# taz.de -- Kasernen statt Wohnungen: Bundeswehr will Fliegerhorst zurückerobe… | |
> Auf dem ehemaligen Marine-Gelände an der Förde plant die Stadt Kiel seit | |
> Jahren Wohnungen. Jetzt meldet das Militär wieder Bedarf an. | |
Bild: Von Freizeitsportlern vereinnahmt: ehemaliges Fliegergelände in Kiel-Hol… | |
Kiel taz | Noch immer warnt ein Schild am Wachhäuschen vor dem Betreten des | |
ehemaligen Geländes des Marinefliegergeschwaders 5 (MFG 5) im Kieler | |
Ortsteil Pries. Doch der Schlagbaum ist lange verschwunden, auf der | |
früheren Zufahrtsstraße rollen Fahrräder, drehen Kinder auf Rollern und | |
Jogger:innen ihre Runden. | |
2013 verließ die Bundeswehr das Gelände, die Stadt Kiel plant seit Jahren, | |
dort ein neues Wohnviertel zu errichten. Überraschend verlangt die | |
Bundeswehr das Grundstück zurück. Es gibt Protest – und Verhandlungen mit | |
offenem Ausgang. | |
„Holtenau Ost“, wie der neue Stadtteil heißen soll, liegt nördlich des | |
Nord-Ostsee-Kanals an der Kieler Förde. Über den ehemaligen | |
Kasernengebäuden kreisen Möwen. Etwas entfernt hat sich die | |
Bauwagen-Kolonie „Schlagloch“ angesiedelt. | |
Doch geht es nach der Stadt, sollen auf dem 73 Hektar große Gelände rund | |
2250 Wohnungen entstehen. 13 Hektar sind für Wirtschaft und Gewerbe | |
vorgesehen, weitere 20 Hektar für Wald. In dem „Zukunftsquartier“ sollen | |
Kitas, Sport und Freizeiteinrichtungen ihren Platz finden, so beschreibt | |
eine Homepage die „Vision“ eines „wertvollen Standorts für | |
gemeinschaftliches Handeln, Vielfalt und Austausch von Ideen“. | |
## Womöglich umsonst geplant | |
Doch nun hat die Marine das Gebiet wieder in den Blick genommen. Nach einem | |
Gespräch mit Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) sagte Alexander Götz, der | |
für Infrastrukturfragen der Bundeswehr zuständige Abteilungsleiter im | |
Bundesverteidigungsministerium: „[1][Die Marine steht wie die übrigen | |
Streitkräfte vor einem enormen Aufwuchs-Programm]. Dies wird alle | |
Küstenstandorte betreffen. Kiel hat dabei eine besondere Rolle.“ | |
Holtenau Ost erscheine „für Investitionen unsererseits besonders geeignet“. | |
Es solle daher in Gesprächen ausgelotet werden, wie „die Pläne der Stadt | |
mit den Erfordernissen der Landesverteidigung und der Stationierung | |
weiterer Einheiten in Einklang bringen lassen“. | |
Viele Jahre Planung, und nun alles umsonst, weil die Marine es will? „Die | |
Ankündigung, dass die Marine das MFG 5-Gelände in Holtenau-Ost zurückkaufen | |
will, ist ein echter Schlag ins Gesicht aller Menschen in Kiel, die in den | |
letzten Jahren viel Hoffnung, Zeit und Engagement in die Entwicklung des | |
MFG5-Geländes gesteckt haben“, sagt die Kieler Bundestagsabgeordnete Tamara | |
Mazzi (Die Linke). | |
Würde das Gelände ganz oder teilweise wieder abgegeben, wäre das „eine | |
Verschwendung von Ressourcen und würde eine Missachtung der Bedürfnisse | |
unserer Gemeinschaft bedeuten“, so Mazzi weiter. | |
Auch Ove Schröter, Kieler Stadtrat Der Partei, erinnert an die Kosten und | |
die Arbeit, die bereits aufgewendet wurde: „Die Stadt und das Land haben 30 | |
Millionen Euro für das Gelände gezahlt. Und seitdem sind weitere Millionen | |
in Planung, Sanierung und Erschließung geflossen.“ | |
Auch Samet Yilmaz, Fraktionsvorsitzender der Grünen-Ratsfraktion und | |
Oberbürgermeister-Kandidat, will nicht „jahrelange Planungen, erhebliche | |
Mittel und noch mehr Personal- und ehrenamtlicher Einsatz“ einfach über | |
Bord werfen. Zudem wolle die Stadt mit der Fläche den Wohnraumbedarf | |
decken. | |
Dennoch sieht er den Bedarf der Marine: „Kiel wird sowohl als Wohnstandort | |
als auch als Verteidigungsstützpunkt gebraucht.“ Es sei aber die Frage, ob | |
dieses Gelände die einzig sinnvolle Option für die Bundeswehr darstelle. | |
Dass Kiel lebenswerter Wohnort und [2][gleichzeitig Teil der wehrhaften | |
Demokratie sei,] bedeutete „für uns ist das keinen Widerspruch, sondern | |
eine gemeinsame Aufgabe moderner Stadtentwicklung“. | |
Die CDU dagegen kritisiert die Verwaltung: „Seit weit über einem Jahrzehnt | |
wird geplant, aber ein tatsächlicher Fortschritt ist nicht erkennbar“, sagt | |
Jan Wohlfahrt, baupolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion. Die immer | |
wieder genannten Wohnungen sind bislang nicht mehr als ein politisches | |
Versprechen geblieben. | |
## Nicht die einzige Option | |
Der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, Carsten Rockstein, sagte nach der | |
Ratsversammlung Mitte Juli, es sei „nach der Anfrage der Bundeswehr an der | |
Zeit, die Planungen grundsätzlich zu überdenken“. Die CDU stehe zur | |
städtebaulichen Verantwortung, aber auch zur Marine und der | |
Verteidigungsfähigkeit. | |
Zurzeit ist aber noch vieles offen, sagte [3][Bürgermeister Ulf Kämpfer | |
(SPD)] der taz: „Es liegt kein konkreter Vorschlag vor.“ Er hoffe auf | |
Verhandlungen, bei denen am Ende beide Seiten auf einen Kompromiss einigen, | |
und er gehe davon aus, dass die Bundeswehr ebenfalls so ein Ergebnis wolle. | |
„Es gibt weitere Bundeswehr-Liegenschaften in Kiel, und auch innerhalb des | |
MFG-5-Geländes sind für uns einige Bereiche attraktiver als andere“, so der | |
Oberbürgermeister. | |
Denkbar wäre zum Beispiel eine [4][Teilung der 73 Hektar großen Fläche]. | |
Nahe am Wasser könnte, wie geplant, neuer Wohnraum entstehen, dahinter | |
könnten die Marine wieder einziehen. Bis spätestens Jahresende soll eine | |
Entscheidung fallen. | |
28 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Marinechef-im-Gespraech-ueber-Krieg/!6091015 | |
[2] /Aktionen-auf-der-Kieler-Woche/!6092755 | |
[3] /Schleswig-Holsteins-SPD-im-Vorwahlkampf/!6098667 | |
[4] https://www.kiel.de/de/kiel_zukunft/kiel_plant_baut/sanierungsgebiet_holten… | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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