# taz.de -- Professorin über Gender-Studies: „Es wird versucht, uns in eine … | |
> Die Geschlechterforschung steht unter massivem politischen Beschuss. | |
> Nicht nur in den USA sei die Disziplin gefährdet, sagt Professorin Tina | |
> Spies. | |
Bild: Altbekannte Schieflage: DGB-Demo zum Equal Pay Day im März 2016 in Berlin | |
taz: Frau Spies, sind Gender-Studies nur eine Ideologie? | |
Tina Spies: Das ist natürlich Quatsch. Durch die Evaluation der | |
Gender-Studies vom Wissenschaftsrat 2022 ist das auch sehr deutlich gezeigt | |
worden. Diese Evaluation kann als eine Reaktion auf genau diese Vorwürfe | |
der AfD und anderer rechtsorientierter Parteien gelesen werden. Das hat | |
schlussendlich dazu geführt, dass die Gender-Studies gestärkt wurden, weil | |
dadurch unterstrichen wurde, dass es eben keine Ideologie, sondern | |
Wissenschaft ist, die wir betreiben. Ich glaube aber, dass wir das auch | |
immer wieder deutlich machen müssen. | |
taz: Wie kann das aussehen? | |
Spies: Vielleicht ein kleines Beispiel: Von der Sektion Frauen und | |
Geschlechterforschung in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie planen | |
wir in Kooperation mit der Sektion Soziologische Theorie Anfang nächsten | |
Jahres eine Tagung, bei der wir zeigen wollen, welche theoretischen Impulse | |
für die soziologische Theorie aus der Geschlechterforschung kommen. | |
taz: Warum sollte man sich mit Geschlecht und Gender auseinandersetzen? | |
Spies: Weil Gender nach wie vor eine zentrale Dimension sozialer | |
Ungleichheit ist. Über den Gender-Pay-Gap sprechen wir schon lange. Aber es | |
geht eben auch um Ungleichheiten in der Betreuung und Sorgearbeit. Darüber | |
hinaus gibt es einen Einkommens- und Vermögens-Gap, wenn es beispielsweise | |
um die Rente und die Altersversorgung geht. Neben den wirtschaftlichen | |
Aspekten haben wir [1][auch einen Gender-Gap in der Medizin]. Das sehen wir | |
daran, dass Frauengesundheit noch immer weitgehend unerforscht ist und es | |
hier noch große Bildungslücken gibt. Gleichzeitig ist Gender und Geschlecht | |
immer ein Querschnittsthema, das unterschiedlichste Lebensbereiche | |
beeinflusst. | |
taz: In den USA steht Ihre Disziplin unter enormem finanziellen und | |
politischen Druck. | |
Spies: Die Situation in den USA ist schwierig und absolut nicht | |
vorhersehbar, weil Trumps Politik so unvorhersehbar ist. Das muss für uns | |
in Deutschland und die anderen europäischen Länder ein absolutes Warnsignal | |
sein. Wir müssen sehen, wo wir uns solidarisieren und gemeinsam Maßnahmen | |
verankern – an den Universitäten, aber auch in Betrieben und Institutionen. | |
taz: Erkennen Sie ähnliche Entwicklungen in Deutschland? | |
Spies: Ja, absolut. Wir sehen die Gefahr im Erstarken der AfD. Vor allem in | |
den Ländern, in denen sie zumindest eine Sperrminorität hat. Dass die AfD | |
künftig an Regierungen beteiligt sein könnte, halte ich für realistisch. | |
Deshalb müssen wir uns Gedanken machen, was das für zukünftige Projekte | |
heißen wird. Gibt es auch weiterhin eine Förderung von Gender-Projekten? | |
Gibt es Gelder für Professuren, die Genderlehre und Forschung? Gleichzeitig | |
gilt dies nicht nur für die Gender Studies, sondern auch für andere | |
Disziplinen und Fachrichtungen. Auch das sehen wir in den USA. | |
taz: Herrscht diese Krise auch innerhalb der Disziplin? | |
Spies: Ich glaube nicht, dass die Gender-Studies in einer Krise sind – es | |
wird versucht, uns in eine Krise zu bringen. Innerhalb der Disziplin findet | |
viel Austausch statt. Es gibt Überlegungen, wie genau man sich gegen | |
mögliche politische Einflüsse zur Wehr setzen kann und wie im Vorhinein | |
Maßnahmen ergriffen werden können, um es überhaupt nicht soweit kommen zu | |
lassen. | |
taz: Haben die Gender-Studies eine Zukunft? | |
Spies: Ganz unabhängig von politischen Entscheidungen lässt sich das nicht | |
vorhersehen. Aber wir leben nach wie vor in einer Demokratie. Wir haben | |
Professuren mit einer Denomination, die ihnen nicht einfach weggenommen | |
werden kann. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ohne Gender-Studies | |
nicht auskommen werden. Solange wir über Ungleichheiten zwischen den | |
Geschlechtern in unterschiedlichsten Bereichen sprechen, werden | |
Gender-Studies nötig sein. | |
22 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Quirin Knospe | |
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