# taz.de -- Verteidigungsminister über Dienstpflicht: Pistorius für Debatte | |
> Laut dem neuen Verteidigungsminister sei die Diskussion um eine mögliche | |
> Dienstpflicht „wertvoll“. Es sei wichtig, junge Menschen zum Thema zu | |
> hören. | |
Bild: Sieht gute Argumente für eine Dienstpflicht: Verteidigungsminister Boris… | |
BERLIN dpa | Verteidigungsminister Boris Pistorius sieht gute Argumente für | |
eine allgemeine Dienstpflicht in Deutschland zur Stärkung von | |
Katastrophenschutz, Bundeswehr und Rettungsdiensten. Für eine politische | |
Meinungsbildung in dieser Frage müsse aber die Stimme der jüngeren Menschen | |
gehört werden, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in | |
Berlin. „Ich habe mich ausdrücklich nicht für die Reaktivierung der | |
Wehrpflicht ausgesprochen“, betonte er. Vielmehr halte er die Diskussion um | |
eine allgemeine Dienstpflicht „für wertvoll“. | |
Die Wehrpflicht war 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen | |
CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ausgesetzt worden, was | |
in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Der | |
[1][russische Angriff auf die Ukraine] hatte zuletzt wiederholt [2][eine | |
Debatte um diese Frage] ausgelöst. | |
Nach verbreitetem Verständnis wird unter dem Begriff einer allgemeinen | |
Dienstpflicht verstanden, dass Bürger für eine gewisse Zeit einen Dienst | |
für die Allgemeinheit leisten. Dabei könnte die Bundeswehr dann eine Option | |
neben anderen Tätigkeiten etwa im sozialen Bereich sein. | |
Als 62-Jähriger sei er zurückhaltend, „einer Generation, die sowieso schon | |
eine schwierige Zukunft vor sich hat, jetzt mal eben so eine allgemeine | |
Dienstpflicht aufzubürden“, sagte Pistorius. „Was aus meiner Sicht dafür | |
spräche? In den vergangenen Monaten ist der Eindruck entstanden, dass | |
manche nicht die nötige Wertschätzung für Feuerwehr und Rotes Kreuz, | |
Polizei und Bundeswehr aufbringen. Die allgemeine Dienstpflicht könnte | |
helfen, die Menschen und die staatliche Organisationen wieder ein Stück | |
näher zusammenzubringen“, sagte er. | |
## Pistorius fordert erneut mehr Geld für Bundeswehr | |
Pistorius äußerte sich überzeugt, dass Verteidigungsbereitschaft einerseits | |
und Zivilschutz und Katastrophenhilfe andererseits zusammengedacht werden | |
müssten. „Deutschland hat den Bereich Zivilschutz und Katastrophenhilfe zu | |
lange nicht in ausreichendem Maß beachtet. Es fehlte lange an Geld für die | |
Katastrophenhilfe, für Fahrzeuge und Ausrüstung. Alle hofften, dass man es | |
nie braucht“, sagte er. Ähnlich wie bei der Verteidigung gelte: „Die Kosten | |
sind hoch, ohne dass man den langfristigen Nutzen unmittelbar wahrnimmt.“ | |
Pistorius, [3][der zuvor Landesinnenminister in Niedersachsen war], hatte | |
in der vergangenen Woche die ukrainische Stadt Kiew besucht und sich dort | |
über die militärische Lage und auch die Abwehr von russischen Angriffen auf | |
die zivile Infrastruktur des Landes informiert. | |
„Wir müssen volle Verteidigungsfähigkeit einerseits und Unterstützung eines | |
angegriffenen Landes wie der Ukraine anderseits gewährleisten. Das ist | |
jetzt die große Herausforderung. Und da darf man sich nichts vormachen, das | |
lässt sich nicht über Nacht regeln“, sagte er. | |
## Verteidigungsfähigkeit statt Kriegswirtschaft | |
„Klar ist, dass die Bundeswehr besser ausgestattet werden muss. Das | |
bedeutet nicht nur die Einsicht, dass das Sondervermögen nicht ausreichen | |
wird, sondern auch, dass der Verteidigungshaushalt erhöht werden muss. Denn | |
die laufenden Kosten steigen auch mit der Zeitenwende, mit jedem | |
Waffensystem, das angeschafft wird, durch die Unterhaltungskosten.“ | |
Pistorius ist aber nicht dafür, für das Hochfahren der eigenen | |
Rüstungsindustrie mit Begriffen wie dem Konzept einer Kriegswirtschaft zu | |
arbeiten. „Es geht nicht um Kriegswirtschaft, also nicht um eine | |
Wirtschaft, die vom Staat auf die Führung eines Krieges vorbereitet oder | |
ausgerichtet wird. Vielmehr geht es um Verteidigungsfähigkeit“, sagte er. | |
„Die Industrie hat ein Interesse daran, Verlässlichkeit und | |
Planungssicherheit zu bekommen – sowohl was die Abnahme durch die | |
Bundeswehr betrifft als auch auf die Möglichkeit zu exportieren. Klar ist | |
auch: Wir haben ein Interesse daran, dass wir prioritär behandelt werden, | |
wenn wir etwas bestellen. Wir brauchen Planungssicherheit. Ich arbeite | |
derzeit mit aller Kraft daran, die Beschaffung im engen Austausch mit der | |
Rüstungsindustrie zu beschleunigen.“ | |
15 Feb 2023 | |
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