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# taz.de -- Ehemaliges Militärgelände in Deutschland: Rückkehr der Soldaten
> Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine wird die
> Verteidigungspolitik neu ausgerichtet. Ein Ende der Ära der Konversion
> ist absehbar.
Bild: Ein ehemaliger Bunker der US-Streitkräfte im Ober-Olmer Wald in Rheinhes…
Berlin taz | Wo früher Soldat:innen wohnten, decken heute Mütter und
Väter den Frühstückstisch. Wo früher Schießübungen stattfanden, wandern
Menschen durch Naturschutzgebiete. Durch den Abzug der Nato-Truppen aus
Deutschland wurden bis 2020 [1][laut der Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben (Bima) 400.000 Hektar Land frei.] Die sowjetischen
Streitkräfte hatten laut Recherchen des Museums Karlshorst (ehemals
Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst) [2][eine Fläche in der Größe
des Saarlandes besetzt]. Der größte Teil davon ist bereits für die
Konversion freigegeben worden.
Auch die Bundeswehr reduziert seit Jahrzehnten ihre Standorte und Flächen.
Im aktuellen [3][Stationierungskonzept] wurden 31 Standorte zur Schließung
angekündigt und 90 weitere sollten drastisch verkleinert werden. Die
Umnutzung von ehemals militärisch genutzten Flächen war in den vergangenen
Jahrzehnten das Gebot der Stunde. Nicht nur Land sollte entmilitarisiert
werden. Seit dem Ende des Kalten Krieges wurde die deutsche
Verteidigungspolitik grundlegend neu ausgerichtet: Die Wehrpflicht wurde
ausgesetzt, der Verteidigungshaushalt gekürzt und der Truppenbestand der
Bundeswehr mehr als halbiert.
Doch seit zwei Jahren befindet sich Europa wieder im Krieg. 2022 verkündete
der deutsche Bundeskanzler die Zeitenwende. Das 2-Prozent-Ziel der Nato,
dass jedes Bündnisland 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die
Verteidigung investiert, würde erfüllt werden. 100 Milliarden Euro würden
in das Sondervermögen der Bundeswehr fließen. Kurzum: „Was für die
Sicherung des Friedens in Europa gebraucht wird, das wird getan“, sagte
Olaf Scholz (SPD) damals, nur drei Tage nach dem Einmarsch Russlands in die
Ukraine.
Seither ist viel passiert. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will
Deutschland wieder „kriegstüchtig“ machen. Er will sein Ressort umkrempeln
und effizienter machen. Dazu soll die Bundeswehr erstmals dauerhaft im
europäischen Ausland stationiert werden. Spätestens 2027 sollen 5.000
Soldat:innen einer Kampfbrigade in Litauen die Ostflanke der Nato
schützen.
## „Gut ausgebildete Reserve“
Pistorius will nicht nur die Truppen im EU-Ausland verstärken. Die
Bundeswehr soll auf 203.000 Soldat:innen aufgestockt werden. Derzeit
sind es knapp 181.000. Dazu veröffentlichte der Verteidigungsminister im
November neue Richtlinien für sein Ministerium. Darin wird unter anderem
eine „gut ausgebildete Reserve“ gefordert, die im Falle einer Landes- und
Bündnisverteidigung für Verstärkung sorgen soll.
Hält der aktuelle Trend der Militarisierung an, wird die Bundeswehr
irgendwann Flächen für ihre Expansion benötigen. Der taz sind noch keine
Fälle bekannt, in denen der Bund bereits konvertierte Flächen zurückfordern
will. Doch ein Fall in Gütersloh zeigt, was möglich ist. [4][Der Flugplatz
der Stadt in Nordrhein-Westfalen] wurde während des Zweiten Weltkriegs von
der deutschen Luftwaffe genutzt. Nach Kriegsende lag der Militärflugplatz
in der britischen Besatzungszone. Bis 2018 wurde die Fläche von
verschiedenen britischen Militäreinheiten genutzt. Als sich die britischen
Streitkräfte aus Deutschland zurückzogen und der letzte Hubschrauber
abgehoben hatte, wurde das Gelände an die Bima übergeben.
Inzwischen ist der Flugplatz in zwei Teile geteilt: Seit 2017 gehört der
nördliche Teil der Gewerbepark Flugplatz Gütersloh GmbH, die zu 70 Prozent
im Besitz der Stadt Gütersloh ist. Der südliche Teil gehört weiterhin der
Bima, die für die Konversion ehemaliger Militärflächen zuständig ist.
[5][Auf deren Website wird der Flughafen auch noch als „Konversionsfläche“
bezeichnet.]
Doch das könnte sich bald ändern. Seit 2023 liegt ein Antrag der
US-Luftwaffe vor, den südlichen Teil des Flugplatzes wieder militärisch
nutzen zu dürfen. Auf Nachfrage der taz wollten weder die Bima noch die
Gütersloh GmbH sagen, wie weit die Verhandlungen über die Remilitarisierung
des Flugplatzes fortgeschritten sind. Die Anfrage der U.S. Air Force lässt
jedoch erahnen, in welche Richtung künftig konvertiert wird.
6 Feb 2024
## LINKS
[1] https://schweinfurt.bundesimmobilien.de/dokumentationsfilm-zur-konversion-e…
[2] http://wgt.museumsserver.de/
[3] https://www.bundeswehr.de/de/aktuelles/meldungen/stationierungsentscheidung…
[4] https://www.guetersloh.de/de/rathaus/fachbereiche-und-einrichtungen/stabsst…
[5] https://britenabzug.bundesimmobilien.de/konversionsstandort-guetersloh-3aa9…
## AUTOREN
Clara Suchy
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