| # taz.de -- Der Filmemacher Bernhard Marsch: Apologet des Kinos | |
| > Wo der Filmemacher auftauchte, war Kino. Über ein Leben jenseits der | |
| > Filmförderung und voll rheinischem Singsang. | |
| Bild: Berhard Marsch am 15.4.2023 vor dem „Bounty“ Wandgemälde von Uli Wes… | |
| Wenn man ihn einmal gesehen hatte, tauchte er immer wieder auf: Der | |
| Filmemacher Bernhard Marsch verfolgte eine unabhängige, beneidenswert | |
| eigensinnige Arbeit. Freibäder und Badeseen, Kneipengespräche. Ein | |
| Autofahrer, gespielt vom Filmemacher selbst, der in seinem C & A-Wagen | |
| Hippie-Anhalter mit einem finsteren Geheimnis aufgabelte. | |
| Und immer wieder [1][Köln, seine Stadt]. Bernhard Marsch reiste durch die | |
| Republik, machte Halt in Frankfurt, wo er eine Auswahl seiner Arbeiten auf | |
| Zelluloid präsentierte. Es schwang ein Versprechen mit in seinen Arbeiten. | |
| Auf eine andere Art von BRD-Kino, in dem die Figuren die Handlung | |
| vorantreiben, in dem man ihnen vor allem so gerne folgt. | |
| Und wenn es nur darum geht, ihnen eine Viertelstunde beim Sichunterhalten | |
| in der Uni-Mensa zuzuhören und dabei ziemlich gut unterhalten zu werden. | |
| Der rheinländische Singsang hatte Appeal. Dies war also die erste Begegnung | |
| mit Bernhard Marsch und seinen Filmen, die er teils als Mitglied der | |
| „Kölner Gruppe“ schuf (bekannt wurde der Kinofilm „Die Quereinsteigerinn… | |
| von Rainer Knepperges und Christian Mrasek). | |
| Wenn man ihn einmal gesehen hatte, dann sah man ihn immer wieder, ohne sich | |
| wirklich zu kennen. Am Rande des Kurzfilmfestivals in Köln, in Kneipen | |
| rundherum, an der Kasse vorm Kino des Filmclubs 813, dem er vorstand und | |
| dessen Fortbestehen er 2020 nach einer Kündigung durch den im selben Haus | |
| befindlichen Kölnischen Kunstverein (inzwischen unter neuer Leitung) | |
| kämpferisch verteidigte. | |
| ## Mit der Sackkarre voller Zelluloid | |
| „Nous restons-là“, war ob der drohenden Räumung seitdem auf der Webseite | |
| und zeitweilig auch in der Vitrine am Kinogebäude zu lesen. Auch, wenn | |
| persönliche oder bürokratische Konflikte sicher eine Rolle gespielt haben | |
| mögen, konnte man in diesem ungleichen Streit zwischen einem immerhin | |
| etablierten und einem allenfalls mit der Almosen-Gießkanne bedachten, in | |
| Eigenengagement bespielten Kulturort doch ein Sinnbild für die | |
| Ungleichwertigkeit jener Sphären, mindestens in Deutschland, erkennen. | |
| Ein Text wie dieser hätte zu einem ganz anderen, freudigen Anlass | |
| erscheinen sollen. Im Juni ging die fürchterliche Nachricht eines tödlichen | |
| Straßenbahnunfalls durch die Presse. Es war, wie wenige Tage später | |
| vermeldet, Bernhard Marsch, auf dem Weg zum Filmclub unterwegs. | |
| Bernhard Marsch, 1962 in Hennef geboren, war Filmemacher, Schauspieler | |
| (neben den eigenen Filmen spielte er zum Beispiel im „Tatort“ mit) und | |
| ausgewiesener Kino-Apologet, der Filmrollen aus Kellern und Archiven | |
| hervorholte, um sie öffentlich zu zeigen. Neben Köln war er mit der | |
| Sackkarre voller Zelluloid in der gesamten Republik unterwegs. Mit seinem | |
| eigenen Filmprogramm reiste er mitunter nach Los Angeles, ins UK oder nach | |
| Nebraska. | |
| Und immer wieder eben an den Main, wo er eingeladen vom Filmkollektiv | |
| Frankfurt vor einigen Jahren seinen wohl bekanntesten Film „Wohnhaft“ | |
| vorstellte, eine wunderbar komische, traurige, staunenswerte filmische | |
| Wegbahnung durch die zugestellte, eigene Behausung. Bei der ebenfalls vom | |
| Filmkollektiv ausgelobten Retrospektive zum Blaxploitation-Regisseur | |
| [2][Melvin Van Peebles] traute sich Marsch, als Einziger inmitten des eher | |
| schüchternen Frankfurter Publikums, dem US-Amerikaner eine Frage zu | |
| stellen: „Do you still have enemies?“ | |
| ## Er habe noch hunderte Trailer | |
| An diesem Abend spottete Van Peebles übrigens noch über die europäische | |
| Schönwetter-Vorstellung von Kunst: Viel Lob gebe es hier für Filmemacher | |
| wie ihn, aber keine Kohle. Das verband ihn dann sicherlich auch mit | |
| [3][Bernhard Marsch, dessen Filme man als Ultra-Independent bezeichnen | |
| müsste], die aber durchaus ihre Vorbilder in der randständigeren | |
| BRD-Filmgeschichte hatten. Weitestgehend unabhängig vom kommerziell | |
| ausgerichteten Filmförderbetrieb, aber auch beispielsweise vom arty | |
| Kunsthochschulfilm verfolgte er eine beneidenswert eigensinnige Arbeit. | |
| Er habe noch Hunderte Trailer auf der Festplatte, hörte ich ihn mal am | |
| Rande eines Filmfestivals sagen. Er sprach das Träh-ler aus, und es | |
| erschien irgendwie ausgemacht, dass man einige davon in welcher Form auch | |
| immer eines Tages auf der Kinoleinwand würde sehen können. | |
| 26 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katharina J. Cichosch | |
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