ist
schmerzhafter als ein eigentlich unakzeptables Kriegsende. Ein Frieden über
die Köpfe der Ukrainer:innen hinweg aber ist kein Frieden.
Die große Frage bleibt: Könnte man Putin trauen, dass er sich an ein
solches Abkommen hält? Die Antwort ist: Nein. Ohne eine Westanbindung der
Ukraine oder zumindest Friedenstruppen von der UN oder Drittstaaten wird es
nicht gehen. Selbst dann gibt es keine Garantie, dass der Krieg nicht
wieder ausbricht. Aber ohne eine Verhandlung gibt es unweigerlich weiter
Krieg, Zerstörung und Tod.
## Contra
Von Barbara Oertel
Der Forderung nachzugeben, würde bedeuten, einen völkerrechtswidrigen
Landraub zu legitimieren und den Aggressor auch noch für sein
verbrecherisches Tun zu belohnen.
Wenn’s denn der Wahrheitsfindung dient, lautet eine gängige Redewendung.
Leicht abgewandelt ließe sich über die Forderung in Russlands Angriffskrieg
gegen die Ukraine sagen: Gebietsabtretungen, wenn’s denn dem Frieden dient.
Und da darf es dann gerne auch mal ein wenig mehr sein.
In den vergangenen Tagen geistert immer mal wieder der Begriff
[2][„Gebietstausch“ durch die Nachrichten]. Übersetzt heißt das:
ukrainische Gebiete gegen gewaltsam besetzte ukrainische Gebiete zu
tauschen. Geht’s noch?
Die Rede ist von vier ukrainischen Gebieten, die russische Truppen zu mehr
oder minder großen Teilen besetzt halten. Eben diese Gebiete will sich der
russische Präsident jetzt in Gänze einverleiben, unter diesem
Mindesteinsatz macht es der Kreml nicht, um überhaupt an den
Verhandlungstisch zu kommen.
Bei diesen zynischen Planspielen völlig aus dem Blick geraten die Menschen
in der Ukraine, die schon jetzt unter russischer Besatzung leben und leiden
müssen. Woher wissen wir eigentlich, wie viele von ihnen bislang nicht
durch Raketen oder Drohnen, sondern durch die Hand ihrer „Befreier“ und
„Beschützer“ zu Tode gekommen sind?
Kurzum: Russland, das tagtäglich seinen Willen zum Frieden mit
flächendeckenden Bombardierungen des Nachbarn demonstriert, nachzugeben,
käme für die Ukraine einem Suizid auf Raten gleich. Doch damit hört es
nicht auf. Welche Garantien haben wir, dass sich Moskau mit dem Erreichten
zufrieden gibt? Eben. Auf diese Frage bleiben die Befürworter*innen
von Gebietsabtretungen leider eine Antwort schuldig.
In seinem Buch „Wenn Russland gewinnt“ wirft der Politikwissenschaftler und
Militärexperte Carlo Masala einen Blick in die Glaskugel. Russische Truppen
nehmen die estnische, größtenteils von russischstämmigen Menschen bewohnte
Stadt Narva ein. Noch ist das nicht mehr als ein Zukunftsszenario. Es
fragt sich allerdings, wie lange noch.
13 Aug 2025
## LINKS
[1] /Krieg-in-der-Ukraine/!6106938
[2] /Geplantes-Treffen-von-Trump-und-Putin/!6102810
## AUTOREN
Gereon Asmuth
Barbara Oertel
## TAGS
Friedensforschung
Pro und Contra
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